Logo steine-und-minerale.de

Seifen in der Geologie - Mineralien aus Sand und Schlamm



Wenn Geologinnen und Geologen von „Seifen“ sprechen, meinen sie damit keine Seifenstücke zum Waschen, sondern Anreicherungen von Mineralien in Sanden und Kiesen. Der Begriff geht auf das mittelhochdeutsche Wort „sÄ«fen“ zurück, was so viel wie „tröpfeln“ oder „ausspülen“ bedeutet. Damit ist bereits das Prinzip beschrieben, das zur Entstehung von Seifen führt: leichte Gesteinsbestandteile werden vom Wasser oder Wind fortgetragen, während schwere Minerale zurückbleiben und sich an bestimmten Stellen sammeln.



Der Begriff Seife in der Geologie

Mit der Herkunft des Wortes „Seife“ setzte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Ethnologe Heinrich Schurtz (1863 bis 1903) auseinander. Er fand heraus, dass der sprachliche Ursprung im mittelhochdeutschen „Sife“ zu suchen ist, was „Bächlein“ oder „von einem Bächlein durchflossene Bergschlucht“ gleichgesetzt wird. Das Wort ist mit dem Verb „sifen“ verwandt, das mit „tröpfeln, triefen, gleiten“ übersetzt werden kann.
Ursprünglich beschrieb der Begriff Seife demnach kleine Wasserläufe und deren Bewegung. Erst im 15. Jahrhundert wurde das Wort Seife im bergmännischen Sprachgebrauch adaptiert und bezeichnete nun ein „Lager angeschwemmter Erze“.

Auch in den zeitgenössischen Nachschlagewerken jener Epoche finden sich Hinweise auf diese Bedeutungsverschiebung. So heißt es im Großen vollständigen Universal-Lexikon von 1743, Seifenlagerstätten seien reich an „Gold, Zinnstein, Talck, Eisenstein, Zinnober, auch Edelgesteine, Granaten und Quecksilber“. Der Begriff umfasste damit nicht nur ein einzelnes Erz, sondern eine ganze Palette von verschiedenen Mineralien.

Im Laufe der Zeit wandelte sich die Verwendung des Wortes weiter. Minerophilus Freibergensis alias Johann Caspar Zeisig definiert „Seifen“ 1784 nicht länger nur als Lagerstätte, sondern auch als bergmännische Tätigkeit; die Arbeit, „wo man in und unter der Damm-Erde Gold oder Zinnstein suchet und wäschet“. Damit wurde der Begriff gewissermaßen doppeldeutig: einerseits bezeichneten Seifen die geologische Erscheinung der Anreicherung von Mineralien an einem Ort, andererseits den praktischen Vorgang des Auswaschens und Gewinnens der darin enthaltenen Mineralien.


Alltag im Seifenbergwerk

Die Arbeit in den Seifen-Bergwerken war streng geregelt. So erließ Kaiser Karl IV. (1316 bis 1378) im Jahr 1356 die „Zinbergwerecks Ordnung“, in der die Aufgaben und Arbeitszeiten der Seifenarbeiter genau festgeschrieben wurden.
Darin hieß es, die Seifner hätten das Zinnerz zu gewinnen und das Metall aus dem Gestein zu schmelzen. Auch die Dauer des Arbeitstages war klar festgelegt: Die Männer sollten „des Montags frühe, dergleichen alle Tage die Woche über, an ihre Arbeit gehen frühe, wenn die Sonne aufgehet, den gantzen Tag, bis zum Rübergang der Sonne daran beharren und allerst am Sonnabend um zehen Uhr von der Seiffenarbeit gehen“.

Mit dem Seifenbergbau entstand ein eigener Wortschatz, der den Alltag der Arbeiter prägte. Die offizielle Berufsbezeichnung lautete Seifer, Seifner oder Seifenarbeiter.
Da der Begriff Seifen zunächst eng mit der Zinngewinnung verwoben war, sprach man vom „Seifengebirge“, d.h.: „sandiges oder lettiches Gebirge, in dessen Sand und Lettich viel Zinnsteingräuplein und Kefferweiß (…) gewaschen und gefunden wurde“ (Großes vollständiges Universal-Lexikon).
Das wichtigste Werkzeug der Seifner war die sogenannte Seifengabel: ein Brett, durchlöchert und mit hölzernen Zähnen versehen, ungefähr von der Länge einer Spanne (ca. 23 Zentimeter), das zum Sieben der Sedimente gedacht war.

Gearbeitet wurde im Seifenwerck oder Seifenwerk, wo „geseift“ wurde, also „waschen, oder im Wasser handthieren, wo die mit der Erde oder dem Sande vermischten Metallkörner gewaschen, d.i. vermittelst des Wassers geschieden werden“ (Jacobsen, 1784).
Selbst die Kleidung passte sich dieser besonderen Arbeit an: robuste hölzerne Schuhe, die „Seifenstiefel“, gehörten ebenso zur Ausrüstung wie die grobe Arbeitsmontur, die den Bergleuten Schutz vor Nässe und Schmutz bot.


Seifenlagerstätten – oberirdisch und unterirdisch

Oft liegen solche Seifen oberflächennah und konnten früher direkt aus Flussschottern oder Talfüllungen ausgewaschen werden. Manchmal aber wurden die Mineralanreicherungen durch jüngere Sedimente überdeckt, sodass der Abbau unter Tage erfolgen musste. In beiden Fällen gilt: ursprünglich entstehen Seifen immer an der Oberfläche durch Verwitterung und natürliche Sortierprozesse, erst spätere geologische Veränderungen führen dazu, dass sie in die Tiefe verlagert werden.


Entstehung und geologische Prozesse

In der älteren Literatur, etwa bei Adrian Beier (Theologe; 1600 bis 1678), wurde die Entstehung von Seifen noch im Zusammenhang mit der „Sündfluth“ – also der biblischen Sintflut – erklärt. Zu einer Zeit, in der die Erde als das „Sechs-Tage-Werk“ verstanden wurde, in dem Gott alles Leben und Nichtlebende innerhalb weniger Tage erschaffen habe, war an Lagerstättenkunde im modernen Sinn nicht zu denken. Entsprechend weit entfernt war man vom heutigen Wissensstand.

Auch die Erkundung neuer Seifenlagerstätten verlief vor mehr als sechshundert Jahren auf gänzlich andere Weise als heute. Das Große vollständige Universal-Lexikon berichtet, dass neue Vorkommen mit „Ruthen erforscht und erschürft“ wurden.

Aus heutiger Sicht beginnt die Entstehung von Seifenlagerstätten mit der Verwitterung von Gesteinen. Dabei werden harte und widerstandsfähige Minerale durch physikalische, chemische und biologische Prozesse aus dem Muttergestein freigesetzt. Diese Körner gelangen in den Umlauf von Fließgewässern, ins Meer oder in Windtransporte. Während die leichten Bestandteile weit verdriftet werden, lagern sich die schweren Minerale bevorzugt in Mulden, Flussschleifen oder Küstenbereichen ab. Auf diese Weise entstehen natürliche Anreicherungen, deren Ausprägung je nach Transportmedium und geologischer Umgebung variiert und die verschiedene Typen von Seifenlagerstätten hervorbringt.


Typen von Seifenlagerstätten

Je nach Entstehungsort und Transportmedium werden verschiedene Typen von Seifen unterschieden. Residuale Seifen entstehen direkt am Muttergestein, wenn es durch Verwitterung zerfällt und die schweren Minerale an Ort und Stelle zurückbleiben. In unmittelbarer Nähe des Ausgangsgesteins bilden sich eluviale Seifen, die sich in Hangschutt oder kleinen Erosionsmulden anreichern. Werden die Mineralkörner durch Fließgewässer weitertransportiert, kommt es zur Ablagerung von alluvialen Seifen in Flüssen. An Küsten wiederum entstehen strand- und marine Seifen durch die unermüdliche Kraft von Wellen und Gezeiten. Schließlich können auch Windprozesse zur Bildung führen: In Dünenfeldern lagern sich unter bestimmten Bedingungen äolische Seifen ab.


Alter von Seifen

Seifenlagerstätten können sehr unterschiedlich alt sein. Manche, wie die Goldseifen des Rheins, sind nur wenige Jahrtausende alt. Andere reichen weit in die Erdgeschichte zurück. Ein weltbekanntes Beispiel ist das Witwatersrand-Gebiet in Südafrika, wo fossile Goldseifen aus dem Archaikum vor etwa 2,7 Milliarden Jahren erhalten geblieben sind. Damit gehören Seifen zu den Lagerstättentypen, die in allen Erdzeitaltern vorkommen können, sobald die geologischen Bedingungen für Verwitterung, Transport und Anreicherung gegeben sind.


Abbaumethoden

Der Abbau von Seifen gestaltete sich technisch recht unterschiedlich. Bei oberirdisch zugänglichen Vorkommen genügte es oft, das Material mit Waschpfannen oder in Rinnen mit Wasser auszuspülen, sodass die schweren Minerale zurückblieben. In Regionen, wo die Seifen durch jüngere Ablagerungen überdeckt waren, mussten Schächte und Stollen anlegt werden, um die Kiesschichten zu erreichen. Das dort geförderte Material wurde dann an der Oberfläche gewaschen und sortiert.


Seifen im deutschsprachigen Raum

Auch in Mitteleuropa hat der Seifenbergbau eine lange Geschichte. Im Erzgebirge wurden seit dem Mittelalter Zinnseifen genutzt, am Rhein ist der Abbau von Goldseifen belegt, in Österreich spielte vor allem in Kärnten, Tirol und Salzburg die Goldgewinnung eine Rolle, und in der Schweiz ist das Napfgebiet für seine kleinen Goldseifen bekannt, die bis heute von Hobbygoldwäschern genutzt werden.


Mineralogische Vielfalt

Von großer Bedeutung ist die Vielfalt an Mineralen, die auf diese Weise gewonnen werden konnten. Edelmetalle wie Gold und Platin, Edelsteine wie Diamanten, Saphire, Rubine und Zirkone, aber auch Erzminerale wie Kassiterit, Chromit, Ilmenit, Rutil und Magnetit sowie Industrieminerale wie Monazit, Granat oder Zirkon wurden in Seifenlagerstätten gefunden und abgebaut.

Der Mineraloge Max Bauer (1844 bis 1917) bezeichnete Edelsteinseifen als bedeutendere Fundorte als die primären Lagerstätten. Ausschlaggebend war für ihn nicht nur die große Konzentration und Menge der Edelsteine, sondern auch die Qualität der Steine. Während Mineralien in primären Vorkommen häufig noch rissig sind und vor einer Verarbeitung aufwendig behandelt werden müssen, hat die Natur in den Seifen bereits eine Art Vorauswahl getroffen. Durch die Verwitterung und den Transport im Wasser wurden brüchige Kristalle zerschlagen und abgetragen. Übrig blieben die widerstandsfähigen, abgerollten Stücke, die frei von internen Rissen oder Frakturen waren und sich daher besonders gut für die Schmuckherstellung eigneten.


Die Zinnseifen von Seiffen

Die Geschichte der Stadt Seiffen im Erzgebirge ist eng mit dem historischen Zinnabbau in der Region verbunden. Heute ist der kleine Ort vor allem durch sein Kunsthandwerk weltbekannt: geschnitzte Pyramiden, filigrane Figuren und kunstvoll gedrechselte Spielzeuge haben den Namen Seiffen weit über die Grenzen des Erzgebirges hinausgetragen. Ursprünglich jedoch geht dieses Handwerk auf den Niedergang des Zinnbergbaus zurück.

Schon im 16. Jahrhundert zeigte sich, dass die hiesigen Gruben allmählich erschöpft waren. Wie der Chronist Heinrich Gebauer (1868 bis 1951) berichtet, begannen die Bergleute deshalb, sich mit kleinen Schnitzarbeiten ein Zubrot zu verdienen. Was zunächst nur eine Nebentätigkeit war, entwickelte sich rasch zum Haupterwerb. Einen entscheidenden Vorteil bot die Lage Seiffens: Gleich vor den Toren des Dorfes erstreckten sich ausgedehnte Wälder, die reichlich Holz für die neue Tätigkeit lieferten. So wurden die einstigen Bergleute zu Drechslern, Spielzeugmachern und Tischlern.

Bereits im 18. Jahrhundert überzeugte die Qualität der Holzkunst aus Seifen. Anfangs wurden die Produkte nach Nürnberg, Leipzig und Hamburg geliefert, doch bald fanden die Holzarbeiten im ganzen deutschen Sprachraum Abnehmer. Auf diese Weise entstand der Ruf Seiffens als Zentrum des erzgebirgischen Kunsthandwerks, der bis heute anhält.

Die Wurzeln des Ortes reichen jedoch noch weiter zurück. 1324 erscheint Seiffen erstmals unter dem Namen „Cynsifen“, ein Hinweis auf das Auswaschen von Zinn in den Bächen der Umgebung. Im späten 15. Jahrhundert begann der Zinnbergbau, konzentriert auf einen mächtigen Zinnstock östlich der heutigen Kirche. Neben Kassiterit wurden auch Arsenkies, Kupferkies und Roteisenerz in Seiffen abgebaut. Im 18. Jahrhundert erlebte Seiffen die Blütezeit, als bis zu neunzig Prozent der Einwohner im Bergbau beschäftigt waren und jährlich mehrere hundert Zentner Zinn gewonnen wurden.

Mit dem Rückgang der Erträge ab der Mitte des 18. Jahrhunderts verlor der Bergbau jedoch zunehmend an Bedeutung, bis in der Mitte des 19. Jahrhunderts das Seifen gänzlich eingestellt wurde. Aus der wirtschaftlichen Not heraus war es das Holzhandwerk, das die Menschen nun ernährte und das Dorf zu neuer Blüte führte. Der Ortsname erinnert jedoch bis heute an jene frühe Phase, in der Seiffen eng mit dem Zinnabbau und dem Seifenbergbau verbunden war.


Auch interessant:


Quellen:

  • Karl IV. (1356): Zinbergwercks Ordnung. IN: Röm. Reichs Ordnungen, gehaltener Reichßtaege vnnd Abschiedt, Sampt der Gülden Bullen
  • Soleas, N. (1600): Von der Auswitterung. IN: "Ein” Büchlein von dem Bergwergk, Wie man dasselbige nach der Rutten vnnd Witterung bawen sol, Allen so darzu lust haben, sehr dienstlich, vnd zu wissen nötig
  • Glauber, J. R. (1651): Seiffen. IN: Opus Minerale, oder Vieler künstlichen und Nutzlichen Metallischen Arbeitten Beschreibung. Vom Vrsprung vnd Herkommen aller Metallen vnd Mineralien, wie nemblich dieselbe durch die Astra gewircket, auß Wasser vnd Erden jhren Leib nehmen, vnd in vielerley Gestalt formiret werden
  • Beier, A. (1722): Seiffe. IN: Allgemeines Handlungs-, Kunst-, Berg- und Handwercks-Lexicon
  • Grosses vollständiges Universal-Lexikon (1743): Seife
  • Delius, C: T. (1773): Seifenwerke. IN: Anleitung zu der Bergbaukunst nach ihrer Theorie und Ausübung nebst einer Abhandlung von den Grundsätzen der Berg-Kammeralwissenschaft
  • Jacobsen, J. K. G. (1784): Seiffen (Bergbau). IN: Technologisches Wörterbuch oder alphabetische Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker, wie auch aller dabey vorkommenden Arbeiten, Instrumente, Werkzeuge und Kunstwörter, nach ihrer Beschaffenheit und wahrem Gebrauche
  • Minerophilus (1784): Seiffen. IN: Neues und wohleingerichtetes Mineral- und Bergwerks-Lexicon, worinnen nicht nur alle und iede beym Bergwerk, Schmelz-Hütten, Brenn-Hause, Saiger-Hütten, Blau-Farben-Mühlen, Hammerwerken etc. vorkommende Benennungen, sondern auch deren Materien, Gefäße, Instrumenten und Arbeits-Arten Beschreibungen enthalten, alles nach der gebräuchlichen bergmännischen Mund-Art, so wohl aus eigener Erfahrung, als auch aus den bewährtesten Schriftstellern mit besonderm Fleiß zusammen getragen, und in Alphabetische Ordnung zu sehr bequemem Nachschlagen gebracht
  • Schurtz, H. (1890): Der Seifenbergbau im Erzgebirge und die Walensagen
  • Gebauer, H. (1893): Die Volkswirtschaft im Königreiche Sachsen historisch, geographisch und statistisch dargestellt
  • Bauer, M. (1896): Vorkommen der Edelsteine. IN: Edelsteinkunde eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 1
  • Okrusch, M. und Matthes, S. (2013): Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. Springer Verlag Berlin Heidelberg
  • Wagenbreth, O. (2014): Geschichte der Geologie in Deutschland. Springer Verlag Berlin Heidelberg
  • Murawski, H. und Meyer, W. (2017): Geologisches Wörterbuch. Springer Verlag Berlin Heidelberg
  • www.mineralienatlas.de - Seife

Letzte Aktualisierung: 30.08.2025



Mineralien Quiz

Kennen Sie sich aus in Mineralogie und Geologie? Dann testen Sie Ihr Wissen in unserem Mineralien-Quiz!

Zum Quiz

Mineralien-Steckbriefe