… und die Frage, welche Rolle dabei der Bergbau des Erzgebirges im 18. Jahrhundert spielte.
Der Schwibbogen gehört in der Vorweihnachtszeit vielerorts genauso dazu wie der Weihnachtsbaum und Adventskranz. Die Tradition, einen beleuchteten Holzbogen ins Fenster zu stellen, entstand vor beinahe 300 Jahren, als ein Bergschmiedemeister im Erzgebirge den ersten Schwibbogen schmiedete.
Der Schwibbogen ist ein halbmondförmiges Gerüst, das entweder aus Holz oder Metall besteht und eine winterliche, weihnachtliche oder kunsthandwerkliche Szenerie darstellt. Einige moderne Versionen des Schwibbogens weichen von der klassischen halbrunden Form ab und sind als Dreieck gehalten, welches dann Lichterspitze genannt wird.
Auf der Oberseite des Bogens sind traditionell Kerzen angebracht. In der Vergangenheit wurde der Schwibbogen mit Wachskerzen beleuchtet, die seit Jahren größtenteils von elektrischen Kerzen oder LED-Beleuchtung abgelöst wurden. Die Anzahl der Kerzen wiederum ist ungerade – fünf, sieben, neuen oder elf, wobei die oberste Kerze prominent am höchsten Teil des Schwibbogens erstrahlt.
Der Begriff Schwibbogen ist allerdings deutlich älter als der älteste bekannte Schwibbogen der Welt. Schon im frühen 16. Jahrhundert wurden Schwibbögen in der Literatur beschrieben – als ein Element der Architektur. Dem Lexikographen Johann Georg Krünitz (1728 bis 1796) zufolge ist ein Schwibbogen ein „nach einem Bogen geschlossene Oeffnung einer Mauer. Ein Bogen“, der förmlich schwebt, daher auch die Synonyme Schwebebogen oder Schweifbogen.
Der weltweit erste Schwibbogen ist Johann Christian Teller zu verdanken und wurde im Jahr 1740 angefertigt. Die metallene Schwibbogen mit elf Kerzen zeigt auf der linken Seite Adam und Eva, unbekleidet, die zu zwei Engeln mit Fanfaren hinaufblicken. In der Mitte des Teller´schen Schwibbogens sind zwei Bergleute in Tracht dargestellt, die auf ein Wappen mit den sächsischen Kurschwertern sehen; unterhalb des Wappens sind Hammer und Schlegel positioniert. Auf der rechten Seite des Ur-Schwibbogens wird der biblische Sündenfall mit Adam und Eva neben dem Apfelbaum, um den sich eine Schlange räkelt, thematisiert.
Um das Jahr 1810 rückten der biblische Schwerpunkt zugunsten der Darstellung von Bergmännern in den Hintergrund, auch wenn Adam und Eva nach wie vor, wenn auch deutlich kleiner, noch vorhanden waren. Neu war damals auch ein weiteres Detail: das gelb-schwarz-gebänderte Wappen Sachsens. 20 Jahre später war einzig und allein der Bergbau Thema.
Mit dem Lauf der Zeit erweiterte sich das Potpourri der Motive des Schwibbogens, sodass vier Themen aufgegriffen werden.
Daneben haben sich die Gestalterinnen und Gestalter von Schwibbögen auch aktuell beliebten anderen Motiven geöffnet, sodass auch Pittiplatsch und andere Figuren aus der Kinderwelt im Schwibbogen einen Platz gefunden haben, genau wie Städte im Schwibbogen verewigt werden, die keinerlei Bezug zum Bergbau haben wie Berlin, Köln oder Leipzig.
Der erste Schwibbogen stammt aus dem Jahr 1740 und wurde aus Schmiedeeisen angefertigt. Ein Name, der mit dem Schwibbogen einhergeht, ist Johann Teller, seines Zeichens Bergschmied. Laut dem Theologen und Paläontologen Johann Samuel Schröter (1735 bis 1808) handelt es sich hierbei um einen „Handwerker oder Schmidt, welcher die zum Bergbau nöthigen Stücke aus Eisen oder Stahl verfertigt“.
Dass ausgerechnet ein Bergschmied mit der Historie des Schwibbogens verankert ist, verwundert nicht, wenn man in die Vergangenheit zurückblickt. Vor Jahrhunderten war es üblich, dass die Kumpel nach der letzten Schicht vor Weihnachten ihre Grubenlampen an die Wand untertage halbmondförmig – ähnlich wie der Eingang zum Stollen – aufhängten. Zu einer Jahreszeit, in der die Sonne schon früh unterging, wollte die Bergleute so symbolisch ihr Bedürfnis nach Licht darstellen.
Seitdem wurden und werden in der Region rund um Johanngeorgenstadt Schwibbögen in Handarbeit gesägt und geschnitzt, sind das Aushängeschild für das Kunsthandwerk des Erzgebirges. Und in vermutlich keiner weiteren Gegend Deutschlands leuchten abends mehr Schwibbögen als im Erzgebirge. In Zeiten, als an die Beleuchtung von Straßen mit Laternen noch nicht zu denken war, diente der Schwibbogen zugleich als Wegweiser. Wenn sich die Bergleute nach dem Ende der Schicht auf den Weg nach Hause machten, wussten sie, dort wob Licht als Bogen in den Fenstern erstrahlt, da ist Zuhause.
Während die historischen Schwibbogen-Modell noch aus Metall bestanden, wurde ab den späten 1930er Jahren auf Holz gesetzt. Das Material, das auch heute noch hauptsächlich verwendet wird. Die Arbeit per Hand wird zudem um laser- und computergestützte Techniken ergänzt wird.
Tatsächlich gibt es einen Zeitpunkt, an dem sich die Auswahl der Motive veränderte: das Jahr 1937. auf der Feierobnd-Ausstellung, die vom Heimatwerk Sachsen und dem Industriellen Emil Krauß ins Leben gerufen wurde und in der Zeit vom 28. November 1937 bis zum 21. Januar 1938 in Schwarzenberg stattfand, wurde ein Wettbewerb mit dem Titel „Schwibbogen für alle“ ausgeschrieben. Als Gewinnerin ging die Illustratorin und Autorin Paula Jordan (1896 bis 1986) hervor, die den Schwarzenberger Schwibbogen designte.
Jordan vereinte mit ihrem Werk sowohl den Bergbau als jahrhundertealtes Standbein der hiesigen Wirtschaft mit der kunsthandwerklichen Tradition und den Sagen, die im Erzgebirge seit Generationen weitergetragen werden.
Jordan gestaltete ihren Schwibbogen mit fünf Kerzen. Am oberen Rand des Bogens schwebt ein Engel über einem Drechsler bei der Arbeit am Werktisch, hinter ihm steht ein kleines Räuchermännchen. Mittig befinden sich zwei Bergleute mit Hammer und Schlegel, zwischen denen ein kleiner Tannenbaum steht, über dem wiederum das Wappen mitsamt der sächsischen Kurschwerter dargestellt wurde. Dem schließt sich eine Klöpplerin und eine Blume als Symbol der erzgebirgischen Sagenwelt. Am Fuß des Schwarzenberger Schwibbogens von Jordan wurden zudem noch die Worte „Glück auf“ verewigt – der Gruß der Bergleute und eine Reminiszenz an den Ursprung des Schwibbogens.
Um an die Geschichte und Herkunft des Schwibbogens zu erinnern, wurde am 15. Dezember 2012 in Johanngeorgenstadt anlässlich des 20. Original Johanngeorgenstädter Schwibbogenfests ein 25 m breites und 14,5 m hohes Modell des Schwarzenberger Schwibbogens aufgestellt, für das 700 Tonnen Stahlbeton plus 15 Tonnen Edelstahl verarbeitet wurde.
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