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Gefälschter Moldavit



Es ist nicht alles Gold, was glänzt oder wie im Fall von Moldavit: nicht jeder grüne, glasartige Stein ist Moldavit – sondern mitunter Flaschenglas aus der Gipsform.



Der echte Moldavit

Eine der ältesten Beschreibungen von Moldaviten stammt aus der Feder von Joseph Mayer unter dem Titel „Ueber die Böhmischen Gallmeyarten, die grüne Erde der Mineralogen, die Chrysolithen von Thein, und die Steinart von Kuchel“ aus dem Jahr 1788 beschreibt Mayer die „grünen Glasmassen“, die am Ufer der Moldau bei Moldauthein bzw. Thein vorkommen. Mayer zufolge waren insbesondere die dunkelgrünen und kristallklaren Steine beliebt und wurden als Chrysolith verkauft; Chrysolith – der Name für Peridot/Olivin in Schmucksteinqualität.

1841 konkretisiert der Naturwissenschaftler Franz Xaver Zippe (1791 bis 1863) in seinen Ausführungen „Über die unter dem Namen Boutelleienstein, Moldawit, auch Wasser-Chrysolith, bekannte Varietät des Obsidians“ die Moldavit-Vorkommen und nennt die „Gegend von Moldautein od Budweis“, das heutige Tyn nad Vlatou, als eines der bekanntesten Moldavit-Vorkommen überhaupt.

Tatsächlich aber handelt es sich bei Moldavit nicht um Peridot oder ein anderes Mineral, sondern um ein Gesteinsglas, das durch den Einschlag eines Asteroiden, eines Kleinplaneten, vor 15 Mio. Jahren entstanden ist. Gesteinsgläser mit extraterrestrischer Ursache werden im Besonderen als Tektite definiert, wobei zur Abgrenzung von anderen Tektiten für die Definition Moldavit die geographische Herkunft entscheidend ist.

Als die ersten Moldavite entdeckt wurden, rätselten Mineralogen und Geologen, da ein ähnliches Material bislang nirgendwo in der Region bekannt war. Da in Böhmen viele Glashütten angesiedelt waren, lag die Theorie nahe, dass die grünen Glassteine Reste der Glasherstellung waren. So sah es auch der Geologe Alexander Makowsky (1833 bis 1908), der von Johann Nepomuk Woldrich (1834 bis 1906; Geologe, Archäologe und Paläontologe) zitiert wird, demnach „... alle Moldavite, künstliche Glassschlacken wären, die aus Glashütten als unbrauchbar weggeworfen wurden“.

Dem widerspricht allerdings die Tatsache, dass die Moldavite nicht direkt von der Erdoberfläche aufgelesen werden können, sondern in tieferen Erdschichten verborgen sind Wodrich zieht als Argument gegen den anthropogenen Ursprung der grünen Gesteinsgläser die Mächtigkeit der Bodenschichten heran, die angesichts der Dauer der Bodenbildung ein deutlich höheres Alter aufweisen als die Glasindustrie in Böhmen.

Dass Moldavit in der Vergangenheit als Abfallprodukt der nahegelegenen Glashütten interpretiert wurde, wird bei genauerer Betrachtung deutlich. Der glasartige Glanz, der muschelige Charakter an den Bruchstellen, die Mohshärte von 5,5, die der der von Glas ähnelt, die durchsichtige Transparenz sowie die oliv- bis flaschengrüne Farbe lassen durchaus den Vergleich mit in die Jahre gekommen Glasscherben zu.
Einzig die „eigenthümlich runzelige und gefurchte Oberfläche“ lässt nach Zippe Zweifel ob der künstlichen Herstellung aufkommen.


Falscher Moldavit

Dass im Handel Synthesen und Imitationen von Schmuck- und Edelsteinen aller Couleur verbreitet sind, ist keine Neuigkeit. Seit dem frühen 20. Jahrhundert werden erfolgreich über verschiedene Verfahren die unterschiedlichsten Kristalle gezüchtet. Sei es, weil die natürlichen Ressourcen die Nachfrage nicht decken können, Kristalle aus dem Labor eine kostengünstigere und ethisch verantwortungsbewusstere Alternative zu Edelsteinen aus Minen sind oder fehlerfreie Kristalle für technische Zwecke unabdingbar sind.

Seit bald mehr als 100 Jahren ergänzt Fake-Moldavit das Repertoire gefälschter Steine, die als echt ausgegeben und laut Jaroslav Hyrsl vorrangig zur Herstellung von Schmuck verwendet werden. Der Schwindel flog zunächst nicht auf, da die nachgeahmten Moldavite dem Vorbild aus der Natur täuschend gleich aussahen, gleichzeitig aber zigfache Exemplare derselben Form, Größe und Oberflächenstrukturen im Umlauf waren.

Kunstvoll geschliffen wären die Klone womöglich niemals aufgefallen, doch zwei oder mehr Steine mit exakt identischen optischen Merkmalen sind eine Unmöglichkeit.

Das Prinzip der Herstellung von falschem Moldavit ist denkbar einfach: von einem Original-Moldavit wird mittels Gips ein Abdruck erstellt, der dann beliebig oft mit flüssiger Glasschmelze ausgegossen und vervielfältigt werden kann.


Echten Moldavit erkennen

Um einen Moldavit von einer Nachahmung aus Glas zu unterscheiden, genügt laut Hyrsl ein Mikroskop. Natürlicher Moldavit enthält entstehungsbedingt Einschlüsse des Minerals Lechatelierit, eine Hochtemperaturmodifikation von Quarz, die anhand des drahtähnlichen Habitus´ leicht zu identifizieren ist.
Zudem kann man unter der Vergrößerung zahlreiche Blasen und Fließstrukturen erkennen, die Zeugnis der Entstehung sind. Mit dem Aufprall des Asteroiden vor 15 Mio. Jahren wurde das Gestein der Umgebung aufgeschmolzen, förmlich aufgekocht, erkaltete aber aufgrund des enormen Temperaturunterschiedes zwischen der Lufttemperatur und der geschmolzenen Gesteinsmasse sehr schnell. Den Kristallen blieb keine Zeit, auszukristallisieren, stattdessen entstand eine amorphe, glasartige Massen. Moldavit-Imitationen enthalten zwar ebenfalls Einschlüsse von Bläschen, diese sind jedoch deutlich runder.

Ein weiteres Indiz neben der Gleichartigkeit der Beschaffenheit mehrerer Moldavite ist die Größe. Natürlicher Moldavit ist nur selten groß. Üblich sind Steine in der Größe eines Bonbons oder kleinen Kieselsteins. Wenn Moldavite handtellergroß sind oder mehrere 100 Gramm auf die Waage bringen, liegt höchstwahrscheinlich ein Betrug vor.

Die Oberfläche von Moldaviten sollte ebenso genauer unter die Lupe genommen werden. Die Oberfläche von ungeschliffenem Moldavit ist stumpf, wirkt wie angefrostet und nicht selten zeigen sich Verwitterungskrusten. Moldavit-Imitationen aus Glas sind oftmals hochglänzend, wie poliert. Zunehmend gelangen aber auch immer mehr Imitationen in den Handel, deren Oberfläche zugunsten einer möglichst realistischen Optik mit Flusssäure angeätzt wird.

In letzter Zeit werden des weiteren Moldavite mit dem Namen Afrikanischer Moldavit verkauft. Auch wenn es sich hierbei um ein Gesteinsglas handelt, ist es kein geographisch echter Moldavit, insofern der Name Moldavit lediglich grünen Gesteinsgläsern vorbehalten ist, die in Böhmen entlang der Moldau gefunden werden.


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Quellen:
⇒ Mayer, J. (1788): Ueber die Böhmischen Gallmeyarten, die grüne Erde der Mineralogen, die Chrysolithen von Thein, und die Steinart von Kuchel. IN: Abhandlungen der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaft
⇒ Zippe, F. X. M. (1831): Plutonisch trachytische Formationen. IN: Übersicht der Gebirgsformationen in Böhmen
⇒ Zippe, F. X. M. (1841): Über die unter dem Namen Bouteillenstein, Moldawit, auch Wasser-Chrysolith bekannte Varietät des Obsidians. IN: Neues Jahrbuch für Mineralogie,Geognosie, Geologie und Petrefakten-Kunde, herausgegeben von Dr. K. C. von Leonhardt und Dr. H. G. Bronn
⇒ Woldrich, J. N. (1888): Ueber Moldavite von Radomilic in Böhmen. IN: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt 1888
⇒ Leonhard, G. (1860): Moldavit. IN: Grundzüge der Mineralogie
⇒ Glocker, E. F. (1839): Grundriss der Mineralogie. Mit Einschluss der Geognosie und Petrefactenkunde
⇒ Doelter y Cisterich, C. A. (1893): Moldawit, Pseudochrysolith. IN: Edelsteinkunde. Bestimmung und Unterscheidung der Edelsteine und Schmucksteine. Die künstliche Darstellung der Edelsteine
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH*
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
Hyršl, J. (2015): Moldavites: Natural or Fake? IN: Gems & Gemology, Spring 2015, Vol. 51, No. 1

Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2023



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