Der Name Fancy Cut ist im deutschsprachigen Raum noch wenig verbreitet. Vielmehr wird bei den Schliffen klassisch zwischen Glatt- und Facettenschliffen sowie gemischten Schliffen unterschieden.
Die Bezeichnung Fancy Cut stammt aus der Gemmologie – der Lehre von der Verarbeitung und Verwendung von Schmuck- und Edelsteinen.
Demnach werden als Fancy Cut alle Schliffe definiert, die kein Brillantschliff sind.
Diamanten im Brillantschliff – kurz: Brillanten – gelten nach wie vor als der häufigste Schliff von Diamanten, doch die Konkurrenz moderner Schliffe gewinnt zunehmend an Beliebtheit.
Moderne Schliffe, die als Fancy Cut bezeichnet werden, sind dennoch seit vielen Jahren gängig und gar nicht so ausgefallen, dass sie nicht tragbar wären.
Viele Fancy Cuts blicken auf eine langjährige Geschichte zurück, wie das Beispiel des Marquiseschliffs beweist. Der Marquiseschliff gleicht einem langgezogenen Oval mit spitz zulaufenden Enden und ist Louis XV (1710 bis 1774) zu verdanken, der 1745 bei seinem Hofjuwelier einen Schliff in Auftrag gab, der ihn an die Lippen seiner Mätresse Madame de Pompadour – Marquise de Pompadour (1721 bis 1764) erinnerte.
Fancy Cuts werden dem Ursprung bzw. Schliff nach in drei Arten unterschieden:
Der modifizierte Brillantschliff greift einige Elemente auf, die für den Brillantschliff typisch sind, was weniger anhand der Schliffform in der Aufsicht deutlich wird. Vielmehr erinnern die Schliffe des modifizierten Brillantschliffs in der Seitenbetrachtung mit dem spitz zulaufenden Unterteil und dem abgeflachten Oberteil stark an Diamanten. Genau wie die Vielzahl an Facetten unterschiedlicher Größe und Form, mit denen das Optimum an Brillanz herausgeholt wird, vom Brillantschliff adaptiert wurde.
Alle Schliffe, die in die Kategorie des modifizierten Brillantschliffs fallen, gingen aus dem Brillantschliff hervor, wie bspw. Marquiseschliff/Navette, Trillantschliff, Ovalschliff, Herzschliff, Tropfenschliff/Birnenschliff sowie Cushion-/Kissenschliff.
Der Stufenschliff, alternativ Treppenschliff, zeichnet sich durch treppenartig, parallel und sich spiegelnd angelegte Facetten auf. Elemente des Brillantschliffs fehlen. Stufenschliffe sind reduzierte Schliffe, die auf wenige Facetten setzen und bei denen die Betonung der Reinheit und Farbe der geschliffenen Kristalle im Vordergrund steht.
Neben dem Asscher-Schliff sind der Baguette- und Smaragdschliff die bekanntesten Stufenschliffe.
Der gemischte Schliff vereint Merkmale des Brillantschliff mit denen von Stufenschliffen.
Charakteristisch für gemischte Schliffe sind große, aber wenige Facetten im Oberteil,während der untere Teil die spitz zulaufende Form eines Brillanten aufgreift, wie z.B. beim Radiantschliff, Princess-Schliff und Barionschliff.
Welcher Schliff angewendet wird, bestimmt der Stein. Beim Schleifen von Edelsteinen und Mineralien geht es primär darum, mit geringstmöglichem Materialverlust das Beste aus dem Stein herauszuholen.
Mit dem Schleifen von Steinen gehen bis zu 60 % des Gewichts des ungeschliffenen Rohsteins verloren, was billigend in Kauf genommen wird, insofern der Anteil des Schliffs abhängig von der Qualität bis zu 40 % beträgt.
Erfahrene Diamant- und Edelsteinschleifer und Edelsteinschleiferinnen wissen, wie kleinere Schönheitsfehler mit einem Schliff vertuscht werden können.
Makel in Form von Einschlüssen von Fremdmineralien, Gasen, Rissen oder Flüssigkeiten, die nicht korrigiert werden können.
Sind die Inklusionen augenscheinlich sichtbar, finden die facettenreichen Schliffe des modifizierten Schliffs Anwendung, die ablenkend wirken. Alternativ wird der Schliff so gehalten, dass sich die Einschlüsse im Randbereich befinden, sodass Fassungen diese überdecken. Minimalistische, großfacettige Treppenschliffe hingegen würden die Aufmerksamkeit direkt auf die Einschlüsse lenken.
Eine weitere Einflussgröße ist die Transparenz der Steine.
Fancy Cuts finden vorwiegend bei durchsichtigen Steinen wie Smaragd, Aquamarin, Morganit, Heliodor, Diamant, Amethyst, Almandin, Citrin, Turmalin, Peridot/Olivin, Spinell, Topas, Saphir, Rubin, Tansanit, Kunzit und Chromdiospid Anwendung, bei denen die Facetten im Spiel mit dem Licht und den daraus resultierenden Reflexionen zu einem einzigartigen Farbspiel und gesteigerter Brillanz führen.
Trübe, milchig erscheinende Steine werden dahingegen mit Glattschliffen wie dem Cabochonschliff versehen, um die Farbe und eventuelle optische Raffinessen (z.B. Asterismus vom Sternsaphir oder Sternrubin, Opaleszenz von Opalen, Lumineszenz von Mondstein und Labradorit) zu betonen. Zu den Merkmalen von Cabochons zählt die glatte Unterseite und die gewölbte, mugelige Oberseite. Die Form der Steine variiert von oval, rund, herzförmig, navetteförmig, tropfenartig oder rechteckig.
Daneben setzen einige Mineralien der Varianz an Schliffen Grenzen. Spröde Mineralien sind eine Herausforderung, die bei facettenreichen schnell zum Splittern oder Abbrechen neigen. Der grüne Edelstein Smaragd ist ein Beispiel für die komplizierte Bearbeitung. Interne Fissuren, die ursächlich für den spröden Charakter von Smaragden sind, lassen sich zwar durch das Auffüllen mit Öl oder Bleiglas oder die oberflächliche Versiegelung mit Wachs, Öl oder Harz minimieren – das Schleifen gestaltet sich dennoch schwierig. Beim Schleifen wird immer ein gewisser Druck auf den Stein ausgeübt, auf den gerade empfindliche Mineralien reagieren. Mit der Erfindung des Smaragdschliffs wurde ein Schliff kreiert, der durch eine verringerte Anzahl an Facetten die Schönheit der Farbe des Edelsteins betont, aber so nur wenig Druck ausübt.
Auch interessant:
Quellen:
⇒ www.gemsociety.org - An Introduction to Fancy Gem Cuts
⇒ Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Rau, W. (!941): Die Edelsteine. Verlagsbuchhandlung J.J. Weber in Leipzig
⇒ Hall, C. (1999): Edelsteine. Das neue kompakte Bestimmungsbuch, Könemann Verlag
Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024