Hauyn
Hauyn - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: hauyne | französisch: haünye
Inhaltsverzeichnis Haüyn
- Haüyn, Ittnerit und Latialit
- Eigenschaften von Haüyn
- Entstehung und Verbreitung von Haüyn
- Bedeutung und Verwendung von Haüyn
- Nachweis von Haüyn
Haüyn und Latialit
Bevor das Mineral Haüyn im Jahr 1807 den Namen Haüyn erhielt, war es zunächst als Latialit bekannt. Der dänische Hobby-Mineraloge Tønnes Christian Bruun de Neergaard (1776 bis 1824) führt in seinen Aufzeichnungen «Ueber den Hauyn (la Hauyne) eine neue mineralische Substanz» den Grund der Namensänderung auf.
Die ersten Haüynkristalle wurden am Nemisee entdeckt, der sich in der italienischen Region Latium befindet – anglehnt an die Typlokalität von Haüyn entstand der Name Latialit.
Ein anderer historischer Name ist Ittnerit, wobei hier der Chemiker Franz von Ittner (1787 bis 1823) als Pate für den Namen steht.
Da das Mineral zwischenzeitlich immer wieder an den unterschiedlichsten Fundorten entdeckt wurde, schlug Bruun de Neergaard schließlich die Umbenennung in Haüyn vor – zu Ehren des französischen Mineralogen René-Just Haüy (1743 bis 1822).
Eigenschaften von Haüyn
Haüyn ist mit der chemischen Zusammensetzung Na5-6Ca2[(SO4,Cl)2|Al6Si6O24] ein Vertreter der Mineralklasse der Silikate und im Besonderen ein Mineral der Sodalith-Reihe. Neben dem namensgebenden Mineral Sodalith wird die Sodalith-Reihe unter anderem noch von den Mineralien Helvin, Nosean, Haüyn, Lasurit, Tugtupit und Danalith repräsentiert. Haüyn und die Mineralien der Sodalith-Reihe wiederum zählen zu den Foiden.
Haüyn kristallisiert dem kubischen Kristallsystem folgend und bildet oktaedrische oder dodekaedrische Kristalle, die häufig zu Zwillingen miteinander verwachsen sind. Der überwiegende Teil aller Haüyn-Kristalle ist von geringer Größe, durchschnittlich ein bis zwei Millimeter klein. Größere Kristalle von mehr als einem Karat und schleifwürdiger Qualität sind eine absolute Seltenheit.
Haüyn zeichnet sich durch einen intensiven glasartigen bis fettigen Glanz bei durchsichtiger bis durchscheinender Transparenz aus und erweckt nicht selten aufgrund der Farbe und des Glanzes nicht selten den Eindruck von feinsten Glastropfen. Die Reinheit von Haüyn wird vor allem von Heilungsrissen und Fremdmineralien in den Kristallen beeinträchtigt; allen voran nadelförmige Apatitkristalle. Der Bruch des blauen Minerals ist muschelig-uneben, die Spaltbarkeit ist vollkommen.
Die Mohshärte von Haüyn beträgt auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien 5,5 bis 6, die Dichte wird mit 2,4 bis 2,5 g/cm³ angegeben.
Die Farbe von Haüyn
Haüyn zeichnet sich durch eine Farbvielfalt aus, auch wenn das Mineral häufig mit der Farbe blau – im Besonderen ein strahlendes Ultramarinblau, Saphirblau, helles Himmelblau oder beinahe farbloses Wasserblau - in Verbindung gebracht wird, weshalb Haüyn mit Nosean, Sodalith, blauen Diamanten und Chalkanthit verwechselt werden kann.
Weitere Farben von Haüyn sind weiß, orange, grau, grünlichblau, gelb und braun.
Die Strichfarbe von Haüyn – die Farbe, die erscheint, wenn ein Mineral über ein unglasiertes Porzellantäfelchen gestrichen wird – ist weiß mit einem Stich ins Blaue.
Entstehung und Verbreitung von Haüyn
Haüyn geht als Mineral magmatischen Ursprungs aus basischen, kieselsäurearmen Magmen hervor; ist deshalb insbesondere in entsprechenden Gesteinen wie Phonolith, Basalt und Bims enthalten.
Je nach Fundort ist Haüyn mit einer Reihe von weiteren Mineralien vergesellschaftet, darunter u.a. Sanidin, Nosean, Apatit, Biotit und Phlogopit/Glimmer, Gonnardit, Allanit, Forsterit/Olivin, Titanit, Augit, Pyrit, Magnetit, Leucit, Augit und Melilith.
Haüyn ist ein weltweit seltenes Mineral. Nennenswerte Vorkommen von Haüyn befinden sich bspw. in Schweden; Frankreich; Eifel, Odenwald, Schwarzwald, Hegau/Deutschland; Kobersdorf und Wilhelmsdorf/Österreich; Schaffhausen/Schweiz; Spanien; Italien; Armenien; Tadschikistan; Afghanistan; Russland; Namibia; Australien; Kanada und in den USA.
Der Haüyn aus der Eifel
Unter allen Haüyn-Vorkommen lässt eine Region die internationale Konkurrenz weit hinter sich. Nirgends auf der Welt gibt es weitere Vorkommen, die mit der Qualität des Eifel-Haüyn mithalten können.
Die Eifel – ein Gebirge, das sich über Teile von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, Belgien und Luxemburg erstreckt – blickt auf eine lange geologische Vergangenheit zurück.
Die ältesten Steine der Eifel - Kalkstein, Quarzit, Sandstein und Tonschiefer – stammen aus dem Zeitalter des Devons ( 419.2 Millionen Jahren und endete vor etwa 358.9), gleichzeitig galt die Eifel vor etwa 13.000 Jahren als der Hot Spot für aktiven Vulkanismus in Deutschland.
Die Städte Mending, Nickenich, Andernach, Mayen, Koblenz und Neuwied wurden auf einstigen Lavaströmen errichten und auch die zahlreichen Maare, wie bspw. der Laacher See, sind Zeugnis der vulkanischen Geschichte.
Unter den etwa 450 bekannten Eifelmineralien hat insbesondere der blaue Haüyn schon vor Jahrhunderten das Interesse der Mineralogen und Geologen geweckt.
Eingebettet in die Hohlräume von Tephra und Bims beschrieb 1820 der Mineraloge Johann Ludwig Georg Meinecke (1781 bis 1823) „bei Kloster Laach in den Lesesteinen und in den Mühlsteinen (schlackiger Basalt) von Niedermennig“ die blauen Kristalle, die damals teilweise noch als „Saphirum (Latialit-Haüyne)“ (siehe: Schannat, 1820) bezeichnet wurden.
Der Weg des Eifel-Haüyns an die Oberfläche erfolgte in mehreren Schritten bzw. Eruptionen. Der Grund: die „Kristalllösung des Haüyns befand sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs des hiesigen Wingertsberg-Vulkans vor 12.900 Jahren in einer Magmakammer. Ein zu geringer Gasdruck der Magma verhinderte, dass die blauen Kristalle an die Oberfläche gelangen konnten. Erst als Wasser in die Magmakammer gelangte und eine Wasserdampfexplosion verursachte, wurden die blauen Kristalle ans Tageslicht befördert.
Was den Haüyn aus der Eifel so besonders macht, ist die Größe der Kristalle und die Farbe. Das Blau des Edelsteins variiert zwischen ultramarin- und neonblau: intensiv und strahlend; vergleichbare Vorkommen wurden in anderen Teilen der Welt bislang nicht beschrieben.
Deshalb ist der Eifel-Haüyn so begehrt für die Herstellung von Schmuck. Die Tatsache, dass die Steine oftmals nur winzig klein sind, ist kein Hindernis für die VirtuosInnen an der Steinschleifmaschinen. Selbst Steine, die nur 2 mm klein sind – der Großteil der Eifel-Haüyne ist nicht viel größer – können in in unterschiedlichen Schliffen facettiert werden.
Größere Kristalle im cm-Bereich sind eine Rarität, wie beispielsweise der Haüyn, der im Jahr 2012 entdeckt wurde und jetzt zum Fundus der TU Bergakademie Freiberg gehört, oder der Haüyn „von der Größe einer Haselnuß“, den Johann Jakob Nöggerrath (1788 bis 1877) 1822 beschrieb. Gleichzeitig merkte der Geo- und Mineraloge an, dass die meisten „Niedermennicher Haüyne“ „wie ein Nadelkopf groß und größtentheils kleiner, von ausgezeichnet schöner blauer Farbe“ sind.
Bedeutung und Verwendung von Haüyn
Der Seltenheit wegen ist Haüyn ein begehrtes Sammlermineral, wird aber auch in einigen Fällen zu Schmuck verarbeitet. Der Grund, weshalb sich Haüyn trotz der attraktiven Farbe nicht als Schmuckstein etablieren konnte, hängt mit der Größe der Kristalle zusammen. Geschliffene Haüyne, die ein Gewicht von einem oder zwei Karat auf die Feinwaage bringen, sind eine Rarität. Dennoch wird Haüyn hin und wieder facettiert und kleinere Unreinheiten bzw. Hohlräume im Kristall mit Wachs, Öl oder Paraffin aufgefüllt, die aufgrund des vergleichbaren Brechnungsindex´ optisch nicht auffallen.
Aufgrund der wenigen Vorkommen hat sich Haüyn in den vergangenen Jahren einen Platz in der Liste der teuersten Edelsteine der Welt gesichert. So sind Preise von 60 bis 90 € pro 0,10 Karat bei facettierten Steine nicht unüblich sind.
Nachweis von Haüyn
Haüyn ist in Säuren löslich, färbt die entstehende Lösung gelb ein. Wird Haüyn erhitzt, schmilzt dieser zu einer grünblauen, glasartigen Masse zusammen. Zudem fluoresziert Haüyn: unter langwelligem UV-Licht erscheint Haüyn orange, unter kurzwelligem UV-Licht zeigt sich das Mineral rotgelb bis rosa mit einem Stich ins Violette.
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Quellen:
- Bruun-Neergard, T.C. (1807): Ueber den Hauyn (la Hauyne) eine neue mineralische Substanz. IN: Journal für die Chemie, Physik und Mineralogie, Band 4. Herausgegeben von Adolph Ferdinand Gehlen. Berlin 1807
- Meinecke, J. G. L. (1820): Hauyn. IN: Mineralogisches Taschenbuch für Deutschland. Zum Behuf mineralogischer Excursionen und Reisen
- Schannat, J. F. (1820): Eiflia Illustrata oder geographische und historische Beschreibung der Eifel. Die Städte und Ortschaften der Eifel und deren Umgebung, topographisch und historisch beschrieben
- Nöggerrath, J. J. (1822): Hauyn. IN: Das Gebirge in Rheinland-Westphalen nach mineralogischem und chemischem Bezuge
- Leonhard, G. v. (1860): Ittnerit. IN: Grundzüge der Mineralogie
- Zirkel, F. (1893): Haüyn. IN: Lehrbuch der Petrographie. Band 1
- Bauer, M. (1896): Haüyn. IN: Edelsteinkunde. Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 2
- Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
- Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
- Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
- Kiefert, L. und Hänni, H. A. (2000): Gem-Quality Haüyne from the Eifel District, Germany. IN: Gems & Gemology, Fall 2000
- Okrusch, M. und S. Matthes (2009): Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. Springer Verlag Berlin Heidelberg
- www.mindat.org - Haüyne