Die Schönheit eines Edelsteins offenbart sich in vielen Fällen erst mit dem Schliff. Facetten oder glatt polierte Oberflächen fangen das Licht ein und reflektieren es. Welcher Schliff Anwendung findet, hängt vom Stein ab – dessen Reinheit, Transparenz und Farbe. Diamanten und andere klare Edelsteine werden vorzugsweise mit Facettenschliffen versehen. Ein Schliff, der zu Beginn des 20. Jahrhundert kreiert wurde und immer noch en vogue ist, ist der Asscher-Schliff.
Der Name Asscher steht für ein langjähriges Familienunternehmen aus den Niederlanden. 1854 in Amsterdam gegründet, machten sich die Edelsteinschleifer und -händler der Koninklijke Asscher Diamant Maatschappij schnell einen Namen über die Landesgrenzen hinaus, sodass den Asschers unter anderem die Bearbeitung der berühmtesten Diamanten der damaligen Zeit – namentlich Excelsior und Cullian – anvertraut wurde.
Das Unternehmen entwickelte darüber hinaus zahlreiche Schliffe, deren Herkunft anhand des Namens erkennbar ist:
Der Asscher-Schliff ist der erste vom Haus Asscher kreierte Schliff und geht auf Joseph Asscher zurück.
Als Asscher im Jahr 1902 der Weltöffentlichkeit den ersten Diamanten im Asscher-Schliff vorstellte, traf er den Zeitgeschmack des frühen 20. Jahrhunderts. Die Epoche des Art Deco war gerade angebrochen. Geometrische Formen beherrschten vor allem die Schmuckbranche und rechteckig oder quadratische geschliffene Steine – groß, opulent und auch farbenfroh – zierten Ringe, Kette und Ohrschmuck.
Der Asscher-Schliff ist ein Facettenschliff, d.h., die Oberfläche des Steins weist zahlreiche Schleifflächen auf, an denen das Licht reflektiert wird. Im Speziellen handelt es sich beim Asscher-Schliff um einen sogenannten Fancy Cut definiert, wobei der Begriff Fancy Cut alle anderen Schliffe, die kein Brillantschliff sind, zusammenfasst.
Die insgesamt 58 Facetten des Asscher-Schliff sind treppenartig gearbeitet, weshalb der Asscher-Schliff genau wie der Cushion-Schliff, Baguetteschliff und Smaragdschliff Vertreter der Treppenschliffe sind. Insbesondere letzterer wird häufig mit dem Asscher-Schliff verglichen und verwechselt.
Sowohl der Smaragd- wie auch Asscher-Schliff sind rechteckige Schliffe: im direkten Vergleich wird der Unterschied beider Schliffe jedoch deutlich. Der Smaragdschliff ist wesentlich länger gehalten, während der Asscher-Schliff in der Aufsicht beinahe quadratisch wirkt.
Seitlich betrachtet gleicht der Asscher-Schliff dem Brillantschliff. Die Krone, das Oberteil, ist trapezförmig und an der Oberseite flach gearbeitet. Zur zentralen Tafelfacette, verjüngt sich das Trapez und wird zur Rundiste, den gürtelartig gestalteten Facetten, welche die Krone vom Pavillon, dem Unterteil, breiter. Der untere Teil des Asscher-Schliff ist spitz zulaufend, wird von der Kalette begrenzt und ist ca. 2,5-mal so groß wie die Krone.
Auch wenn der Asscher-Schliff den rechteckigen Schliffen zugeordnet wird, zählt der Schliff in der Summe acht Ecken, bedingt durch die „abgeschnittenen“ Ecken.
In der Aufsicht zeigt sich zudem die Besonderheit des Heraufschlich Von den Kanten gehen gleichsam einem sich zur Mitte hin verjüngendem Dreieck Facetten aus, die ein Kreuz bzw. X bilden und die Treppenfacetten durchbrechen. Durch die Anordnung der Facetten entsteht ein Effekt, der dem Blick durch ein Kaleidoskop gleicht und den Eindruck eines Spiegelkabinetts erweckt, da sich die einzelnen Facetten zu reflektieren und spiegeln scheinen.
In der Praxis sind Abweichungen im Hinblick auf das Länge-zu-Breite-Verhältnis möglich, die vom Idealwert 1,00 zu 1,05 abweichen. Ebenso können die Winkel der Facetten variieren. Einzig Asscher-Schliff-Diamanten aus dem Hause Asscher weisen die Originalproportionen nach Joseph Asscher auf und können anhand einer registrierten Seriennummer und einem im Stein eingravierten Logo der Asschers identifiziert werden.
Gut 100 Jahre nach dem ersten Diamanten im Asscher-Schliff erlebte der Schliff 2001 ein Revival. Edward und Joop Asscher, Urgroßneffen von Joseph Asscher, modernisierten und wandelten den Schliff ab. Aus den einst 58 Facetten wurden nun 74 Facetten, mit dem Ergebnis, dass Spiegeleffekt aufgrund der zusätzlichen und schmaler gehaltenen Facetten noch intensiver wurde.
Anfangs wurden lediglich Diamanten im Design des Asscher-Schliff verarbeitet. Noch heute gilt der Asscher-Schliff als beliebter Schliff für die wertvollen Steine und findet sich vor allem in Verlobungsringen wieder.
Da der Asscher-Schliff ein klarer und minimalistischer Schliff ist, fallen kleinere Fehler wie Einschlüsse von anderen Mineralien (siehe Salt-and-Pepper-Diamanten), Gasen oder Flüssigkeit, aber auch Schrammen aufgrund der relativ großen Facetten leicht auf. Aus diesem Grund werden für den Asscher-Schliff lupen- und augenreine Diamanten in den Reinheitsstufen IF, Fl, VVS1, VVS2 sowie VS1 bevorzugt.
Ähnlich hoch sind die Anforderungen an die Qualität der Farbe gestaltet. Im Laufe der Jahre hat sich erfahrungsgemäß herausgestellt, dass Diamanten in den Farbnuancen D bis I (siehe Tabelle) am besten mit dem Asscher-Schliff zur Geltung kommen, d.h., weiße Diamanten ohne sichtbaren Gelbanteil.
⇒ D: | Hochfeines Weiß+ (River+) |
⇒ E: | Hochfeines Weiß (River) |
⇒ F: | Feines Weiß+ (Top Wesselton+) |
⇒ G: | Feines Weiß (Top Wesselton) |
⇒ H: | Weiß (Wesselton) |
⇒ I: | Leicht getöntes Weiß+ (Top Crystal) |
⇒ J: | Leicht getöntes Weiß (Top Crystal) |
⇒ K: | Getöntes Weiß+ (Crystal) |
⇒ L: | Getöntes Weiß (Crystal) |
⇒ M-N: | getönt 1 (Top Cape) |
⇒ O: | getönt 2 (Cape) |
⇒ P-Y: | getönt 3 (Light yellow) |
⇒ Z: | getönt 4 (Yellow) |
Nichtsdestotrotz werden auch andersfarbige Diamanten mit dem Asscher-Schliff versehen, vor allem farbige Diamanten (Fancy Diamanten) wirken im Asscher-Stil geheimnisvoll und faszinierend.
Zudem wurde das Repertoire der Steine im Asscher-Schliff mit der Zeit erweitert und ist nicht nur Diamanten vorbehalten, sodass neben Farbedelsteinen wie Smaragd, Blautopas, Saphir, Rubin, Rubellit, Aquamarin, Peridot, Amethyst und Turmalin auch künstliche Kristalle bzw. Diamantimitationen wie Zirkonia und Hydroquarz im Asscher-Schliff präsentiert werden.
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Quellen:
⇒ https://4cs.gia.edu - The Asscher Cut: A Cut of Royalty and Reinvention
⇒ www.gemsociety.org - The History of Asscher Cut Diamonds
⇒ www.leibish.com - Asscher Diamond Cut
⇒ Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine: alle alle Arten und Varietäten; 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
Letzte Aktualisierung: 20. März 2024