Das Herz steht seit Jahrhunderten als das Symbol der Liebe – dennoch findet man Mineralien und Edelsteine im Herzschliff nur vergleichsweise selten. Der Grund: der Schliff gilt als einer der kompliziertesten überhaupt, der viel Erfahrung und Präzision verlangt, und ist zudem nicht für alle Steine geeignet.
In der Gemmologie – der Lehre von der Verarbeitung, Untersuchung und Prüfung von Schmuck- und Edelsteinen – wird der Herzschliff den sogenannten Fancy Schliffen zugeordnet, wobei der Begriff Fancy Cut auf alle Schliffe übertragen wird, die kein Brillantschliff sind, aber dennoch unter dem Oberbegriff Facettenschliff zusammengefasst werden.
In der Aufsicht entspricht der Herzschliff einem Herz mit der in der Mitte befindlichen Tafelfacette. Die Tafelfacette als größte Facette des Herzschliffs nimmt ca. 56 bis 62 % der Gesamtfläche in Anspruch.
Der untere Teil, Pavillon genannt, ist spitz zulaufend gestaltet und wird von der abschließenden Kalette begrenzt. Auf die Kaletten-Facetten wird mitunter verzichtet, auch wenn dieser eine nicht unbedeutende Rolle in Hinblick auf die Brillanz eines Steins zukommt.
Das in den geschliffenen Edelstein eindringende Licht wird an der kleinsten Facette gebündelt reflektiert und bringt selbigen zum Strahlen.
Der obere Teil – die Krone – wird vom Pavillon durch einen gürtelförmig gearbeiteten Ring (Rundiste) aus länglichen Facetten optisch voneinander getrennt.
Die dreieckig gehaltenen Facetten der Unterseite sind so geschliffen und in das Gesamtfacettenkonstrukt eingebettet, dass ein sechsstrahliger Stern zu erkennen ist, der vom Mittelpunkt des Steins ausgeht. Bedingt durch die Herzform gleicht der Stein im Seitenprofil einem Brillant mit einer einseitig in die Breite gezogenen Verzerrung.
Der Herzschliff zählt insgesamt 56 bis 58 Facetten.
Genau wie beim Tropfen- und Marquiseschliff kann die Anzahl der Facetten geringfügig modifiziert werden, um dem spitz zulaufenden Teil des Herzschliffs mehr Stabilität zu verleihen. Die als French Tips eingearbeiteten Facetten verhindern, dass fragile Facetten schnell an den Kanten abbrechen. Dazu wird anstelle der abschließenden trapezförmigen Bezel-Facette ein Facettenkonstrukt herausgearbeitet, das einem achtstrahligem Stern gleicht.
Damit der Herzschliff harmonisch wirkt, ist die perfekte Symmetrie des Schliffs von äußerster Wichtigkeit. Als optimal gelten Herzschliffe mit einem Länge zu Breite-Verhältnis von 0,9 bis 1,10; Ideal: 1,00 – die Breite entspricht exakt der Länge des herzförmig geschliffenen Steins. Ein zu breit gearbeiteter Herzschliff (Länge:Breite-Verhältnis unter 0,9) lässt den Stein schnell bauchig und zu rundlich wirken. Werte über 1,10 hingegen strecken das Herz, das zu länglich und spitz erscheint und die „Verwandtschaft“ bzw. den Ursprung mit dem Tropfenschliff verdeutlicht.
Speziell für Diamanten wird eine Empfehlung hinsichtlich der Farbe ausgesprochen.
Diamanten sind nicht nur einfach weiß. Das härteste Mineral der Welt wartet mit einer Bandbreite an Weißtönen auf, die mit den Buchstaben D bis Z genauer definiert werden: vom Hochfeinen Weiß bis hin zu deutlich gelbstichigen Diamanten. Für den Herzschliff sind insbesondere weiße Diamanten der Farbgraduierung D bis H geeignet, bei denen jegliche Tönung in eine andere Farbe fehlt. Selbst leicht gelbstichige Diamanten werden nicht verwendet, denn die Herzspitze würde das Gelbliche zu sehr betonen und den Edelstein vergilbt erscheinen lassen.
Ähnlich verhält es sich mit der Reinheit von Diamanten im Herzschliff: Lupenreine Diamanten oder Diamanten, deren Unreinheiten (Einschlüsse von Fremdmineralien, Gasen oder Flüssigkeiten) unter 10-facher Vergrößerung nur schwer auszumachen sind, sind am besten für den Herzschliff geeignet. Augenscheinlich leicht erkennbare Inklusionen werden aufgrund der großen zentralen Facette im Oberteil sofort gesehen und mindern nicht nur die Optik und Brillanz des Gesteins, sondern auch den Wert. Einschlüsse im Randbereich werden eher akzeptiert, da kleinere Facetten diese überspielen oder von der Fassung verdeckt werden.
Auch wenn das Herz symbolisch für die Liebe steht, werden nur wenige Verlobungsringe mit Diamanten im Herzschliff angeboten. Die Begründung: herzförmig geschliffene Diamanten wirken im Vergleich zum Brillantschliff, Marquiseschliff, Tropfenschliff, Smaragdschliff oder Ovalschliff recht klein, sodass die Herzform erst ab einem Gewicht von mehr als 0,5 Karat (= 0,1 Gramm) als Herz wahrgenommen wird.
Der Herzschliff findet im Speziellen bei Mineralien und Edelsteinen mit durchsichtiger Transparenz Anwendung. Die Vielzahl der Facetten betont nicht nur die Reinheit, sondern auch die Farbe des Steine, sodass nicht nur farblose Edelsteine wie Diamant, Weißtopas, Weißer Saphir oder die Diamant-Imitation Zirkonia zu Herzen geschliffen werden, sondern auch Farbedelsteine wie Rubin, Amethyst, Iolith, Tansanit, Peridot, Alexandrit, Citrin, Rosa Saphir, Blauer Saphir, Rhodolith und andere Granat-Vertreter, Turmalin, Blautopas/Topas und Zirkon.
Aufgrund der filigranen Herzspitze sind vor allem harte bis sehr harte Mineralien für den Herzschliff prädestiniert. Mineralien mit einer geringeren Mohshärte als 7 von 10 würden leichter zu Schaden kommen, genau wie Smaragd so gut wie nie im Herzschliff gehalten wird. Der grüne Edelstein ist zu spröde und neigt bei facettenreichen Schliffen zum Zerbrechen.
Verlobungsringe mit Herzschliff-Diamanten
Edelsteine im Herzschliff
Berühmte Diamanten im Herzschliff
Name Größe Farbe Herkunft Argyle Amour Diamant 2,61 ct. Fancy intense pink/pink Australien Blue Heart Diamant 30,62 ct. Fancy deep blue/blau Südafrika Centenary Diamant 273,85 ct. weiß Südafrika
Cullinan V 18,8 ct. Weiß Südafrika Graff Venus Diamant 56,15 ct. Weiß Lesotho Gruosi Diamant 115,34 ct. Schwarz Indien Heart of Eternity Diamant 27,64 ct. Fancy vivid blue/blau Südafrika The Windsor Heart Diamant 47,14 ct. Fancy intense yellow/gelb n.n.
Der Cabochonschliff als Vertreter der Glattschliffe ist das Gegenteil zum facettenreichen Herzschliff. Dennoch wird die herzförmige Grundform auch bei Cabochons aufgegriffen. Cabochons zeichnen sich durch eine glatte Oberfläche aus; Facetten fehlen. Die Oberseite des Steins ist mugelig-gewölbt gearbeitet, die Unterseite meistens flach gehalten oder ebenfalls gewölbt.
Der Cabochonschliff findet vorrangig bei undurchsichtigen Steinen oder solchen mit optischen Raffinessen Anwendung, bspw. Tigerauge, Goldfluss, Blaufluss, Rosenquarz, Türkis, Malachit, Mondstein oder Labradorit.
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Quellen:
Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024
⇒ https://4cs.gia.edu - The Heart-Shaped Engagement Ring – A Symbol of Love
⇒ www.capetowndiamondmuseum.org - Famous Heart-shaped Diamonds
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München