Tugtupit
Tugtupit - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: tugtupite | französisch: tugtupite
Tugtupit - Von Rentieren und Berylliumsodalith
Die Entdeckung der ersten Tugtupit-Kristalle im Jahr 1957 geht auf den dänischen Mineralogen Henning Sörensen und den russischen Petrologen Jewgeni Iwanowitsch Semenov (1927 bis 2017) zurück.
1960 teilten beide ihre Erkenntnisse zu dem bis dato unbekannten Mineral unter dem Titel Beryllium minerals in a pegmatite in nepheline syenite if Ilimaussaq, South West Greenland" , das sie in den Felsen von Tugtup Agtarkorfia im Tunugdliarfik-Fjord in Grönland fanden.
Nachdem das Mineral zunächst Beryllium-Sodalith genannt wurde, erhielt es kurze Zeit später den Namen Tugtupit, der aus dem Grönländischen mit Rentierstein übersetzt wird. Dem Mineralogen Ove Dragsted zufolge ist der Name eine Anspielung an die Geweihschüppchen von Rentieren, die während der Erneuerung des Geweihs zu finden sind und die Ähnlichkeit mit dem Habitus von Tugtupit haben.
Eigenschaften von Tugtupit
Tugtupit ist mit der chemischen Zusammensetzung Na4[Cl|BeAlSi4O12] ein Vertreter der Silikatmineralien und im Speziellen ein Mineral Sodalith-Reihe - daher auch das Synonym Berylliumsodalith. Neben Tugtupit wird die Sodalith-Reihe von den Mineralien Sodalith, Helvin, Haüyn, Nosean, Lasurit und Danalith repräsentiert. Ferner zählt Tugtupit zu den Foiden, feldspatähnlichen Mineralien.
Die ersten Tugtupite aus der Beschreibung von Sörensen und Semenov waren von weißer Farbe. Weitaus häufiger und typischer sind allerdings Rottönen, die von rosa und rosaviolett bis hin zu reinem Rot (vergleichbar mit dem Rot von Rubin), sowie grün und bläulich reichen.
Dragsted beschrieb die Farbe einst poetisch als "cyclamen red" - Alpenveilchenrot und trifft es damit passend. Außerdem beobachtete er, dass die Farbe mitunter von schwarzem nadelartigen Ägirin oder gelbem pünktchenförmigen Pyrochlor durchsetzt ist.
In den Anfangsjahren, als Tugtupit als Material für die Herstellung von Schmuck interessant wurde, gab es hin und wieder "Beschwerden", dass die Steine ihre Farbe verlieren würde. Tatsächlich stellte sich jedoch heraus, dass. Wird Tugtupit dann wieder dem Sonnenlicht bzw. UV-Licht ausgesetzt, kehrt die ursprüngliche Farbe wieder zurück. Petersen und Jensen nannten eine Zeitspanne von 15 Minuten.
Die Strichfarbe von Tugtupit ist allerdings immer weiß, d.h. wird Tugtupit über ein unglasiertes Porzellantäfelchen gestrichen, erscheint ein weißer, pulverisierter Abrieb.
Das berylliumhaltige Mineral kristallisiert dem tetragonalen Kristallsystem folgend und bildet nur mikroskopisch kleine Kristalle. Die Aggregate sind derb. Körnig und oftmals mit weißem Quarz verwachsen.
Tugtupit ist von glasartigem Glanz, die Transparenz ist durchscheinend bis undurchsichtig. Der Bruch ist uneben bis muschelig, die Spaltbarkeit ist deutlich ausgeprägt. In vielen Fällen sind die Steine von Rissen durchzogen, sodass Tugtupit spröde und brüchig wirkt.
Die Mohshärte von Tugtupit beträgt 5,5 bis 6 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) bei einer Dichte von 2,36 bis 2,37 g/cm³.
Entstehung und Verbreitung von Tugtupit
Als Mineral magmatischen Ursprung entsteht Tugtupit unter hydrothermalen Bedingungen in Syenit und Pegmatit (Näheres siehe: Die Entstehung von Mineralien).
Tugtupit zählt zu den sehr selten vorkommenden Mineralien, das neben der Typlokalität in Grönland noch in Kanada und auf der Halbinsel Kola in Russland gefunden wurde, wobei die Vorkommen mit den Mineralien Albit, Analcim, Ägirin, Arfvedsonit, Chkalonit, Epistolith, Natrolith, Neptunit, Polylithionit, Pyrochlor, Sodalith, Sphalerit und Ussingit vergesellschaftet sind.
Verwendung und Bedeutung von Tugtupit
Aufgrund der Seltenheit ist Tugtupit vor allem für die Wissenschaft und für Sammlungen von Interesse.
1965 wurde Tugtupit erstmals zu Schmuck verarbeitet und da sich der Stein dankbar in der Verarbeitung zeigte, wurde das grönländische Mineral 1966 auf der "Eleventh International Gemmological Conference" als neues Arbeitsmaterial für die Herstellung von Schmuck präsentiert. Bedingt durch den spröden Charakter werden die Steine vorrangig mit Glattschliffen, wie bspw. dem Cabochonschliff, versehen.
Nachweis von Tugtupit
Tugtupit weist eine deutliche Fluoreszenz auf; unter kurzwelligem UV- Licht erscheint das Mineral intensiv pinkrot, während Tugtupit unter langwelligem UV-Licht orange fluoresziert. Zudem wird die Farbe von Tugtupit unter dem Einfluss von UV-Strahlen, auch im Zusammenhang mit Sonnenlicht, intensiviert – der Effekt ist jedoch nicht dauerhaft.
Auch interessant:
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Quellen:
- Sörensen H. (1960): Beryllium minerals in a pegmatite in the nepheline syenites of Iliinaussaq, South West Greenland. Report of the 21st International Geological Congress, Norden
- Dragsted, O. (1970): Tugtupite. IN: JournaI of Gemmology
- Jensen, A. und Petersen, O. V. (1982): Tugtupite: A Gemstone from Greenland. IN: Gems & Gemology. Summer 1982
- Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke
- Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
- Schumann, W. (2020): Edelsteine und Schmucksteine: alle alle Arten und Varietäten; 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
- www.mindat.org - Tugtupite