Der runde Brillantschliff ist vermutlich der bekannteste, wenn nicht sogar der beliebteste Schliff von Edelsteinen. Ergänzt wird das Repertoire der Schliffe von einer Vielzahl weiterer Schliffe wie bspw. Marquiseschliff, Tropfenschliff, Ovalschliff, Cushion-Schliff oder Smaragdschliff. Das gemeinsame Merkmal dieser klassischen Schliffe: die exakt definierte Anzahl an Facetten und die Vorgabe der Proportionen und und Formen. Daneben werden Schliffe angeboten, die davon abweichen und Ausdruck der künstlerischen Freiheit der Edelsteinschleifer und Edelsteinschleiferinnen sind – die Fancy Schliffe.
Der Begriff Fancy Cut (zu deutsch: schriller Schliff) ist in der Gemmologie – der Lehre von der Verarbeitung von Edelsteine und Mineralien zu Schmuck – zweideutig. Zum einen steht hinter dem Namen Fancy Cut im althergebrachten Sinn jeder Schliff, der kein Brillantschliff ist – wie beispielsweise Navette-/Marquise-Schliff, Smaragdschliff, Ovalschliff, Herzschliff, Kissenschliff oder Baguetteschliff.
Weitaus geläufiger werden jedoch unter der Bezeichnung Fancy Cut alle Schliffe zusammengefasst, die sich keiner Kategorie der bekannten, konventionellen Schliffe zuordnen lassen. Im deutschsprachigen Raum werden Fancy Cuts deshalb teilweise auch als Phantasieschliff oder phantasievoller Schliff geführt.
Die Anfänge der Phantasieschliffe stehen in enger Verbindung mit dem Namen Bernd Munsteiner.
Der aus der Schmuckmetropole Pforzheim stammende Edelsteinschleifer kreierte in den 1960er Jahren Schliffe, die die Welt vorher noch nie gesehen hatte. Anfangs wurde Munsteiner mit seinen modernen, ausgefallenen und ungewöhnlichen Schliffen noch belächelt, mitunter auch kritisiert, aber schon bald etablierte sich der Edelsteinkünstler und seine Unikat-Schliffe fanden Gefallen und Anhänger.
Fancy Cuts bzw. Phantasieschliffe lassen sich nicht mit wenigen Worten beschreiben – und auch nicht gerecht werden. Die Vielfalt der extravaganten Schliffe wie auch der Formen ist überbordend. Bei einigen Fancy Schliffen wird auf charakteristische Merkmale klassischer Schliffe zurückgegriffen, die mit frei gewählten Elementen ergänzt werden, oder Variablen bekannter Schliffe mit anderen Schliffen kombinieren, wie zum Beispiel der facettierte Tropfenschliff, der sich mit abgerundeten Kanten präsentiert. Noch häufiger zeichnen sich Fancy Cuts durch eine phantasievolle Gestaltung aus, die wie zufällig gearbeitet wirkt, aber trotzdem voller Harmonie brilliert.
Neben Facetten kommen neue Komponenten hinzu, wie bspw. Rillen, Waffelmuster, Furchen, gewölbte und vertiefte Facetten, sodass die geschliffenen Steine in der Aufsicht an Blüten, Schneeflocken, Windräder oder Strahlen erinnern, oder wie durch den Blick durch ein Kaleidoskop wirken. Andere Fancy Cuts erwecken den Eindruck von scheinbaren Blasen oder Wassertropfen im Stein oder lassen sich mit kunstfertig geschliffenem Bleiglas vergleichen. Die Muster sind voller Geometrie, perfekter Symmetrie, faszinierender Asymmetrie, in sich gedrehte Formen spielen mit der Illusion, dass der Stein in Bewegung ist – verstärkt wird das Außergewöhnliche durch die Politur, die entweder hochglänzend, matt oder gefrostet ist.
Das Ergebnis sind Steine, die spannend und magisch sind, beinahe verzaubert erscheinen. Der Fancy Schliff verleiht Steinen eine ungeahnte Farbtiefe und revolutionäre Formen.
Bei der Auswahl der Steine, auf die die Phantasieschliffe übertragen werden, liegt der Fokus auf hochkarätigen Steinen, die viel Platz für die optischen Finessen der Muster bieten, wie Quarz mit den Vertretern Citrin, Bergkristall, Amethyst, Prasiolith oder Ametrin, aber auch die Beryll-Mineralien Goshenit, Morganit und Aquamarin sowie Blautopas.
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Quellen:
⇒ www.gia.edu - Al Gilbertson: Gem Cutting Styles - Definitions
⇒ https://4cs.gia.edu - The Magic of the Fantasy Cut Gemstones
⇒ www.gia.edu - And Then Came the Fantasy Cut
⇒ https://munsteiner-cut.de
Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024