Hypersthen
Hypersthen - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: hypersthene | französisch: hypersthène
Die Labradorische Hornblende alias Hypersthen
Der Name Hypersthen ist griechischen Ursprungs und wird erstmals von Martin Heinrich Klaproth (1743 bis 1817) erwähnt. Der deutsche Chemiker legte im Jahr 1810 seine Erkenntnisse unter dem Titel „Chemische Untersuchung des Hyperstens“ dar. Die Bedeutung des Namens Hypersthens ist laut Klaproth im Kontext zum Mineral Hornblende zu sehen, wobei Hornblende "von jenem an Härte und eigenthülichen Gewicht übertroffen wird"; daher die Bezeichnung aus dem Griechischen – zusammengesetzt aus den Vokabeln für über und Stärke.
Gänzlich unbekannt war das Mineral in den Jahren zuvor trotzdem nicht. Der französische Mineraloge René-Jüst Hauy (1743 bis 1822) beschrieb Hypersthen 1803 unter dem Namen "Hornblende du Labrador" bzw. Labradorische Hornblende - in Anspielung an den Fundort des Minerals auf der kanadischen Halbinsel Labrador. Ein weiterer, historischer Name für Hypersthen ist Paulit, der ebenfalls an die geographischen Vorkommen angelehnt ist und im Namen die Saint Paul Island in Kanada trägt.
Eigenschaften von Hypersthen
Mit der chemischen Zusammensetzung (Mg,Fe)2Si2O6 ist Hypersthen ein Mineral der Mineralklasse der Silikate und im Speziellen ein Vertreter der Pyroxene; genau genommen handelt es sich bei Hypersthen um einen Mischkristall der Enstatit-Ferrosilit-Reihe.
Haüy beschrieb die Farbe von Hypersthen seinerzeit als "rouge brun" und "noirâtré": rotbraun und schwärzlich. Der Geologe Carl Friedrich Naumann (1797 bis 1873) geht noch mehr ins Detail und nennt "pechschwarz und grünlich-schwarz bis schwärzlichgrün und schwärzlichbraun" als weitere Farben von Hypersthen, die je nach Betrachtungswinkel "mit schönem Farbenschiller" aufwarten. Klaproth hat sich der Beschreibung der eigentümlichen Reflexe von Hypersthen ebenfalls angenommen und beobachtete, dass diese "zwischen kupferroth, tombakbraun, auch goldgelb" liegen.
Die Strichfarbe von Hypersthen ist bräunlich, d.h. wenn das Mineral über ein unglasiertes Porzellantäfelchen gestrichen wird, entsteht ein brauner, feiner Abrieb.
Das Pyroxenmineral kristallisiert nach dem orthorhombischen Kristallsystem – weshalb Hypersthen den Orthopyroxenen zugeordnet wird. Die Kristalle von Hypersthen sind lamellenförmig bis tafelig, die Aggregate sind körnig oder massig.
Hypersthen weist Glas- bis Perlmuttglanz bei durchscheinender bis durchsichtiger Transparenz. Der Bruch des Minerals ist uneben, die Spaltbarkeit ist vollkommen, wobei auf den Spaltflächen Streifen zu sehen sind.
Die Härte von Hypersthen beträgt 5 bis 6 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) bei einer Dichte von 3,4 bis 3,8 g/cm³.
Entstehung und Verbreitung von Hypersthen
Hypersthen entsteht während des pneumatolytischen sowie hydrothermalen Stadiums. Dementsprechend ist Hypersthen häufig Bestandteil zahlreicher Gesteine magmatischen Ursprungs und zum Beispiel an der Zusammensetzung von Tonalit, Monzonit, Basalt, Norit, Pyroxenit, Gabbro, Peridotit, Harzburgit, Andesit, Tholeiit, Granulit und Hypersthenit beteiligt. Aber auch in Meteoriten wie Chondrit, Anchondrit und Siderolith kann Hypersthenit als mineralischer Bestandteil vorhanden sein.
Typische Begleitminerale, die am selben Fundort wie Hypersthen vorkommen, sind Albit/Feldspat, Bronzit, Cristobalit/Quarz, Hämatit,Labradorit/Feldspat, Ilmenit und Tridymit/Quarz.
Die Vorkommen irdischen Hypersthens beschränken sich unter anderem auf Fundorte in Island, Schweden, England, Schottland, Deutschland, Österreich, Slowakei, Afghanistan, Indien, China, Japan, Australien, Brasilien, Mexiko, Kanada und in den USA.
Verwendung und Bedeutung von Hypersthen
Sowohl Farbe als auch Glanz von Hypersthen werden durch das Polieren intensiviert, weshalb das Mineral durchaus als schön anzusehender Schmuckstein von Bedeutung ist. Allerdings wies der Mineraloge Cornelio Doelter y Cisterich (1850 bis 1930) schon seinerzeit darauf hin, dass Hypersthen bestenfalls "parallel zur Spaltfläche geschliffen" und auf mugelige Schliffe wie den Cabochonschliff zurückgegriffen werden sollte. Teilweise ähnelt geschliffener Hypersthen vom Glanz her Hämatit, durch die ungleichmäßige Farbverteilung im Mineral können ebenso Effekte entstehen wie man sie vom Tigerauge kennt.
Auch interessant:
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Quellen:
- Haüy, R.-J. (1803): Sur la substance minérale appelée Labradorische hornblende (hornblende du Labrador) par les minéralogists allemands. IN: Annales du museum national d'histoire naturelle, par les professeurs de cet etablissement. Ouvrage orne de gravoures. Band 2
- Klaproth, M. H. (1810): Chemische Untersuchung des Hyperstèn. IN: Beiträge zur chemischen Kenntnis der Mineral-Körper
- Doelter y Cisterich, C. A. (1893): Hypersthen. IN: Edelsteinkunde. Bestimmung und Unterscheidung der Edelsteine und Schmucksteine. Die künstliche Darstellung der Edelsteine
- Seubert, K. und Seubert, M. (1867): Hypersthen. IN: Handbuch der allgemeinen Waarenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht
- Bauer, M. (1896): Hypersthen. IN: Edelsteinkunde. Eine allgemein verständliche Darstellung der Eigenschaften, des Vorkommens und der Verwendung der Edelsteine, nebst einer Anleitung zur Bestimmung derselben für Mineralogen, Steinschleifer, Juweliere, etc · Band 2
- Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
- Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
- Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
- Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
- Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
- Okrusch, M. und Matthes, S. (2014): Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. Springer Verlag Berlin Heidelberg
- www.mindat.org - Hypersthene