Glimmergruppe
Glimmergruppe - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: mica | französisch: mica
Glimmer und Mica
Die früheste Überlieferung des Begriffs Glimmer stammt aus dem Jahr 1546 und geht auf den deutschen Mineralogen Georgius Agricola (1494 bis 1555) zurück. In seinem Werk De Natura Fossilium Libri X listet Agricola unter der Bezeichnung Mica die Begriffe Glimmer und Katzensilber.
Hinter den Namen Glimmer und Mica – dem englischen Namen für Glimmer – steht dieselbe Bedeutung. Der Ausdruck Glimmer ist an die glänzende Oberfläche der Glimmerminerale angeleht; Mica hingegen ist aus dem Lateinischen übernommen und wird mit funkeln oder glänzen übersetzt.
Mit dem Ursprung des Namens Glimmer befassten sich in der Vergangenheit ebenfalls weitere Mineralogen. So schreibt der Paläontologe Johann Samuel Schröter (1735 bis 1778) in seinen Ausführungen "Der Glimmer" aus dem Jahr 1774, dass das Wort Glimmer "vom glümmen, oder glimmen" stammt. Er zieht den Vergleich zu silbrig schimmernder, nachglühender Kohle mit "Gold. oder Silberfarbigen Scheine einer glimmernden Kohle".
René-Just Haüy (Mineraloge; 1743 bis 1822) erinnert Glimmer an ein Mineral, "welches im Sande glänzt oder flimmert".
Eigenschaften von Glimmer
Der Name Glimmer steht in der Mineralogie nicht für ein einzelnes, bestimmtes Mineral, sondern für eine Gruppe von Mineralien, sog. Glimmergruppe, deren Gemeinsamkeit die chemische Zusammensetzung und der Kristallgitterbau ist.
Die Zusammensetzung von Glimmer wird vereinfacht folgendermaßen wiedergegeben: DG2-3[T4O10]X2 mit
- D = Ammonium (NH4+), Barium, Caesium, Calcium, Kalium, Natrium, Rubidium
- G = Aluminium, Chrom, Eisen (Fe2+, Fe3+), Lithium, Magnesium, Titan, Vanadium, Zink
- T = Aluminium, Beryllium, Bor, Eisen (Fe3+), Silicium
- X = Anionen: Cl−, O2−, OH−, F−, S2-
Entsprechend der Zusammensetzung werden Glimmerminerale der Mineralklasse der Silikate zugeordnet; im Speziellen den Schichtsilikaten.
Glimmer kristallisieren dem monoklinen, orthorhombischen oder trigonalen Kristallsystem folgend mit tafeligen und pseudohexagonalen Kristallen.
Die Kristalle können dabei von verschiedener Größe sein. Georg Adolf Suckow (1751 bis 1813; Mineraloge) unterscheidet die Mica-Kristalle "in großen (wie das russische Glas), mittlern und kleinen sechs und vierflächigen Pyramiden", wobei das sog. russische Glas für die Glimmer-Varietät Muskovit steht, die in der Vergangenheit in Russland als Fensterglas verwendet wurde.
Der Glanz von Glimmer kann sowohl matt, glasartig wie auch perlmuttartig sein, laut Gmelin (1790) "hat immer Glanz, der bey einigen Abänderungen wirklich metallisch ist"
Glimmer zeichnen durch eine perfekte Spaltbarkeit aus, d.h., die schichtartigen Kristalle lassen sich mühelos in feinste Plättchen von durchsichtiger bis durchscheinder Transparenz sowie hoher Elastizität zerlegen. Der Bruch von Glimmer ist blättrig.
Die Mohshärte von Glimmer variiert zwischen 2 und 4, teilweise weisen einige Glimmer verschiedene Härtegrade in unterschiedlichen Richtungen auf; gelten im Allgemeinen als sehr weiche Mineralien auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem deutschen Mineralogen Carl Friedrich Christian Mohs (1773 bis 1839).
Die Farbe von Glimmer
Glimmer sind verschiedenfarbig: weiß, rosa, gelblich, braun, silbrig-grau, grün oder violett – dabei stets intensiv metallisch schimmernd. Der Chemiker Johann Friedrich Gmelin (1748 bis 1804) war in seiner Beschreibung der Glimmerfarbe etwas detaillierter: "am gewöhnlichsten grau von mancherley Schattirungen, insbesondere silbergrau (Katzensilber), aber auch (Katzengold) tombakbraun, grünlicht, berggrün, pfirsichblützhroth, kupferroth (Kupferglimmer), schwärzlicht und schwarz".
Bisweilen werden Glimmer in Hell- und Dunkelglimmer unterschieden, wobei die Farbe einen Hinweis auf die Kationen im jeweiligen Glimmer gibt.
⇒ Hellglimmer sind kalium- und aluminiumhaltig, z.B. Muskovit
⇒ Dunkelglimmer sind eisen- und magnesiumreich, z.B. Biotit
Die Strichfarbe von Glimmer – die Farbe, die beim Streichen eines Minerals über ein unglasiertes Porzellantäfelchen (Strichtafel) entsteht – ist weiß.
Einteilung von Glimmermineralen
Angelehnt an das jeweilige Kation und dessen Wertigkeit an der Stelle D der allgemeinen Summenformel von Glimmer werden der IMA zufolge drei Glimmerarten unterschieden:
- Echte Glimmer: < 50 % einwertige Kationen auf der D-Stelle
- Sprödglimmer: < 50 % zweiwertige Kationen auf der D-Stelle
- Zwischenschicht-defizitäre Glimmer: > 0.85 positive Ladungen auf der D-Stelle
Untergruppe | Unteruntergruppe | Reihe | Minerale | |
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Echte Glimmer | Gewöhnliche Kaliumglimmer | Muskovit-Seladonit-Reihe |
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Phlogopit-Annit-Reihe | ||||
Siderophyllit-Polylithionit-Reihe |
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Tainiolith-Gruppe |
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Ungewöhnliche Kaliumglimmer |
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Nicht-Kaliumglimmer | Natriumglimmer |
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Cäsiumglimmer |
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Ammoniumglimmer |
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Sprödglimmer | Gewöhnliche Sprödglimmer |
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Ungewöhnliche Sprödglimmer |
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Zwischenschicht-Glimmer |
|
Hinzu kommen die Varietäten der einzelnen Minerale wie bspw. Alurgit, Astrolith, Fuchsit, Gilbertit oder Serizit als Muskovit-Varietäten.
Sonderfall Biotit
Ein Mineral, dass neben Muskovit synonym mit Glimmer verwendet wird, ist Biotit.
Tatsächlich wird Biotit jedoch seit 1999 nicht als eigenständiges Mineral definiert.
Ob ein Mineral der Definition eines Mineral entspricht, klärt die 1958 gegründete International Mineralogical Association (IMA).
1998 wurde das Mica-Subcommitte ins Leben gerufen, das sich mit den Mineralen der Glimmergruppe auseinandersetzt. Dem Beschluß der internationalen Vereinung zufolge ist Biotit ein Mischkristall der Minerale Annit und Phlogopit; die stofflich einheitliche Zusammensetzung eines Minerals laut IMA ist bei Biotit nicht gegeben.
Um Verwirrungen zu vemeiden und weil sich Biotit als Begriff seit Jahrzehnten etabliert hat, wird der Name Biotit dennoch weiterhin akzeptiert.
Glimmer und Katzensilber
Der Begriff Katzensilber ist seit dem Mittelalter als Synonym für Glimmer bekannt.
Damals verkauften hinterhältige Kaufleute das silbrig glänzende Glimmermineral Muskovit als das Edelmetall Silber verkauft.
Der Namenszusatz "Katze" steht dabei für die veraltete Bedeutung für "täuschen oder betrügen".
Glimmervergesellschaftungen
Die verschiedenen Glimmervarietäten sind mit einer Vielzahl von anderen Mineralien vergesellschaftet, die am selben Fundort vorkommen, darunter zum Beispiel Adular, Albit, Alexandrit, Almandin, Ajoit, Aktinolith, Andalusit, Anorthit, Apatit, Aquamarin, Bergkristall, Beryll, Brookit, Celadonit, Chiastolith, Chrysoberyll, Cleavelandit, Clintonit, Cordierit, Danburit, Dravit, Durmotierit, Elbait, Enstatit, Euklas, Freudenbergit, Galilea-Kunzit, Glaukonit, Glaukophan, Golconda-Turmalin, Goshenit, Granat, Grandidierit, Haüyn, Heliodor, Holmquistit, Hornblende, Hyalophan, Ichnusait, Indigolith, Iolith, Kämmererit, Kassiterit, Klinochlor, Kornerupin, Korund, Kyanit, K2-Azurit, Lasurit, Lazulith, Leucit, Lizardit, Milchquarz, Moganit, Molybdänit, Mookait, Morganit, Nakrit, Orthoklas, Peridot, Plagioklas, Pleonast, Pollucit, Pseudobrookit, Pyknit, Quarz, Rauchquarz, Rhönit, Rossmanit, Rubellit, Rubin, Sanidin, Saphir, Schörl, Skapolith, Smaragd, Spessartin, Spodumen, Spinell, Staurolith, Sugilith, Titanit, Topas, Turmalin, Uranocircit, Verdelith, Vermiculit, Weißtopas, Zimbabweit und Zirkon.
Glimmerminerale als Bestandteil von Gesteinen
Die verschiedenen Minerale der Glimmergruppe sind als Gemengteile, d.h. mineralischer Bestandteil, in unterschiedlichen Gesteinen enthalten und machen sich durch den schimmernden Charakter im Gestein bemerkbar.
Metamorphe Gesteine | Magmatische Gesteine | Sedimentgesteine |
---|---|---|
Verwendung und Bedeutung von Glimmer
Glimmer zeichnen sich durch eine Nutzungsvielfalt aus.
In der fernen Vergangenheit diente Glimmer als Fensterersatz. Dazu wurden große Kristalle in feine Schichten zerlegt, was angesichts der vollkommenen Spaltbarkeit von Glimmern problemlos funktionierte. Die einzelnen Glimmer-Tafeln wurden anschließend zu einem großen Fenster zusammengesetzt und in den Fensterrahmen eingesetzt. Eine Tradition, die ihren Ursprung vor allem in Russland hat. Der Name Muskovit gibt darauf einen ersten Hinweis. Muskovit wird übersetzt mit "Glas aus Moskau".
Aber auch heute noch spielt Glimmer eine bedeutende Rolle im Alltag des Menschen.
Im Handel gibt es Farben und Lacke zu kaufen, denen fein zermahlener Glimmer zugesetzt wurde, um ein subtiles Schimmern des Produkts zu erzeugen.
Auch die Kosmetikbranche macht sich Glimmer zunutze. Glimmer kommt sowohl in schimmernden Lidschatten als auch Pudern und Make-ups zum Einsatz. Ob ein Produkt Glimmer erhält, erkennt man anhand der Deklaration der Inhaltsstoffe (INCI). Glimmer wird entweder unter der englischen Vokabel Mica oder als CI77019 aufgeführt.
Ferner werden Glimmer für Kondensatoren, Isolatoren und in der Rasterkraftmikroskopie verwendet.
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Quellen:
- Agricola, G. (1546): De Natura Fossilium Libri X
- Schröter, J. S. (1774): Der Glimmer. IN: Vollständige Einleitung in die Kenntniß und Geschichte der Steine und Versteinerungen. Band 2
- Gmelin, J. F. (1790): Glimmer. IN: Grundriß der Mineralogie
- Haüy, R. J. (1804): 38. Gattung Glimmer. IN: Lehrbuch der Mineralogie, Band 3
- Suckow, G. A. (1803): Glimmer. IN: Anfangsgründe der Mineralogie nach den neuesten Entdeckungen. Teil 1
- Bauer, M. (1886): Gruppe des Glimmers. IN: Lehrbuch der Mineralogie
- Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
- Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
- Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
- Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
- Rieder. M. et al. (1999): Nomenclature of the Micas . In: Mineralogical Magazine, DOI:10.1180/002646199548385
- Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
- Okrusch, M. und Matthes, S. (2014): Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde
- www.mindat.org - Mica Group