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Diana Maria Mine – Die Fluorite aus Weardale



In der Mineralogie ist Fluorit als ein häufig vorkommendes Mineral bekannt, das in vielen Ländern rund um den Globus abgebaut wird, wobei China, Mexiko, Südafrika und Namibia zu den Hauptabbauländern zählen. Das Mineral wird unter anderem in der Metallverhüttung verwendet, kommt aber auch als Rohstoff in der Porzellan- bzw. Keramikindustrie zum Einsatz. Für Mineraliensammelnde ist Fluorit aber aus anderen Gründen interessant: die Vielfalt an Farben und perfekte Würfelkristalle. Ein Vorkommen, das seinesgleichen sucht, existiert in der Diana Maria Mine in Stanhope im Norden Englands.



Der Fluorit von Weardale

Der mineralische Reichtum von Stanhope, einer Ortschaft im Weardale-Tal in der nordenglischen Grafschaft Durham, ist schon lange kein Geheimnis.
Schon im 12. Jahrhundert wurde in den Steinbrüchen der Umgebung gearbeitet; ursprünglich konzentrierte sich der Abbau auf Kalkstein, man versprach sich aber auch Erfolge in der Suche nach Blei und Eisen. Die Ausbeute der Erze entsprach allerdings nicht den Erwartungen. Stattdessen wurde ein anderes interessantes Mineral gefunden: Fluorit, das in historischen Mineralogiebüchern auch unter dem Eintrag Flussspat zu finden ist, und sich seit der Entdeckung einen Namen als Flussmittel in der Verarbeitung von Metallen gemacht hatte.

Für die Mineralogie war der Fluorit jedoch aus anderen Gründen spannend: die Vielfalt an Farben und perfekt ausgebildete Kristalle, die teilweise in sehr großen Stufen zutage gefördert wurden.
So schwärmte 1862 beispielsweise auch der Mineralogie Gustav Adolf Kenngott (1818 bis 1897) von den „Hexaedern des Fluorits von Weardale“, den „Durchdringungszwillingen“ und der „Verschiedenheit der Färbung“ und der optischen Besonderheit, dass die Fluorite „beim durchfallenden Lichte grün, bei auffallendem Lichte blau“ sind (Kenngott, 1882). Der Geologe und Mineraloge Ferdinand Senft (1808 bis 1893) erinnert 1868 sich an seinen britischen Kollegen William Phillips: er „fand in Flusspathkristallen von den Weardale-Gruben in Durham Wassertropfen“. Ähnliches berichtete 2018 der Gemmologe John I. Koivula (*1949), der mit bloßen Auge erkennbare Blasen im Fluorit beschrieb, die wiederum Einschlüsse von Flüssigkeiten enthielten und die sich bewegen ließen.

Der Begeisterung der Flurorite aus Standhope schlossen sich noch weitere Mineralogen an. Alexander Falster und William Simmons hoben 2001 die Region als „a wealth of excellent fluorite specimens“ - ein Reichtum an exzellenten Fluoritproben hervor.

Kurzum: der Fluoritvorkommen von Weardale prägten die Vergangenheit rund um die Ortschaften Stanhope und Frosterley. Die Einwohner verdienten sich schon früh mit dem Verkauf der Kristalle an Museen und Wissenschaftler ein Zubrot. In der Zeitschrift The Mineral Collector wurde 1896 beispielsweise eine Stufe mit dunkelgrünem Fluorit für 3,50 US-Dollar angeboten. Parallel dazu wurde 1882 mit dem kommerziellen Abbau des Fluorits über die Wardale Lead Company begonnen, bis dieser in den 1980er Jahren eingestellt wurde (The Lindsay Greenbank Collection, 2013).


Die Diana Maria Mine

Wo heute nach Fluorit gesucht wird, wurde in längst vergangenen Tagen Kalkstein abgebaut. Der hiesige Fluorit ist vielmehr ein `Nebenprodukt`, dank dem die Mine über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden war.

Doch was die Diana Maria Mine zu etwas Einzigartigem und Besonderem macht, ist die Tatsache, dass die Fluorite nicht aus wirtschaftlichen Interessen abgebaut werden, sondern vorrangig für Mineraliensammelnde und Museen, genau wie Steine facettiert als Schmuck angeboten werden.

Den Namen Diana Maria Mine trägt die Fluorit-Mine seit dem Jahr 2017; Namenspate ist die Besitzerin der Mine: Diana Maria Bruce.
Trotzdem ist die Mine keine Unbekannte. Als der Kalksteinbruch noch aktiv war, wurde 1972 per Zufall Fluorit entdeckt. Zwei Namen, die mit der Geschichte der Mine und dem Fluorit im Zusammenhang stehen, sind Lindsay Greenbank und Michael Sutcliffe, die in 1970er Jahren für die Cumbria Mining and Mineral Company tätig waren (Fisher und Greenbank, 2010). Im Rahmen der Untersuchung des Steinbruchs wurden sie auf Störungen im Gestein und darin enthaltenen Mineralvorkommen aufmerksam: Fluorit, Aragonit, Malachit, Galenit, Gips, Cerussit, Siderit, Dolomit, Chalkopyrit, Calcit, Pyrit, Spalerit/Zinkblende, Goethit und Greeenockit.


Der Diana Maria Mine-Fluorit

Fluorit ist das Mineral, das allen anderen Mineralien voran zur Bekanntheit der Mine führte.
Es sind vor allem die vielen verschiedenen Farben und Kristalle, weswegen der Diana Maria Mine-Fluorit weltweit geschätzt wird.

Die Kristalle kommen in klaren, reinen Farben vor: grün wie Smaragd oder Dioptas, hellbraun wie Bernstein, tiefblau wie Azurit, violett wie Amethyst, blaugrün, gelb wie Citrin, grünbraun, farblos, mehrfarbig zoniert und verschieden Farben in einer Stufe.
Der Grund für die unterschiedlichen und brillant strahlenden Farben der Diana Maria Mine-Fluorite sind die farbgebenden Elemente. Neben Fehlern im Kristallgitterbau konnte Fisher 2002 Seltene Erden, namentlich Yttrium, Cer, Lanthan, Samarium und Neodym, ursächlich für die Entstehung der Farben der Diana Maria Mine-Fluorite identifizieren.

Zudem ist bei den Fluoriten der Diana Maria Mine eine weitere Eigenschaft besonders ausgeprägt, die laut Koivula einzigartig ist: die Tageslichtfluoreszenz. Dass Fluorit unter UV-Licht eine andere Farbe als im Tageslicht aufweist, weiß man schon lange. Dieses optische Phänomen wurde erstmals bei Fluorit beobachtet und 1824 von Friedrich Mohs (1773 bis 1839) Fluoreszenz genannt. Die Tageslichtfluoreszenz äußert sich dagegen so, dass Fluorit im Tageslicht in einem intensiven Blau erscheint, während dasselbe Mineral unter Kunstlicht grün ist.

Eine weitere Eigenschaft, weswegen der Diana Maria Mine-Fluorit in Sammlungen geschätzt wird, ist die Ausprägung der Kristalle. Perfekte Würfel, die für Fluorit typisch sind, oder Kristalle, die zu Zwillingen miteinander verwachsen sind. Teilweise messen einzelne Würfel bis zu 8 cm Kantenlänge, sodass selbst geschliffene Fluoritkristalle im zweistelligen Karatbereich liegen. Nicht selten werden spektakuläre Fluoritstufen deshalb für mehrere Hunderte von Euro angeboten.

Dass die Fluorite der Diana Maria Mine in Vollendung kristallisieren konnten, ist den optimalen Bedingungen ihrer Entstehung vor Ort zu verdanken; im Konkreten einem Vorgang, der in der Geologie als Metasomatose bezeichnet wird.
Jahrmillionen zuvor, als an Fluorit in Weardale noch nicht zu denken war, kam es im heutigen Durham zu großräumigen Verschiebungen der Erdkruste, die sich als vertikal gelegene, von Osten nach Westen streichende Bruchzonen im Kalkstein ähnlich wie Gängen oder Schleusen zeigten. In diesen Schwachstellen im Gestein konnten heiße Fluide, die mit Gasen und gelösten Mineralien angereichert waren, aus den tieferen Schichten der Erde bis zu einem gewissen Punkt aufsteigen. Direkt unter dem Kalkstein befindet sich auch heute noch ein Bereich, der aus sogenanntem Weardale-Granit besteht und welcher in der geologischen Vergangenheit als Quelle der aufsteigenden hydrothermalen Lösungen betrachtet wird. Der Kontakt jener Lösungen mit dem Kalkstein blieb nicht ohne Reaktion. Das in den Fluiden enthaltene Fluor führte zur partiellen Auflösung und Veränderung der bestehenden Mineralzusammensetzung des Kalksteins (sog. Metasomatose), in welchem dadurch Hohlräumen entstanden. Hohlräume, in denen sich die Lösungen konzentriert anreicherten und ausreichend Zeit und Raum hatten, auszukristallisieren.

Tatsächlich sind es auch diese Hohlräume – neben den Gängen, die für die Suchenden der Diana Maria Mine interessant sind. Im Englischen werden selbige Pockets genannt – Taschen, gefüllt mit Kristallen. Mehr als 20 Pockets sind mittlerweile bekannt. Deren Namen spielen sowohl auf die Farben als die Mineralien an; bspw. Emerald Peak Pocket/Smaragdgipfeltasche, Green Hill Pocket/Grüner Hügel-Tasche, Milky Way Pocket/Milchstraßentasche, Queen of Green Pocket/Königin des Grüns-Tasche, Galena Pocket/Bleiglanz-Tasche, Snowstorm Pocket/SChneesturm-Tasche, Purple Haze Pocket/Lila Nebeltasche, November Gem Pocket/November Edelsteintasche, Green Sugar Pocket/Grüner Zuckertasche, Heavy Metal Pocket/Schwermetalltasche oder Truffle Pig Pocket/Trüffelschweintasche.


Auch interessant:

Quellen:
⇒ Kenngott, G. A. (1862): Einfache Minerale. IN: Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1844-1865
⇒ Senft, F. (1868): Bildungsquellen und Associationen des Fluorites. IN: Die krystallinischen Felsgemengtheile nach ihren mineralischen Eigenschaften, chemischen Bestandtheilen, Abarten, Umwandlungen, Associationen und Felsbildungsweisen. Für Mineralogen, Geognosten und Bergleute
⇒ Kenngott, G. A. (1882): Fluorverbindungen. IN: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie
⇒ The Mineral Collector (1896): Minerals
⇒ Smith, F. W. (1974): Factors governing the development of uorspar orebodies in the North Pennine orefield., Durham theses, Durham University
⇒ Falster, A. U. und Simmons, W. B. (2001):
REE-content and Fluorescence in Fluorite from the Rogerley Mine, Weardale, County Durham, England. IN: Rocks & Minerals
⇒ Fisher, J. (2002): Green fluorite from the Rogerley mine, England. IN: Gems & Gemology, Spring 2002
⇒ Fisher, J. und Greenbanks, L. (2010): The Rogerley Mine, Weardale, County Durham, England. IN: Rocks & Minerals
⇒ The Lindsay Greenbank Collection (2013): Classic Minerals of Northern England
⇒ Koivula, J. I. (2018): Quarterly Crystal: Bubble in Fluorite. IN: Gems & Gemology, Winter 2018
https://ukminingventure.com - Diana Maria Mine
www.mindat.org - Diana Maria Mine, Rogerley Quarry, Stanhope, County Durham, England, UK
Letzte Aktualisierung: 23. Februar 2024



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