Turmalin
Turmalin - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: tourmaline | französisch: tourmaline
Turmalin, Chrysolith und Aschenzieher
Die ersten Turmaline tauchten zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Europa auf, als die Niederländer die Steine aus Ceylon, heute Sri Lanka, mitbrachten.
Einen ersten Hinweis auf das „neue“ Mineral findet sich dem deutschen Ökonomen Johann Beckmann (1739 bis 1811) zufolge in einem Buch mit dem Titel „Curiöse Speculationes bey Schlaflosen Nächten – von einem Liebhaber, der immer gern speculiert“ aus dem Jahr 1707 von einem unbekannten Autor. Hier ist die Rede davon, „daß anno 1703 die Holländer einen aus Ostindien oder von Zeylon kommenden Edelstein, Turmalin oder Turmale, auch Trip genant, zum ersten Mal nach Holland gebracht hätten, welcher die Eigenschaft, hätte, daß er die Tuff-Asche (…) wie ein Magnet das Eisen, an sich ziehe, sondern auch solche Asche zur gleichen Zeit wieder von sich stosse“. Die Niederländer gaben dem Mineral aufgrund der elektrostatischen Aufladung infolge von Reibung zunächst den Namen Trip oder Aschentrenker bzw. Aschenzieher.
Der Name Turmalin findet erstmals 1711 im "Catalogus musei Indici, continens varia exotica, tum animalia, tum vegetabilia" als Chrysolithus Turmale Zeylon Erwähnung. Das posthum von Paul Hermann (deutscher Botaniker, 1646 bis 1695) veröffentlichte Werk enthält ein Mineralienverzeichnis, in dem Turmalin aufgelistet und der farblichen Ähnlichkeit mit Chrysolith wegen als Varietät dessen angesehen wurde. Zugleich wird die Herkunft des neuen Minerals betont.
Dahingegen geht die Bedeutung des Namens Turmalin auf die Farbe des Minerals zurück, der aus dem Singhalesischen mit farbenfroher Stein übersetzt wird.
Eigenschaften von Turmalin
Turmalin ist der Name einer Gruppe von Mineralen, die der in der Mineralogie gängigen Klasse der Silikate zugeordnet werden. Die allgemeine Formel der chemischen Zusammensetzung der Turmalingruppe lautet: XY3Z6[(BO3)3T6O18(OH,F,O)4].
- X steht für Calcium, Natrium oder Kalium
- Y wird substituiert durch Magnesium, Lithium, Aluminium, Mangan, zwei- oder dreiwertiges Eisen
- Z kann Aluminium, Magnesium, Chrom, Vanadium oder dreiwertiges Eisen sein. T steht für Silicium, Aluminium, Bor oder Beryllium.
Die Turmalingruppe wird der chemischen Zusammensetzung nach in 14 Endglieder unterschieden – Buergerit, Dravit, Elbait, Schörl, Uvit, Chromdravit, Feruvit, Foitit, Liddicoatit, Magnesiofoitit, Olenit, Povendrait, Rossmanit sowie Vanadiumdravit. Hinzu kommen Turmalin-Varietäten.
Turmalin kristallisiert dem trigonalen Kristallsystem folgend: die Aggregate sind massig, kompakt, makrokristallin oder feinnadelig. Von besonderem mineralogischen Interesse sind sogenannte Turmalinsonnen, bei denen die Kristalle radialstrahlig angeordnet sind. Auffällig bei Turmalinkristallen ist das vertikale Streifenmuster.
Der Glanz von Turmalin ist glasartig, der Bruch muschelig und uneben. Die Spaltbarkeit des Minerals ist nicht vorhanden bei durchsichtiger bis undurchsichtiger Transparenz.
Einige Turmaline weisen zudem einen Katzenaugeneffekt (sog. Katzenaugen-Turmalin) auf, der auf Einschlüsse von Gasen, Flüssigkeiten oder Mineralen, aber auch Hohlräumen im Mineral zurückzuführen ist.
Turmaline zählen mit einer Mohshärte von 7 bis 7,5 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem deutschen Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) zu den harten Mineralen, die das Kriterium Edelsteinhärte erfüllen (über Mohshärte 7). Die Dichte beträgt 3 bis 3,26 g/cm3.
Die Farbe von Turmalin
Die Farbe von Turmalin ist sehr variabel: weiß, gelb, braun, schwarz, rot, pink, grün und blau, wie auch schon der Chemiker Johann Friedrich Gmelin (1748 bis 1804) 1790 wusste: "ist er meistens durchsichtig, und von einer braunen Farbe, die sich oft in die hyacinthrothe, oder olivengrüne oder dunkelgrüne zieht, zuweilen (in Brasilien) von angenehmerer blauer, meer- oder grasgrüner, lichtgelber oder rother Farbe".
Schon der deutsche Mineraloge Dietrich Ludwig Gustav Carsten (1768 bis 1810) beschrieb 1789 die „Abänderungen der Farbe“, die er seinerzeit mit der Herkunft der Edelsteine begründete:
- „graulich- fast dunkelschwarzer Turmalin; aus Sachsen“
- „dunkel grasgrüner Turmalin; aus Brasilien“
- „aus dem grünen ins bräunliche spielender Turmalin; aus Zeilon“
- „gelblich brauner, gegen das Licht gehalten aber dunkel karmoisinrother Turmalin; eben daher“
Der Mineraloge Cornelius August Doelter y Cisterich (1850 bis 1930) ergänzte diese Auflistung um "rosa bis camrinroth(en)" Turmalin alias "Sibirit, Rubellit, Sibirischer Rubin". Ist Turmalin "dunkelblau, indigo", bezeichnet er diese Varietät als "brasilianischer Saphir".
Der Anthropologe Johann Friedrich Blumenbach (1752 bis 1840) führt 1791 ebenfalls eine ausführliche Auflistung der Turmalin-Farben auf und ergänzt „stahlblau“, „lauchgrün“ und braungelb „fast wie Colophonium“ (Kolophonium = Baumharz, aber nicht Bernstein) als mögliche Farben von Turmalin.
Blumenbach sieht unter allen Farben die gelbbraunen Exemplare als Inbegriff des Turmalins aus Ceylon, da dieser „unter allen Farben, die zu dieser Gattung gehören, am längsten bekannt ist“.
Und der franzöische Mineraloge René-Just Haüy (1743 bis 1822) zieht 1806 den Vergleich mit anderen Edelsteinen und Mineralien, insofern er grünen Turmalin als „Brasilianischer Smaragd“, grünlich-blauen Turmalin als „Brasilianischer Saphir“ und gelblich-grünen Turmalin als „Peridot von Ceylon bezeichnet.
Die Ursache der verschiedenen Farben von Turmalin wird mit Beimengungen diverser Fremdelemente begründet.
Während die Entstehung von blauem Turmalin mit Eisen erklärt wird, ist Titan das farbgebende Element von grünem Turmalin, rosafarbener/pinker Turmalin und gelber Turmalin sind das Resultat von Titan und Mangan. Die Farbe von leuchtend grünem, grün-blauem und blauem Paraiba-Turmalin aus Brasilien ist auf Kupfer zurückzuführen. Die Varietäten werden der Farbe nach in folgende Mineralien aufgeschlüsselt
(Liste ist nicht vollständig):
- rosa/pink/rot: Rubellit
- violett: Siberit
- gelb: Kanarien-Turmalin, Gelber Turmalin oder Tsilaisit
- blau: Indigolith
- grün: Verdolith, Chromolith
- blaugrün: Paraiba-Turmalin
- grau: Aphrizit
- braun bis hin zu
- schwarz: Schörl
Rutelit weist zudem die Eigenheit auf, dass das Rot umso intensiver ist, desto höher die Dichte des Minerals ist.
Ebenso möglich sind farblose Turmaline (Achroit) oder Turmaline, die alle Farben, häufig lagenweise angeordnet, miteinander vereinen, sog. Bicolor-Turmaline oder Partiturmaline, die auf eine unterschiedlich zusammengesetzte - in Hinblick auf die farbgebenden Elemente - Lösung schlußfolgern lassen, aus denen die Kristalle hervorgingen.
Des Farbreichtums von Turmalinen wegen kann das Mineral insbesondere mit Farbigen Diamanten (sog. Fancy Diamanten), Smaragd, Amethyst, Andalusit, Zirkon, Chrysoberyll, Citrin, Demantoid, Hiddenit, Peridot, Rubin und Rauchquarz verwechselt werden.
Die Strichfarbe - die Farbe, die entsteht, wenn ein Mineral über ein unglasiertes Porzellantäfelchen gestrichen wird - ist bei allen Turmalinen weiß.
Mohrenkopf- und Wassermelonenturmalin
Eine Varietät, bei welcher die Kristallspitze schwarz gefärbt ist und der restliche Kristall eine hellere Farbe aufweist, wird unter dem Namen Mohrenkopf-Turmalin verkauft.
Brasilianische Turmaline beispielsweise weisen oftmals einen roten, inneren Kern auf, weiß umrandet, während das Mineraläußere grün ist - im Handel gibt es solche Turmaline unter dem Namen Wassermelonenturmalin zu kaufen. Turmaline aus Südafrika sind hingegen häufig innen grün und außen rot.
Farbveränderung von Turmalin
Die Änderung oder Intensivierung von Mineralien ist vor allem bei Steinen, die zu Schmuck verarbeitet werden, gang und gäbe. Mit verschiedenen Verfahren kann die Farbqualität von nicht marktfähigen Steinen aufgewertet werden.
Die Intensität der Farbe von Turmalin lässt sich wie bei vielen Mineralen durch Brennen bei Temperaturen zwischen 450 bis 650°C erhöhen, alternativ werden die Edelsteine Strahlung ausgesetzt.
Entstehung und Verbreitung von Turmalin
Turmaline können sowohl unter magmatischen wie auch unter metamorphen Bedingungen entstehen (Näheres siehe: Die Entstehung von Mineralien).
Turmaline magmatischen Ursprungs sind Differentationsprodukte der Silikatschmelze während der Entstehung von Tiefen- und Ganggesteinen. Bei Temperaturen von 600 bis 1.100°C kristallisieren Turmaline aus Restschmelzen, die mit Eisen, Magnesium, Chrom oder Titan angereichert sind.
Aufgrund der hohen Fluidität jener metallreichen Schmelzen gelangt das flüssige Material in Gänge und Hohlräume, wobei mitunter turmalinbildende Elemente aus dem Nachbargestein entzogen werden.
Metamorphe Turmaline entstehen, wenn granitoide Schmelzen auf kalkhaltiges Gestein treffen unter zeitgleicher Anwesenheit von Bor, Fluor oder aber den Mineralen Topas und Fluorit. Bedingung für die Kristallbildung sind zudem Temperaturen von 450 bis 650 °C.
Die Vorkommen von Turmalin sind mit zahlreichen Mineralen vergesellschaftet, darunter zum Beispiel Goshenit und Aquamarin/Beryll, Rauchquarz und Bergkristall/Quarz, Zirkon, Kornerupin, Phenakit, Pyrit, Chalkosiderit, Fluorit, Calcit, Rutil, Hämatit, Laumontit, Lepidolith und Muskovit/Glimmer, Brookit, Stilbit/Zeolithe, Klinochlor/Chlorit, Orthoklas sowie Albit/Feldspat.
Bedeutende Vorkommen des Edelsteins befinden sich unter anderem in Grönland; Norwegen; Schottland, England; Frankreich; Deutschland; Schweiz; Portugal; Italien; Tschechien; Slowakei; Ukraine; Griechenland; Kenia; Tansania; Namibia; Südafrika; Madagaskar; Iran; Afghanistan; Pakistan; Indien; China; Japan; Myanmar; Thailand; Australien; Argentinien; Chile; Bolivien, Brasilien sowie in den USA.
Verwendung und Bedeutung von Turmalin
Turmaline sind seit jeher als Stein für Schmuck jeder Art (Ketten, Anhänger, Ohrringe, Ringe, Armreifen) von hoher Beliebtheit. Um die Farbe von Turmalien zu betonen, wird das Mineral vor allem in Facettenschliffen gehalten.
Dass Turmalin in der Schmuckbranche derart beliebt ist, hängt nicht nur mit der Vielseitigkeit der Farbe des Minerals zusammen, sondern auch mit der Tatsache, dass Turmalin symbolisch als Jubiläumsstein für den 8. Hochzeitstag steht.
Ferner wird Turmalin als Heilstein gehandelt, wobei die Heilwirkung von Turmalin in klinischen Untersuchungen nicht bestätigt werden konnte.
Daneben ist Turmalin aufgrund der Pyro- und Piezoelektrizität von Interesse in der Gewinnung von Energie, wird aber auch als Stabilisator in Präzisionsgegenständen verwendet und als Material, das Wasser und Luft elektrostatisch reinigt.
Lokale Turmaline
Itatiaia-Turmalin, Pirineu-Turmalin, Santa Rosa-Turmalin, Kunar-Valley-Turmalin, Shimoyo-Turmalin, Cruzeiro-Turmalin, Morro Redondo-Turmalin, Nigerianischer Turmalin und Namibia-Turmalin sind keine Varietäten von Turmalin. Vielmehr handelt es sich bei diesen Turmalinen um Turmaline mit Regionalbezug, sodass bspw. ein Cruzeiro-Turmalin ein Rubellit aus Cruzeiro in Minas Gerais in Brasilien ist, genau wie ein Santa-Rosa-Turmalin aus der Santa Rosa-Mine in Minas Gerais stammt.
Nachweis von Turmalin
Turmaline lösen sich nicht in Säuren auf. Bis auf lithiumhaltige Turmaline schmelzen alle Vertreter der Turmalin-Reihe in der Flamme. Turmaline weisen sowohl pyro- als auch piezoelektrische Effekte auf. Infolge von Erwärmung und folgender Abkühlung von Turmalinen laden diese sich elektrisch auf und ziehen Papier sowie Staub an.
Die Fluoreszenz ist nicht bei allen Turmalinen gegeben. Farbloser Turmalin fluoresziert hellgelb und dunkelgrün, rote Turmaline erscheinen rot-lila. Braune, grüne, blaue, braune und rosafarbene Turmaline weisen keine Fluoreszenz auf. Der Pleochroismus hingegen ist bei allen Turmalinen ausgeprägt vorhanden und existiert jeweils als helleres und dunkleres Pendant der eigentlichen Farbe des vorliegenden Turmalins.
Auch interessant:
- Paraiba-Turmalin - eine Elbait-Varietät
- Schwarzer Turmalin und die Farben von Turmalin
- Farbedelsteine und die Bewertung der Qualität von farbigen Edelsteinen
Quellen:
⇒ Beckmann, J. (1783): Turmalin. IN: Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Erstes Stück. Leipzig. Verlag Paul Gotthelf Kummer
⇒ Gmelin, J. F. (1790): Turmalin. IN: Grundriß der Mineralogie
⇒ Haüy, R. J. (1806): Turmalin. IN: Lehrbuch der Mineralogie. Theil 3. Paris und Leipzig. H.C. Reclam
⇒ Karsten, D. L. G. (1789): Turmalin. IN: Des Herrn Nathanaël Gottfried Leske hinterlassenes Mineralienkabinet. Erster Band. Verlag I.G. Müllersche Buchhandlung
⇒ Blumenbach, J. F. (1791): Handbuch der Naturgeschichte. Vierte sehr verbesserte Auflage. Göttingen
⇒ Kunz, G. F. (1892): Tourmaline. IN: Gems and Precious Stones of North America
⇒ Doelter y Cisterich, C. A. (1893): Turmalin. IN: Edelsteinkunde. Bestimmung und Unterscheidung der Edelsteine und Schmucksteine. Die künstliche Darstellung der Edelsteine
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Hochleitner, R. (2017): Welcher Stein ist das? Kosmos-Naturführer. Über 350 Mineralien, Edelsteine und Gesteine. Franckh Kosmos Verlag
⇒ www.mindat.org - Tourmaline
⇒ www.mineralienatlas.de - Turmalin