Wie wird aus einem Mineral ein berühmter Edelstein? Die Gründe sind sehr verschieden. Entweder war die Entdeckung spektakulär, die Größe des Kristalls außergewöhnlich und rekordverdächtig, oder aber die Edelsteine gehörten zur Schatzkiste von bekannten Perönlichkeiten. Der Braganza-Diamant sorgte schon bald nach dem Fund für Aufsehen: als ein Diamant, der kein Diamant ist.
Als der Braganza-Diamant 1741 im Flußbett des Abaeté in Minas Gerais/Brasilien gefunden wurde, war das Erstaunen groß.
Der Bundesstaat Minas Gerais hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen Namen gemacht, was die reichhaltigen Vorkommen an Amethyst, Kunzit/Spodumen, Topas und diverser Beryll-Varietäten wie Smaragd, Santa Maria-Aquamarin/Aquamarin und Morganit betrifft. Diamanten in einer Größe wie der Braganza-Diamant wurden in Minas Gerais bis dato noch nicht dokumentiert.
Dass Diamanten in Minas Gerais durchaus gängig sind, belegt die Historie der Stadt Diamantina, in deren Umgebung seit dem 17. Jahrhundert Diamanten zutage gefördert wurden.
Die Entdecker des Braganza-Diamanten gingen bei ihrem Fund zunächst von einem großen Kieselstein aus, die vornehmlich aus Quarz bestehen, bis ihnen Mineralogen zusicherten, dass der Stein ein Diamant sei. Das Gewicht des Steins wurde offiziell mit 1680 Karat angegeben und die Farbe als ein gelbstichiges Weiß beschrieben.
Auch Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832), seines Zeichen Dichter und Geologe, interessierte sich für den Diamanten, wie der Naturforscher Hermann Josef Klein (1844 bis 1914) 1875 festhielt: „Göthe sah den Krystall, er hatte die Größe eines Straußeneies“, wobei der Wert des Braganza-Diamanten laut Klein damals auf 400 Millionen Taler geschätzt wurde.
In einer Schriftenreihe des Königlichen Lyzeums heißt es 1859: „der größte existierende unter den Diamanten ist der Braganza, der im Jahr 1741 in einer Diamantgrube in Brasilien aufgefunden wurde“ und „englische Juweliere, die ihn gesehen haben, bezweifeln seine Echtheit, und halten ihn für einen Topas“.
Der gleichen Meinung waren weitere führende Mineralogen, wie Carl Emil Kluge (1830 bis 1864): „hält ihn nur für einen weißen ausgezeichneten Topas“ und Klein: „ist aber, wie bemerkt, aller Wahrscheinlichkeit nach bloß ein wasserheller Topas. Geschliffen kann man den klaren Topas fast gar nicht vom Diamant unterscheiden“.
Tatsächlich können Diamanten und Topas im Rohzustand miteinander verwechselt werden.
Die Farbe von Diamanten ist ebenso abwechslungsreich wie die von Topas. Diamanten kommen nicht nur im idealtypischen Weiß vor. Ein gelbstichiges Weiß oder Weiß mit einem Hauch von blau zählen genauso zum Repertoire wie Diamanten in gelb, orange, rot, rosa, violett, grün, braun, grau und schwarz – genau wie das Farbspektrum von Topas.
Werden beide Steine geschliffen, ist der Unterschied nur schwer auszumachen, was Topas zahlreiche Synonyme einbrachte, die auf die Ähnlichkeit mit Diamanten anspielen, wie Sächsischer Diamant, Finder´s Diamant, Sklaven-Diamant oder Killiecrankie-Diamant.
Mineralogisch unterscheiden sich Topas und Diamant deutlich voneinander. Diamant besteht aus reinem Kohlenstoff, Topas ist ein Silikatmineral mit Aluminium und Fluor in der chemischen Zusammensetzung. Diamanten kristallisieren im kubischen Kristallsystem, sodass die Form der Kristalle von denen des Topas abweicht (orthorhombisches Kristallsystem).
Noch gravierender werden die Unterschiede bei der Härte. Diamanten gelten als die härtesten Mineralien der Erde. Kein anderes Mineral ist härter. Um die Härte von Mineralien objektiv betrachten zu können, hat der Mineraloge Friedrich Mohs (1773 bis 1839) ein zehnstufiges System eingeführt, das die Härte von Mineralien von weich (Mohshärte 1) aufsteigend bis sehr hart (Mohshärte 10) ordnet. Diamanten rangieren auf Platz 10, während Topas mit einer Mohshärte von 8 etwas weniger hart ist.
Ein letzter Anhaltspunkt die der Glanz beider Mineralien: Der Glanz von Diamanten ist derart einzigartig, das eigens dafür die Kategorie „diamantartig“ eingeführt wurde. Dahingegen gleicht der Glanz von Topas dem von Glas.
1741 machen drei Sträflinge, andere Quellen nennen Sklaven, im Flussbett des Abaeté bei der Suche nach Edelsteinen und Gold eine zunächst unscheinbare Entdeckung: ein 336 Gramm schwerer, undefinierbarer Brocken. Nachdem der Stein nach Rio de Janeiro geschickt wurde, kam die Analyse zu dem Ergebnis, dass es ein Diamant ist.
Die nächste Station des Diamanten war Portugal, denn schließlich sollte der Fund aus der Neuen Welt den Herrschern der Kolonialmacht vorgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt waren Indien und Afrika die Hot Spots des Diamanten-Abbaus.
Die damals amtierenden Königinnen und Könige von Portugal und Brasilien entstammten dem Haus Braganza, folglicherweise wurde der Diamant nach dem portugiesischen Königshaus Braganza-Diamant getauft.
Entgegen der Tradition, die Schönheit großer Edelsteine – bspw. Koh-i-Noor, Dresden grüner Diamant oder Cullinan-Diamant – mit einem Schliff hervorzuheben, wurde der Braganza-Diamant nie geschliffen. Eine Quelle sagt, dass der Rohdiamant lediglich mit einem Loch versehen wurde, um ihn als Kettenanhänger tragen zu können.
Mit dem Beginn der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel und der Besetzung Portugals durch das Heer von Napoleon Bonaparte im Jahr 1808 zog sich die portugiesische Königsfamilie nach Brasilien zurück. Dort verweilten sie bis 1821 und kehrten anschließend in die alte europäische Heimat zurück.
Die Datenlage über den weiteren Verleib des Braganza-Diamant verläuft sich im Dunkeln. Es heißt, der Braganza-Diamant wurde zunächst noch in eine goldene, schlichte Krone eingesetzt, die aber seit 1826 als verschollen gilt. Andererseits wird spekuliert, ob sich der falsche Diamant in der Sammlung der Kronjuwelen Portugals oder in einem anderen Museum befindet.
Auch interessant:
Quellen:
⇒ Neue Jugendzeitung. Band (1816): Diamanten
⇒ Murray, J. (1831): A Memoir on the Diamond
⇒ Klein, H. J. (1875): Der Diamant. IN: Ansichten aus Natur und Wissenschaft.
Für Gebildete
⇒ Kluge, E. (1859): Die größten Diamanten. IN: Palatina.
Heimatblatt des Pfälzer Anzeigers
⇒ Königliches Lyzeum (Freising) (1859): Spezielle Beschreibung der vorzüglich werthvollen Edelsteine. Der Diamant. IN: Jahres-Bericht über das Königliche Lyceum, Gymnasium und die Lateinische Schule zu Freising
⇒ Burton, R. F. (1869): Notes on the Diamond. IN: Explorations of the Highlands of the Brazil
With a Full Account of the Gold and Diamond Mines. Also, Canoeing Down 1500 Miles of the Great River São Francisco, from Sabará to the Sea
⇒ https://internetstones.com - Braganza Diamond
Letzte Aktualisierung: 9. Dezember 2021