Graphit und Diamant - Zwei Mineralien, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Das eine Mineral ist grau, fühlt sich fettig an und färbt die Hände beim Berrühren schmutzig ein. Das andere Mineral strahlt, kommt in allen erdenklichen Farben vor und ist auch bei geringem Gewicht um ein Vielfaches teurer als ein kiloschwerer Brocken Graphit. Diamanten sind die härtesten Mineralien der Erde, Graphit hingegen ist weich. Dabei bestehen Diamant und Graphit aus demselben Element: Kohlenstoff. Wie kann es sein, dass beide Mineralien so unterschiedlich sind?
Diamant und Graphit: zwei Mineralien, die – was die Härte betrifft – nicht gegensätzlicher sein könnten.
Die Härte von Mineralien wird in der Mineralogie mit der Mohshärte beschrieben. 1804 führte der Mineraloge Friedrich Mohs (1773 bis 1839) eine 10-stufige Skala ein, die jedem Mineral eine bestimmte Härte zuordnete. Aufsteigend von sehr weichen Mineralien der Mohshärte 1 bis zur 10. Der Platz, der auf der Mohs´schen Skala ausschließlich Diamanten vorbehalten ist. Die nächst härteren Mineralien sind mit einer Härte von 9,5 Moissanit und 9 die Korundvertreter Rubin sowie Saphir.
Die Mohshärte von Graphit schwankt zwischen 1 und 2, während die Mohshärte von Diamanten 10 beträgt.
Eigenschaft | Diamant | Graphit |
---|---|---|
Chemische Zusammensetzung | C | C |
Mineralklasse | Elemente | Elemente |
Kristallsystem | kubisch | hexagonal |
Farbe |
| dunkelgrau. schwarz |
Strichfarbe | weiß | grau |
Glanz | diamantartig | metallisch bis matt |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend | undurchsichtig |
Bruch | muschelig | uneben |
Spaltbarkeit | vollkommen | vollkommen |
Mohshärte | 10 | 1 |
Dichte | 3,47 bis 3,55 g/cm³ | 2,1 bis 2,3 g/cm3 |
Eine Gemeinsamkeit haben Graphit und Diamant dennoch: beide Mineralien bestehen aus reinem Kohlenstoff und werden deshalb der Mineralklasse der Elemente zugeordnet; genau wie beispielsweise Gold, Kupfer, Silber, Bismut oder Quecksilber.
Wie kann es nun aber sein, dass Diamanten härter sind als Graphit, wenn beide Mineralien dieselbe chemische Zusammensetzung aufweisen? Worin unterscheiden sich Diamant und Graphit?
Das Geheimnis offenbart sich im Inneren der Kristalle, wobei zur Erklärung zunächst ein Blick in das Periodensystem der Elemente von Bedeutung ist.
Der Baustein von Diamant und Graphit ist Kohlenstoff (C), der im Periodensystem der Elemente unter der Ordnungszahl 6 zu finden ist. Kohlenstoff wiederum ist in der Lage, sich mit vier Atomen zu verbinden – sowohl mit anderen Kohlenstoffatomen als auch mit anderen Atomen. Daraus resultierend ergeben sich verschiedene Strukturen und Kristallgitter.
Die Unterschiede zwischen Diamant und Graphit liegen demnach in der Besetzung der freien Plätze der Außenhülle des Kohlenstoff-Atoms sowie der Anordnung der Atome.
Die vier Elektronenplätze von Diamanten der äußersten Schale sind komplett besetzt, d.h., jedes Kohlenstoff-Atom ist mit vier weiteren Kohlenstoff-Atomen fest verbunden. Jene Elektronenbindung, sog. Kovalente Bindung, ist sehr stark und gleich im Model einem Würfel, der mit anderen Würfeln verbunden ist und das kubische Diamantgitter bildet.
Die Bindung von Graphit ist lockerer und die freien Plätze der äußersten Schale sind nicht alle belegt. Lediglich drei der vier freien Elektronenplätze sind besetzt, eines bleibt frei beweglich. Dadurch entsteht eine schichtartige Struktur mit geringerer Bindungskraft der Atome.
Die geringere Bindung der Kohlenstoff-Atome ist folglich auch die Begründung, weshalb man mit Graphit schreiben kann und das Mineral elektrischen Strom leitet. Diamant hingegen ist ein elektrischer Isolator und gänzlich ungeeignet zum Schreiben.
Infolge der verminderten Bindungskräfte von Graphit können die Kohlenstoff-Lagen gegeneinander verschoben und auch voneinander getrennt werden, was sich in Form der grauen Strichfarbe äußert. Zudem ermöglicht der freie Ladungsplatz die elektrische Leitfähigkeit, die bei Diamanten mit vollständig besetzten Ladungsplätzen nicht gegeben ist.
Graphit ist ein Mineral metamorphen Ursprungs, das durch intensive Metamorphose kohlenstoffhaltiger Sedimente – die Quelle des Kohlenstoffs ist zumeist biogen – entstanden ist. Diamanten entstehen unterhalb der Erdoberfläche im Bereich des Erdmantels in Tiefen von 150 bis 200 km, wo Kohlenstoff bzw. auch Graphit durch die hohen Druck- und Temperaturbedingungen (50 kbar und 1.300 bis 2.000 °C) komprimiert wird. Diamanten können aber auch das Ergebnis von Meteoriteneinschlägen sein, die ebenfalls mit hohen Temperaturen und mächtigen Druckverhältnissen einhergehen.
Das Wissen um die Entstehung von Diamanten wird seit Jahrzehnten genutzt, um Diamanten künstlich herzustellen – sei es für technologische oder industrielle Zwecke, die auf fehlerfreie, perfekte Kristalle angewiesen sind oder die Schmuckbranche. Angesichts der hohen Nachfrage, teilweise in der Kritik stehenden, umwelt- und sozioökonomisch-unfreundlichen Gewinnungsprozessen sind synthetische Diamanten als nachhaltiges, faires Produkt stark im Kommen.
Bei der Erzeugung von Diamanten im Labor werden die Bedingungen den natürlichen Verhältnissen nachgeahmt. Hoher Druck, hohe Temperaturen plus Kohlenstoff sind die Zutaten für künstliche Diamanten. So ist es möglich, einen Prozess, der sonst Jahrtausende dauert, mit moderner Technologie binnen Stunden oder Tagen nachzustellen.
Dennoch sind Diamanten nicht unvergänglich. In Experimenten konnte gezeigt werden, dass Diamanten durch Laserbeschuss in Graphit verwandelt werden können. Die energiereichen Laserstrahlen sind fähig, den Gitterbau von Diamantkristallen innerhalb von 150 Femtosekunden zu vernichten. Die Folge: Die Energie, die durch den Laser freigesetzt wird, wird vom Diamanten aufgenommen, gleichzeitig werden die Bindungen der Kohlenstoff-Atome zerstört, die sich abschließend in Graphit reorganisieren, weil hohe Druck- und Temperaturbedingungen fehlen.
Auch interessant:
Quellen:
⇒ Zappe, J. R. (1817): Mineralogisches Hand-Lexicon. Oder: Alphabetische Aufstellung und Beschreibung aller bisher bekannten Fossilien. 1. Band
⇒ Karsten, D. L. G. (1789): Des Herrn Nathanael Gottfried Leske Hinterlassenes Mineralienkabinet V1
⇒ Theophrastos: De Lapidibus. Theophrastos von den Steinen, aus dem Griechischen. Nebst Hills physicalischen und critischen Anmerkungen, und einigen in die Naturgeschichte und Chemie einschlagenden Briefen, aus dem Englischen übersetzt
⇒ Bank, H. (1992): Diamanten. Pinguin-Verlag Innsbruck
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ https://americanarti.si.edu - Graphite!
⇒ Wei-Haas, M. (2015): Weird New Type of Carbon Is Harder (and Brighter) Than Diamond. IN: Smithsonian Magazine
⇒ https://geology.com - Graphite and Diamond
⇒ www.enmu.edu - Diamond Graphite
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Letzte Aktualisierung: 1. August 2023