Hinter jedem Schmuck- und Edelstein steckt eine lange Geschichte - angefangen von der Entstehung und Bergung bis hin zum Weg des Schleifens und in den Handel – und die Frage nach der Echtheit. Ein Anliegen, das Gemmologinnen und Gemmologen klären, deren Beruf den theoretischen Hintergrund von geschliffenen Mineralien mit der praktisch-analytischen Arbeit verbindet.
Die Gemmologie ist ein Zweig der Mineralogie, der sich mit der Bestimmung, Entstehung, Bewertung und möglichen Maßnahmen der Optimierung von geschliffenen Steinen befasst. Auch wenn der Begriff Gemmologie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden ist, standen in der historischen Edelsteinkunde dieselben Themen auf der Tagesordnung. Kein Wunder, denn die Bezeichnung Gemmologie ist die latinisierte Version des Wortes Edelsteinkunde.
Die Kerninhalte der Edelsteinkunde sind dem Mineralogen Karl Emil Kluge (1830 bis 1864= zufolge „die wissenschaftliche Kenntniß der Edelsteine“ einschließlich deren „Geometrie, Physik und Chemie“.
Im Gegensatz zur Mineralogie, wo im Rahmen der Bestimmung von Mineralien alle Register der Chemie in Bezug auf die Löslichkeit in Säuren gezogen werden, erfolgt die Identifizierung von Schmuck- und Edelsteinen in der Gemmologie zerstörungsfrei. Gemmologinnen und Gemmologen arbeiten Tag für Tag mit wertvollen Steinen. Jeder Fehler, Kratzer, Makel oder angeätzte Stellen auf der Oberfläche würden mit erheblichen Einbußen des Preises einhergehen, weshalb die Tests zum Nachweis sowohl an losen wie „auch an den gefassten Steinen“ (Bauer, 1896) praktikabel sein müssen.
Den Beruf der Gemmologin und des Gemmologen gibt es seit dem Jahr 1908. Mit der Gründung der Gemological Association of Great Britain (Gem-A), die der National Association of Goldsmiths of Great Britain untergeordnet ist, wurde eine Institution eingerichtet, in der ausschließlich Edelsteinwissen unterrichtet wurde. Nach der erfolgreichen Teilnahme an einem entsprechenden Lehrgang erhielten die Teilnehmenden den Titel Gemmologin oder Gemmologe.
Neu war dieser Wissenschaftszweig in den Jahren davor allerdings nicht. Schon in der Vergangenheit beschäftigten sich historische Mineralogen mit denselben Themen und nahmen Untersuchungen entsprechend dem vorhandenen Stand der Technik und Know-How vor.
Die Hauptaufgabe von Gemmologinnen und Gemmologen besteht darin, geschliffene Schmuck- und Edelsteine jedweder Art, wie zum Beispiel Diamant, Rubin, Smaragd, Saphir, Aquamarin, Kunzit, Tansanit, Spinell oder Morganit eindeutig zu bestimmen und Aussagen zur Echtheit, Herkunft, möglichen Schönheitsbehandlungen und Qualität – im Besonderen: Reinheit, Farbe, Schliff und Gewicht – zu treffen und gegebenenfalls eine Expertise auszustellen sowie den individuellen Wert einzuschätzen.
Die Arbeit in der Gemmologie erfolgt vorrangig über technisches Equipment, da die optisch-physikalischen Eigenschaften von Mineralien eine Bestimmung ermöglichen, ohne dass der zu untersuchende Stein beschädigt wird.
Mit der Juwelierlupe (20-fache Vergrößerung) oder auch mit dem Mikroskop können die Reinheit und Einschlüsse in den Kristallen analysiert werden.
Die Zusammensetzung eines Steins erfolgt dahingegen über die Raman-Spektroskopie oder Röntgenfluoreszenzanalyse, mit denen die chemischen Bestandteile identifiziert werden können.
Auch der Brechungsindex, ermittelt via Refraktometer, Dichroskop – das „optische Instrument, das jeder Juwelier haben sollte“ (Kleefeld, 1877) - oder Polariskop, ist eine Eigenschaft von Mineralien, die im Alltag von Gemmologinnen und Gemmologen von Bedeutung ist.
Ein wichtiges Utensil im Alltag sind vergleichende Unterlagen oder Belegsteine, die zur Einschätzung der Reinheit und Farbabstufungen angewandt werden. Vor allem bei Diamanten kann ein My mehr an Einschlüssen oder eine leicht dunklere Nuance hochpreisige Folge mit sich bringen.
Da die Graduierung der Reinheit bis in kleinste Detail abhängig von der Anzahl der Einschlüsse genauestens aufgeschlüsselt ist, kann objektiv gearbeitet werden. Spezielle Color Charts, Farbkarten, ergänzt mit entsprechenden Steinen bzw. Edelsteinsammlungen geben die jeweilige Farbintensität, -tiefe und -qualität wieder, die so ein sachliches Urteil erlauben.
Der Großteil aller Gemmologinnen und Gemmologen arbeitet in der Schmuckbranche oder im Edelsteinhandel, aber auch Mineraloginnen und Mineralogen, Mitarbeitende in Gemmologischen Laboren, Auktionshäusern und unabhängige Sachverständige, zunehmend auch Anlageberaterinnen und Anlageberater, bspw. in Banken, verfügen häufig über die Zusatzqualifikation im Fachgebiet Gemmologie.
Tatsächlich ist der Beruf der Gemmologin und des Gemmologen bzw. des Fachmanns/der Fachfrau für Edelsteine und Schmucksteine kein klassischer Ausbildungsberuf.
Die Ausbildung stellt vielmehr eine Zusatzqualifikation oder Weiterbildung für Interessierte und die o.g. Berufsgruppen dar, die bereits Erfahrung in der Arbeit mit Edelsteinen und Interesse an vertiefendem Wissen haben.
Die Ausbildung zum Gemmologen bzw. zur Gemmologin kann rund um den Globus bei entsprechenden Instituten wie GIA, SSFE, Gem-A oder der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft erfolgen.
Der Lehrgang, der auf die Dauer von vier bis neun Monaten in Vollzeit ausgelegt ist, thematisiert grundlegendes und spezielles Wissen zu Schmuck- und Edelsteinen. Fragen zur Bestimmung der Echtheit und Methoden zur Bestimmung von Mineralien werden geklärt, genau wie Synthesen und Imitationen sowie die Unterscheidung selbiger von Edelsteinen präsentiert werden. Verfahren zur Korrektur der Farbe und Reinheit, besondere Eigenschaften von Schmuck- und Edelsteine in Bezug auf die geographische Herkunft und was diese einmalig macht, zählen ebenso zum Unterrichtsprogramm. Daneben können sich die Teilnehmenden in Fortgeschrittenenkursen auf weitere Themenfelder fokussieren, wie bspw. Diamantenkunde oder Perlen.
Die Kosten für die privatfinanzierte Ausbildung betragen etwa 3.000 bis 5.000 Euro. Vergleich ist der Verdienst: Das Gehalt von Gemmologinnen und Gemmologen liegt zwischen 3.000 und 6.000 Euro.
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Quellen:
⇒ Kluge, K. E. (1860): Handbuch der Edelsteinkunde für Mineralogen, Steinschneider und Juweliere
⇒ Kleefeld, W. G. (1877): Die Edelsteine
⇒ Blum, J. R. (1887): Taschenbuch der Edelsteinkunde für Mineralogen, Techniker und Juweliere
⇒ Bauer, M. (1896): Edelsteinkunde. Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 1
⇒ www.dgemg.de - Deutsche Gemmologische Gesellschaft eV
⇒ www.gubelin.com - Gübelin
⇒ Bundesagentur für Arbeit: Gemmologin/Gemmologe
⇒ https://gem-a.com - The Gemmological Association of Great Britain
Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024