Granat-Vorkommen gibt es in Europa viele. Ob im Erzgebirge, im österreichischen Ziller- oder Ötztal, in Böhmen oder im italienischen Aostatal: Granat zählt zu den Mineralien, die man häufig finden kann und um die sich in der Vergangenheit vielerorts in der Nähe der Fundorte oftmals ein ganzer Wirtschaftszweig entwickelte. Angefangen vom Abbau und Schleifen der Steine der Herstellung kunstvoller Schmuckstücke und dem Handel in alle Welt - so auch der Granat von Perpignan.
Perpignan ist der Name einer Stadt im Süden Frankreichs, nur wenige Kilometer von der spanischen Grenze entfernt und nahe dem Mittelmeer gelegen.
Seit dem Jahr 2017 trägt der mit Perpignan verbundene Granat den Titel einer geschützten Herkunftsbezeichnung. Allerdings weniger wegen dem Granat per se, sondern der mit der Tradition verwobenen Verarbeitung des roten Schmucksteins.
Unter dem Namen Granat wird in der Mineralogie kein bestimmtes Mineral verstanden. Vielmehr ist Granat der Name einer Gruppe von Mineralien mit chemisch vergleichbarer Zusammensetzung. Die beiden Granat-Varietäten Almandin und Pyrop sind dabei die Steine, die gemeinhin als der Granat verkauft werden und neben Andradit und Grossular typischerweise auch in der Gegend rund um das Canigou-Massiv bzw. die Städte Perpignan, Prades, Estagel und Belesta vorkommen.
Auch wenn Granat klassisch als rotes Mineral beschrieben wird, finden sich in historischen Mineralogiebüchern Hinweise, dass in der Umgebung von Perpignan auch sehr dunkle, schwarze Granate vorkommen. In Anspielung an die Fundorte in der Gebirgskette der Pyrenäen, die sich entlang der Grenzlinie Spanien-Frankreich erstreckt, wurde das Mineral in der Vergangenheit „Pyreneit“ oder Pyrenäit“ genannt. Der Mineraloge Abraham Gottlob Werner beschrieb Pyreneit 1820 als „eine Gattung Granat, graulich, schwarz, undurchsichtig, hart, in Dodekaedern krystallisiert (…) auf den französischen Pyrenäen“. Der Name Pyrenäit konnte sich in der Mineralogie allerdings nicht durchsetzen, da Pryrenäit mit dem bereits bekannten Mineral Melanit identisch war.
Wie auch anderenorts entstand parallel zu den Granatfunden in und um Perpignan ein neuer Wirtschaftszweig. Edelsteinschleifer und -fasser ließen sich nieder oder erlernten das Handwerk.
Alles begann um 1750 mit der Entdeckung von Granaten nahe Estagel (siehe Gilg und Hyrsl), die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zum Aushängeschild der Schmuckfertigung in Katalonien wurden, wobei zunächst religiöse Motive wie Kreuze im Fokus standen. Als Kreuzung vieler Handelsreisender und Missionare kam der Granat-Schmuck von Perpignan schließlich auch über die Grenzen von Perpignan hinaus.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden in Perpignan nur einheimische, lokale Granate geschliffen und zu vielseitige Schmuckkreationen verarbeitet. Mit dem Versiegen der ohnehin schon seltenen Granatquellen wurden auch Granate anderer Herkunft bearbeitet.
Zeitweilig sah es so aus, als würden die Schleifereien den Betrieb einstellen, bis in den 1980er Jahren das Granat-Kunsthandwerk dank des Traditionsbewusstseins gepaart mit dem lokalen Handwerk neu erblühte.
Die Besonderheit, die den Granat von Perpignan auszeichnet, ist aber nicht der Stein. Vielmehr ist es der Schliff und eine bestimmte Art, die Steine in Ketten, Ringe, Ohrringe, Anhänger oder Anstecknadeln zu fassen.
Die Farbvielfalt von Granat ist nicht nur auf verschiedene Rottöne beschränkt. Orange, rotviolett, farblose, grün, braun und schwarz zählen ebenfalls zur Farbpalette von Granat. Für den Granatschmuck von Perpignan wurden und werden aber nur rote Steine verwendet: von orangerot über himbeerfarben bis hin zu kirschroten Nuancen oder dem „blassroten Granat“ von Prades, wie der Mineraloge Harry Rosenbusch 1896 meinte.
Die Steine werden farblich nicht verändert. Das Geheimnis hinter den Granaten ist eine silber- oder goldfarbene Folie, die an der Unterseite des geschliffenen Steins angebracht wird; eine Technik, die Folierung genannt wird. Weitaus häufiger ist aber schon das „Schälchen“ der Fassung – hauptsächlich kommen Zargenfassungen zum Einsatz, in die der Stein eingesetzt wird, gold oder silber eingefärbt und umschließen bzw. umarmen den Stein vollends. Dahinter steht der Gedanke, dass die Folie das auf den geschliffenen Granat auftreffende Licht intensiver reflektiert, was sich in einer höheren Brillant und leuchtenderen Farbe äußert.
Die Kunst des Schleifens von Schmuck- und Edelsteinen ist eine sehr alte. Die ersten Schliffe waren vergleichsweise einfach und orientierten sich an der naturgegebenen Form der Kristalle. Die Steine wurde vielmehr poliert als in der Gestalt verändert. Mit der Weiterentwicklung von Techniken und entsprechenden Werkzeugen wurden viele neue Schliffe geboren. Der wohl bekannteste Schliff ist der Brillantschiff, dem der sogenannte Rosenschliff vorangegangen war und dessen Elemente sich im Perpignan-Schliff wiederfinden.
Charakteristisch für den Rosenschliff ist die runde Oberseite – die Krone – mit harmonisch angeordneten dreieckigen Facetten. Die Unterseite hingegen ist flach und eben gehalten.
Der Perpignan-Schliff ergänzt die Facetten der Krone zusätzlich um trapezförmige Facetten und behält die flache Unterseite bei. Teilweise wird das Oberteil vom Unterteil durch gürtelartig verlaufende Facetten, die Rundiste, optisch voneinander getrennt. Dabei ist es gleich, welche Grundform der Schliff hat – rund, oval, quadratisch, tropfenförmig, marquise-, baguette- oder herzförmig – die Elemente des Perpignan-Schliffs finden sich immer wieder.
Nachdem bereits 2011 die Überlegung aufkam, den Granat von Perpignan als Marke zu schützen, wurde der Grenat de Perpignan am 23. November 2017 patentiert. Entscheidend für die geographisch geschützte Bezeichnung ist, dass der Stein in Perpignan im Perpignan-Schliff geschliffen wurde und die Fassung mit einer metallischen Folie ausgekleidet ist, oder wie das Patent- und Markenamt Frankreich (INPI) es definiert: „ein oder mehrere Granatsteine mit spezifischer Größe (…), Rosenschliff, „Perpignan-Schliff“, genannt und eine oder mehrere geschlossene Fassungen, die vollständig von Hand gefertigt und an jeden Stein angepasst sind, im Boden davon ist ein Paillon positioniert“.
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