Schon seit mehr als 2.000 Jahren werden Steine mit Inschriften, Symbolen oder Zeichnungen versehen. Was seinen Ursprung im Orient hatte, fand um Christi Geburt auch den Weg nach Europa und auch heute noch werden Steine graviert. Der Gedanke dahinter ist der gleiche wie Anno dazumal, nur die technischen Möglichkeiten und Werkzeuge sind andere als in der Vergangenheit.
… eine treffende Beschreibung für das, was Gravuren auszeichnet und welches das wichtiges Werkzeug für diese Arbeit war: der Meißel, der etwas in einen Stein schreibt.
Eine der ältesten Definitionen des Begriffs Gravur stammt aus dem Jahr 1780 und geht auf den Arzt und Lexikographen Johann Georg Krünitz (1728 bis 1796) zurück. Er versteht unter gravieren „Züge oder Figuren mit dem Grabstichel, dem Meissel, oder der Nadel, in Holz, in Metalle, in Steine oder Marmor eingraben“. Ähnlich definiert gut 100 Jahre später Alwin Schultz (1838 bis 1909; Kunst- und Kulturhistoriker) Steingravuren als das „Einschneiden der Contouren einer Zeichnung in eine Steinplatte“.
Die Anfänge der Kunst, Steine zu gravieren, liegen im Orient: Persien, Babylonien und der Libanon gelten als die Wiege der Steingravur. Archäologische Funde aus Babylonien zeigen, dass schon zu Zeiten des Geographen Herodot (480/490 bis 430/420 v. Chr.) steinerne Siegelringe mit Gravuren en vogue waren, wobei Achat, Chalcedon, Hämatit und Magnetit die Steine der Wahl waren. Vergleichbares berichtet der Mineraloge Johann Reinhard Blum (1802 bis 1883) aus dem vorchristlichen Äthiopien: kunstvoll mit dem „heiligen Pillenkäfer“ alias Skarabäus, aber auch mit Hieroglyphen verzierte Amulette aus vorchristlicher Zeit. Allerdings wurden die Gegenstände nicht ausschließlich für persönliche Zwecke angefertigt, auch als Weihgeschenke für die Tempel fanden gravierte Steine ihre Bestimmung.
Der Archäologe Adolf Furtwängler (1853 bis 1907) schreibt, dass in Stein gravierte „Thier- und Pflanzenbilder“, v.a. Pferde, Käfer, Ochsen und Hunde angesagte Motive in der Antike waren, genau wie Kampfszenen und Persönlichkeiten abgebildet wurden. Mit Mittelalter gesellten sich schließlich noch Elemente aus der Astrologie und Astronomie hinzu.
Dass gravierte Steine schließlich auch den Weg nach Europas finden, ist auf den Handel und Austausch von Waren zwischen dem Orient und Europa zu verdanken. Die Sammelleidenschaft von gravierten Steinen machte auch hier nicht halt. Ein römischer Politiker mit dem Namen Marcus Aemilius Scaurus der Jüngere, der im 1. Jahrhundert vor Christus lebte, war ganz versessen auf gravierte Steine und legte die erste Daktyliothek der Welt an – eine Sammlung von Edel- und Schmucksteinen, die mit den unterschiedlichsten Gravuren versehen waren.
Auch Cäsar ließ sich davon inspirieren und trug im Laufe seines Lebens insgesamt so viele gravierte Steine zusammen, dass „sechs Dactyliotheken“ sein Eigen nannte (Blum).
Im Mittelalter standen gravierte Siegelringe bei Kaisern, Königen und Herzögen auf der Tagesordnung. Die Ringe waren nicht nur schön anzusehen, sondern auch von besonderer Bedeutung und Funktion. Wie Blum einst schrieb, wurden die Ringe „mit den Namen der Regenten versehen, um statt der Unterschrift den Namen unter Regierungsbefehle zu setzen“ - der Stempel als Ersatz für die handschriftliche Unterzeichnung.
Wie Blum weiter ausführt, hielt zu dieser Zeit auch der romantische Gedanke hinter den Steingravuren Einzug in die Gesellschaft – wenn auch aufgrund des Kostenfaktors, Preis des Metalls und des Handwerks, nur den gehobenen Ständen vorbehalten, denn es begannen „auch Eheleute sich gegenseitig auf die Treue ihrer Verbindung Dinge mit geschnittenen Steinen zu geben, auf denen symbolische Bilder eingraviert waren“.
Dass Steingravuren nicht nur im Kleinformat, sondern auch in weitaus größeren Dimensionen angefertigt wurde, belegen beispielsweise der „Denkstein des Bischofs Richwin“ aus dem frühen 12. Jahrhundert in der Moritzkirche zu Naumburg, die „Marmorgraffiti“ aus dem 14. bis 16. Jahrhundert auf dem Fußboden der Kathedrale zu Siena oder die „Grabplatte der Herzogin Sidone“ im Meißner Dom (Schultz, 1884). Die Darstellung von Erzählungen aus der Bibel und die Abbildung von Persönlichkeiten stand damals im Vordergrund. Namhafte Virtuosen, die im Zuge der Steingravur, ruhmreiche Bekanntheit erlangten, sind u.a. Pyrgoteles, Hans Neuburger, Daniel Engelhard, Lorenz Natter zu Biberach und Ambrosius Caradossa, der im Jahr 1500 mit seinem in einen Diamanten eingravierten Abbild von Papst Julius II. bekannt geworden war.
Steine mit persönlicher Note gravieren zu lassen, liegt im Trend. Längst werden nicht nur Grabsteine oder Gedenksteine mit Schriftzügen verziert. Ob als persönliches Geschenk zur Verlobung oder Hochzeit, zur Taufe, Kommunion oder Konfirmation, als persönlich gestalteter Glücksbringer, als außergewöhnliche Platzkarte oder als wetterfester Kräuterstein – es gibt keinen Anlass oder Zweck, zu dem ein nach Wunsch gravierter Stein nicht passt.
In der Vergangenheit wurde abhängig von der Idee hinter der Steingravur zwischen Intaglien und Abraxen unterschiedene.
Seubert und Seubert beschrieben Intaglien 1883 als „Steinschneidearbeiten“ die Wappen oder Namenszüge abbildeten. Abraxe hingegen waren Steine mit „geheimnisvollen Zeichen, Zauberformeln oder -figuren (…), die dem Träger Glück bringen und Schutz verleihen sollten“, wobei die „geheimnisvollen Kräfte“ Blum zufolge „mit den Lehren der Gnostiker, Astrologen und Mystiker in Verbindung gebracht“ wurden. Den Intaglien, die vertiefend gearbeitet werden, stehen zudem Kameen gegenüber, deren Merkmal das erhabene Relief ist.
Steingravuren können mit nahezu allen Steinen hergestellt werden. Ein- oder mehrfarbige Steine, die gegen das Licht gehalten durchscheinend oder opak sind, werden allerdings favorisiert.
Dementsprechend groß ist die Auswahl der im Handel angebotenen Steine mit Gravur, die als Basis für Schriftzüge, Symbole und Zeichen oder „Fotos“ verwendet werden: Granit, Schiefer, Kalkstein, Quarz (Achat, Chalcedon, Karneol, Bergkristall, Rosenquarz, Citrin), aber auch Beryll mit Smaragd und Aquamarin, Chrysolith, Türkis, Heliotrop, Nephrit/Jade, Rubin und Saphir, Lapislazuli, Topas, Hämatit und Obsidian.
Weiche Steine oder Mineralien wie Talk oder Speckstein werden weniger oft verwendet. Der Grund: Speckstein lässt sich dank der geringen Härte zwar einfach bearbeiten, doch bei dauerhafter Nutzung, bspw. Als Handschmeichler, könnte die Gravur im Laufe der Zeit verschwinden, da der Stein der ständigen Abnutzung ausgesetzt ist. Spröde Mineralien wie Marienglas, die besonders reine Gips-Varietät, kommen auch weniger zum Einsatz. Die Gravur spröder, zum Splittern neigender Steine geht mit einer hohen Materialbeschädigung einher.
Steine können auf verschiedene Art und Weise sowie mit unterschiedlichen Werkzeugen graviert werden. Konventionell mit Hammer und Meißel oder elektronisch mit strom- oder batteriebetriebenen Gravierstiften oder Lasergravierern.
Die traditionellste aller Techniken der Steingravur bedient sich Hammer, alternativ Schlägel, und Meißel (spitz- und Flachmeißel diverser Stärke) – die Werkzeuge, die Steinmetze seit jeher verwenden.
Das althergebrachte Verfahren erfordert viel Erfahrung, Geschick, Kraft und Zeit, bis ein Schriftzug oder Ornamente im Stein entstehen; wobei elektrische Meißel bereits Einzug gehalten haben.
Ein Graviergerät gleicht einem Stift mit elektrischem Betrieb. Der Vorteil von Graviergeräten liegt in der Einfachheit der Anwendung. Es kann fein und grob gearbeitet werden, da Gravierstifte häufig als Set mit auswechselbaren Spitzen angeboten werden.
Dass Gravierstifte Steine kritzen können, wird mit dem Material begründet, das auf der Gravierspitze aufgebracht ist: Diamantpulver oder der geringfügig weichere Karborund (Siliciumcarbid). Diamanten sind die härtesten Mineralien der Erde. Es gibt kein steinernes Material auf der Welt, das härter ist. Aus diesem Grund können Diamanten jedes Gestein oder Mineral ritzen, wohingegen Granit, Schiefer, Rubin oder Quarz aufgrund der geringeren Härte nicht in der Lage sind, einen Kratzer auf der Oberfläche von Diamanten zu hinterlassen.
Bei Steingravuren, die mit Hammer und Meißel oder dem Graviergerät angefertigt werden, sind einige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Infolge der Gravur kommt es zu einem Materialabrieb, weshalb sowohl eine Schutzbrille als auch Mundschutz zu tragen ist, um zu verhindern, dass der feine Steinstaub in die Augen oder Atemwege gelangt.
Daneben erfordern beide Techniken Vorarbeiten. Für das gewünschte Design muss eine Schablone erstellt werden, die wiederum auf den Stein übertragen wird und als Vorlage für die Gravierarbeit dient.
Anders sieht es bei Steinen aus, die mit Lasern graviert werden.
Die Vorlage wird am Computer erstellt und via Druckbefehl an die laserbetriebene Graviermaschine weitergegeben. Der Laser der Gravurmaschine fährt die Konturen oder Schriftzüge auf dem Stein ab und graviert in Sekundenschnelle das Motiv in den Stein.
Die Vorteile der Lasergravur liegen auf der Hand: ein schnelles, detailgenaues Verfahren, das ohne viel Kraft angewendet wird und bei dem der anfallende Steinstaub gleichzeitig im Lasergravierer integrierten Staubsauger beseitigt wird.
Auch interessant:
Quellen:
⇒ Gesellschaft von Gelehrten (1795): Gravieren, Gravierkunst. IN: Kurzgefasstes Handwörterbuch über die schönen Künste
⇒ Krünitz, J. G. (1780): Gravieren. IN: Oeconomische Encyclopädie, oder allgemeines System der Staats-Stadt-Haus- u. Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung
⇒ Seubert, K. und Seubert, M. (1883): Bearbeitung der Edelsteine. IN: Handbuch der allgemeinen Warenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht: Unorganische Warenkunde
⇒ Schultz, A. (1884): Gravierte Stein- und Metallplatten. IN: Malerei und vervielfältigende Künste
⇒ Blum, R. (1887): Gravieren in Stein und Geschichtliches zur Steinschneiderei. IN: Taschenbuch der Edelsteinkunde für Mineralogen, Techniker und Juweliere
⇒ Bauer, M. (1896): Gravieren. IN: Edelsteinkunde. Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc
⇒ Furtwängler, A. (1896): Beschreibung der geschnittenen Steine im Antiquarium
Letzte Aktualisierung: 20. Oktober 2023