Spinell
Spinell - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: spinel | französisch: spinelle
Spinell - Der kleine Karfunkelstein
Über den Ursprung des Namens Spinell besteht Uneinigkeit, da die Bezeichnung sowohl aus dem Lateinischen wie auch aus dem Altgriechischen stammen kann.
Bei der lateinischen Wortherkunft wird sich auf die Vokabel spina berufen, die mit Dorn übersetzt wird.
Der Grund für die Namensgebung: die spitzen Spinellkristalle, die an scharfe Dornen erinnern.
Das Altgriechische spínnos wiederum wird mit Glanz oder glänzend übersetzt und bezieht sich auf den Glanz des Minerals.
In der mineralogischen Literatur tauchte der Begriff erstmals im Jahr 1546 bei Georgius Agricola (1494 bis 1555) auf. In seinem Werk „De Natura Fossilium“ beschreibt der deutsche Mineraloge eine Kategorie von Steinen, die er als Carbunculi – Karfunkelstein zusammenfasst, deren gemeinsames Merkmal die rote Farbe ist und von denen wiederum die kleineren Kristalle „Spinellus“ genannt werden. Neben Amethyst, Almandin und Pyrop führt Agricola im Konkreten folgende Mineralien unter dem Namen Spinell auf:
- carbunculus ruber parvus – der kleine rote Karfunkelstein: Spinell
- carbunculus candidus – der weiße Karfunkelstein: Balas-Spinell
Einige Jahre später setzt sich auch der flämische Botaniker, Chemiker und Mineraloge Anselmus de Boodt (1550 bis 1623) in seinem Buch „Gemmarum et Lapidum“ (Edelsteine und Steine) mit Spinell auseinander und schreibt unter der Überschrift „De Rubino Spinello“: „...minores etiam vires habet Rubine“. De Boodt zieht demnach den Vergleich mit der Korund-Varietät Rubin, insofern das Rot von Spinell verglichen mit Rubinen weniger kräftig in der Farbe ist.
Aufgrund der farblichen Ähnlichkeit wurde Spinell in der Vergangenheit oftmals als Rubin-Spinell bezeichnet, auch wenn Spinell keine Varietät von Rubin ist.
Eigenschaften von Spinell
Spinell ist mit der chemischen Zusammensetzung MgAl2O4 ein Vertreter der Mineralklasse der Oxide.
Spinell kristallisiert dem kubischen Kristallsystem folgend und bildet sowohl oktaedrische Kristalle, deren Form einer vierseitigen Doppelpyramide gleicht, würfelige oder dodekaedrische Kristalle – ähnlich wie ein Würfel mit zwölf Flächen. Die Aggregate des Minerals sind körnig, massig oder kompakt.
Spinell ist von durchsichtiger bis undurchsichtiger Transparenz, wobei oftmals Einschlüsse von Apatit und Heilungsrisse die Reinheit beeinträchtigen. Das farbenfrohe Mineral weist eine glasartigen Glanz auf, der Bruch ist muschelig bis spröde, die Spaltbarkeit ist unvollkommen.
Mit einer Mohshärte von 7,5 bis 8 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem deutschen Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) zählt Spinell zu den sehr harten Mineralien und erfüllt die Voraussetzung der Edelsteinhärte (Mohshärte höher als 7). Die Dichte von Spinell variiert zwischen 3,5 und 4,1 g/cm³, wobei die farbgebende Element Zink und Eisen das Gewicht der Steine geringfügig erhöhen.
Die Farbe von Spinell
Die Farbvielfalt von Spinell ist groß und reicht von orange, rosa und rot bis hin zu violett, blau, grün, braun sowie schwarz und zeigt, dass Spinell keineswegs ein ausschließlich rotes Mineral ist, auch wenn der Chemiker Johann Friedrich Gmelin (1748 bis 1804) im Jahr 1790 noch meinte, die Farbe von Spinell "kommt dem Rubin nahe".
Bereits Friedrich Mohs erkannte 1804, dass Spinell über eine „große Farbenmannigfaltigkeit“ verfügt und beschreibt Spinell-Kristalle von „gelblich-weißer, weingelber, oraniengelber, hyazinthrother, blutrother, karminrother, kochenillerother, kermesinrother, krischrother, pflaumenblauer, violblauer, indigblauer, oliv- und lauchgrüner, graulich-weißer“ Farbe.
In Anlehnung an die Farbe wurde in der Vergangenheit zwischen Echtem und Gemeinem Spinell unterschieden, wie bspw. bei Zappe 1817.
Echter Spinell bzw. Edelspinell zeichnet sich ihm zufolge durch eine kristallklare Reinheit sowie „mannigfache Abänderung der rothen Farbe“ aus, d.h. Rot mit einem Stich ins Blaue, Weiße oder Bräunliche gehend.
Als Gemeinen Spinell hingegen definiert Zappe Exemplare von „schmutzig graulichblauer“ Farbe.
Die vielen verschiedenen Farben von Spinell werden mit Eisen, Chrom, Zink, Mangan, Kobalt oder Kupfer als farbgebende Elemente begründet. Während Eisen (Fe2+ und/oder Fe3+) die Ursache für violetten und grün-blauen Spinell ist, färbt Chrom Spinell grün und Kobalt blau.
Unter allen Spinell-Farben gelten blaue, rote, pink- und orangefarbene sowie violette Farbtöne als die begehrtesten und teuersten.
Aufgrund der vielen Spinell-Farben liegt die Verwechslung mit zahlreichen Mineralien nahe wie z.B. mit roten Diamanten, Rubin, Amethyst, Smaragd, Kunzit, Aquamarin, Chrysoberyll, Zirkon, Turmalin, Tansanit, Topas, Saphir und Granat.
Mitunter wird Spinell im Handel unter anderen Namen verkauft. Sogenannte Handelsnamen beziehen sich entweder auf die farbliche Ähnlichkeit mit anderen Mineralien oder erwecken den Anschein, bei den jeweiligen Mineral handle es sich um eine besondere Varietät, z.B.:
- Almandinspinell: violett- bis blauroter Spinell
- Balas-Rubin: hellroter Spinell
- Chromspinell: dunkelgrüner bis schwarzer Spinell
- Ceylanit bzw. Pleonast: dunkelgrüner bis schwarzer Spinell, eisenhaltig
- Chlorospinell: grüner Spinell, kupfer- und eisenhaltig
- Essigspinell: essigrot
- Gahnospinell: blauer Spinell, zinkhaltig
- Picotit: dunkelgrüner bis brauner Spinell, chromhaltig
- Rubicell: gelber bis bräunlicher Spinell
- Rubinspinell: dunkelroter, chromhaltiger Spinell
- Saphirspinell: blauer Spinell
Die Strichfarbe von Spinell - die Farbe, die entsteht, wenn ein Mineral über ein unglasiertes Porzellantäfelchen gestrichen wird - ist trotz der vielen Farben immer weiß.
Farbveränderung von Spinell
Spinell zählt zu den wenigen Mineralien, deren Farbe naturbelassen ist. Eine Änderung, Intensivierung oder Optimierung der Farbe wird bei Spinell nicht vorgenommen.
Auch wenn Spinell auf die Änderung der Farbe mittels Brennen – das Mineral wird vorsichtig auf eine Temperatur von 900 bis 1200 °C erhitzt – anspricht, wird diese Methode bei Spinellen nicht angewendet. Der Grund: nachdem sich das Mineral wieder abgekühlt hat, schlägt die „neue“ Farbe wieder in die ursprüngliche Farbe des Minerals um; der gebrannte Farbton ist nicht nachhaltig.
Stattdessen wird sich bei der Verbesserung der Qualität von Spinell auf die Steigerung der Reinheit konzentriert, wobei sich das Verfahren des Öl-Verfüllens bewährt hat. Spinell kann entstehungsbedingt kleinere Fissuren und Hohlräume aufweisen. Reines, teilweise auch eingefärbtes Öl, ist in der Lage, diese aufzufüllen und den Edelstein in der Gesamtheit reiner und farblich einheitlicher wirken zu lassen. Das Öl im Spinell fällt aufgrund des vergleichbaren Brechungsindexes von Öl und Spinell nicht groß auf.
Etwas simpler wurde die Farbe von Spinell in der Vergangenheit optimiert. Die geschliffenen Steine wurden vor dem Einfassen auf eine "Folie von Kupfer oder Gold" positioniert, sodass der Stein in der Aufsicht farblich intensiver erstrahlte.
Entstehung und Verbreitung von Spinell
Spinell entsteht sowohl in metamorphen als auch magmatischen Gesteinen mit basischem Chemismus wie beispielsweise in Gneis, Marmor und Basalt.
Die Vorkommen von Spinell werden unter anderem von den Mineralien Gehlenit, Enstatit, Sapphirin, Kornerupin, Korund, Sillimanit, Andalusit, Serendibit, Magnetit, Forsterit, Phlogopit/Glimmer und Skapolith begleitet.
Spinell wird in zahlreichen, weltweit vorkommenden Lagerstätten abgebaut, so zum Beispiel in Südwestgrönland; Rogaland und Ostfold/Norwegen; Südschweden; Finnland; Schottland; Irland; Frankreich; Dächelsberg, Nickenicher Weinberg, Bellerberg, Niveligsberg, Radersberg, Moserberg, Löbau, Greifenstein, Großer Teichelberg, Spessart, Odenwald, Kaiserstuhl und Höwenegg/Deutschland; Tessin/Schweiz; Hohe Tauern, Dunkelsteinerwald, Bad Radkersburg, Kogel/Österreich; Iserwiese/Tschechien; Slowakei; Polen; Italien; Ukraine; Türkei; Halbinsel Kola, Ural und Ostsibirien/Russland; Marokko; Lybien; Ägypten; Algerien; Kenia; Tansania; Kongo; Mozambique; Namibia; Südafrika; Madagaskar; Afghanistan; Pakistan; Indien; China; Japan; Thailand; Kambodscha; Myanmar; Papua Neuguinea; Australien; Brasilien; Mexiko; USA und Kanada.
Synthetischer Spinell
Viele Edelsteine sind eine Seltenheit, die ihren Preis hat. Oftmals entspricht die Qualität der Steine nicht den Erwartungen – sei es wegen der Farbe oder der Größe der Kristalle, die für den Schmuckmarkt nicht verwertbar sind.
Diesem Problem nahm sich der französische Chemiker Auguste Verneuil (1856 bis 1913) an, der 1902 der Weltöffentlichkeit die ersten synthetischen Edelsteine präsentierte. Dabei stand weniger der kommerzielle Gebrauch der Steine im Vordergrund, vielmehr zielten seine Experimente auf die wissenschaftlich-technische Verwendung der künstlichen Kristalle ab.
Mit dem nach ihm benannten Verneuil-Verfahren kann jedwedes Mineral synthetisiert werden, indem verschiedene, pulverförmig aufbereitete Oxide mit farbgebenden Metallen im Elektroofen bei ca. 2.000 °C zusammengeschmolzen werden. Innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen entsteht eine farblich genormte und kristallklare Schmelzbirne, die wie echte, natürliche Edelsteine geschliffen werden kann.
Synthetisch hergestellter Spinell hat sich in den vergangenen Jahren als die Edelstein-Imitation etabliert. Es gibt kein Mineral, das nicht als synthetischer Spinell nachgeahmt werden kann. Selbst Steine mit optische Raffinessen wie Farbwechsel-Effekten (Änderung der Farbe im Tageslicht versus Farbe unter Kunstlichtbedingungen), z.B. Alexandrit, können künstlich hergestellt werden.
Verwendung und Bedeutung von Spinell
Spinell als Schmuckstein
Spinell ist ein begehrter Edelstein, der vor allem zu Schmuck verarbeitet wird, insbesondere schwarzer Spinell in der Funktion als Trauerschmuck (Kluge, 1860), und auch als Stein Teil der Kronjuwelen verschiedener Königshäuser ist, wie der Black Prince´s Ruby – ein roter Spinell, der einst für einen Rubin gehalten wurde. Der Naturforscher Franz Diebl (1770 bis 1835) schreibt 1935, dass Spinell seinerzeit besonders in China beliebt war, insofern der Stein "zum Zeichen der Freundschaft und Liebe verehrt" wurde.
Außerdem kommt Spinell als Mineral als Zuschlagstoff für feuerfeste Materialien zum Einsatz, begründet durch den hohen Schmelzpunkt von Spinell, der bei einer Temperatur von 2.135 °C liegt.
Spinell in der historischen Heilkunde
1829 berichtete der Chemiker und Pharmazeut Philipp Lorenz Geiger (1785 bis 1836), dass Spinell auch "als Arzneimittel gebraucht" wird, nennt aber nicht die Krankheiten, welche mit Spinell behandelt werden. Auch bei seinen Kollegen bzw. in der historischen Literatur finden sich keine Anhaltspunkte, dass Spinell als Arznei verwendet wurde. Dennoch wird das Mineral auch heute noch als Heilstein verkauft, ohne dass die Heilwirkung von Spinell in wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt werden konnte.
Spinell als Wertananlage
Spinell zählt seit Jahrhunderten zu den beliebtesten und teuersten Edelsteinen. Vor allem rote und blaue Spinelle brauchen sich aufgrund der Farbe nicht hinter Rubin und Saphir zu verstecken.
Im Zusammenspiel mit der Härte und der Farbe, die im Fall von Spinell keinerlei Korrekturen benötigt, gilt Spinell seit geraumer Zeit als Geheimtipp für alle, die an Edelsteinen als Wertanlage interessiert sind.
Die Preise von Spinell variieren abhängig von der Qualität der Farbe, Reinheit, dem Gewicht und Schliff zwischen 300 und 3000 Euro pro Karat, wobei rubinrote Spinelle die höchsten Preise erzielen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Wert von Spinell in den kommenden Jahren stagniert. Die weltweiten Vorkommen von Spinell liegen hinter denen von anderen Edelsteinen, sodass eine zukünftige Verknappung mit einer weiteren Preissteigerung einhergehen wird.
Nachweis von Spinell
Spinell ist Säuren und Laugen gegenüber resistent und schmilzt nicht in der Flamme. Abhängig von der Eigenfarbe fluoreszieren Spinelle unterschiedlich: während grüner Spinell hellrot erscheint, zeigt sich roter intensiv rot und blauer Spinell leuchtet rötlich oder grün.
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Quellen:
⇒ Agricola, G. (1546): De Natura fossilium
⇒ De Boodt, Anselmus (1609): Gemmarum et Lapidum Historia
⇒ Gmelin, J. F. (1790): Spinell. IN: Grundriß der Mineralogie
⇒ Geiger, P. L. (1829): Spinell. IN: Handbuch der Pharmacie. Zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte für Ärzte, Apotheker und Droguisten. 2. Bd., welcher die pharmaceutische Naturgeschichte und Waarenkunde enthält; 1. Hälfte, enthaltend die pharmaceutische Mineralogie, die Einleitung in die pharmaceutische Botanik und die 11 ersten Linné'schen Klassen
⇒ Diebl, F. (1835): Spinell. IN: Abhandlungen über die allgemeine und besondere Naturgeschichte. Zum Gebrauche für Land- und Forstwirthe
⇒ Hartmann, C. (1852): Spinell. IN: Die Geologie in ihrer Anwendung auf Künste, Gewerbe und Ackerbau
⇒ Seubert, K. und Seubert, M. (1866): Spinell. IN: Handbuch der allgemeinen Warenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht: Unorganische Warenkunde
⇒ Doelter y Cisterich, C. A. (1893): Spinell. IN: Edelsteinkunde. Bestimmung und Unterscheidung der Edelsteine und Schmucksteine. Die künstliche Darstellung der Edelsteine
⇒ Bauer, M. (1896): Spinell. In: Edelsteinkunde. Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 1
⇒ Brauns, R. (1903): Spinell. IN: Das Mineralreich. Band 2
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
⇒ www.mindat.org
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