Granat: das Mineral, das viele typischerweise als rotes Mineral kennen. Dabei kann Granat auch in anderen Farben vorkommen, wie in einem frischen, intensiven Grün. Diese Varietät, die seit den 1970er Jahren unter dem Namen Tsavorit bekannt ist, zählt heute zu den seltensten und wertvollsten Edelsteinen der Welt.
Hinter dem Namen Granat verbirgt sich in der Mineralogie kein einzelnes Mineral, sondern eine ganze Gruppe von Mineralien mit gleicher chemischer Grundstruktur und dem typischen Kristallhabitus der sogenannten Granatstruktur.
Die wohl bekanntesten Granatvertreter sind Almandin und Pyrop, die in unterschiedlichen Rotnuancen auftreten und mal dunkler, mal heller, teils mit einem Stich ins Bläuliche, Schwarze oder Bräunliche gehend vorkommen.
Doch Granate sind weitaus mehr als nur rote Mineralien: Hessonit leuchtet orange, der Merelani Mint Granat in zartem Mintgrün, Rhodolith erinnert mit seinem kräftigen Ton an Himbeeren, während Umbalith eine violettstichige Nuance aufweist. Es gibt zudem farblose Formen wie Leukogrossular oder gelbgrüne Varianten wie den wortwörtlich „stachelbeerfarbenen“ Grossular – oder smaragdgrün wie die Grossular-Varietät Tsavorit.
Die Entdeckung von Tsavorit wird auf das Jahr 1967 datiert. Der schottische Gemmologe Campell R. Bridges (1937–2009) stieß im Simanjiro-Distrikt nahe Lemshuko in Tansania zufällig auf ein Vorkommen von durchsichtigen, intensiv grünen Kristallen. Bridges vermutete, dass es sich um einen Teil einer noch größeren Lagerstätte handelte. Die Regierung Tansanias verweigerte ihm jedoch die Schürfrechte, sodass er seine geologischen Untersuchungen in das benachbarte Kenia verlagerte.
1971 entdeckte Bridges tatsächlich eine bedeutende Lagerstätte. Neben Tsavorit traten auch andere farbige Edelsteine wie Zoisit und grüner Turmalin auf, die sich als abbauwürdig erwiesen und sich für die Schmuckherstellung eigneten.
Kurze Zeit später wurde Tsavorit international bekannt: 1974 stellte der New Yorker Luxusjuwelier Tiffany & Co. unter der Leitung von Henry Platt (1924–2015) den neuen Edelstein mit dem Namen Tsavorit in einer weltweiten Marketingkampagne vor. Benannt wurde das Mineral nach dem Fundort, der im namensgebenden Tsavo-East-Nationalpark in Kenia liegt.
Tsavorit gehört zu den seltensten Edelsteinen der Welt, denn die Entstehung erforderte eine außergewöhnliche Kombination geologischer Faktoren. In einer Gegend, die von weitläufigen Gras- und Buschsavannen sowie Wüsten geprägt ist, wo Elefanten, Giraffen, Löwen, Antilopen und Nashörner unterwegs sind, entstand vor 2 Milliarden Jahren Tsavorit.
Tsavorit entsteht tief in der Erdkruste, wo Gesteine unter hohen Druck- und Temperaturverhältnissen während der proterozoischen Gebirgsbildung vor 1,8 bis 2 Mrd. Jahren umgewandelt wurden. Dabei entstanden feldspatreiche Schiefer und graphitische Gneise, die in Kontakt mit karbonathaltigen Schichten traten. Ideale Voraussetzungen für die Entstehung von Granat – und wenn dabei Vanadium und/oder Chrom in das Kristallgitter eingelagert werden, nimmt der Grossular-Granat die charakteristische, intensive grüne Farbe des Tsavorits an.
Die Kristallisation erfolgte im Zuge der Amphibolit- bis Granulitfazies, bei Temperaturen um 700–800 °C und Drücken von 9–11 kbar in 30 bis 40 Kilometer Tiefe. In dieser Umgebung reagierten vor Jahrmillionen silikatische und karbonatische Gesteine miteinander. Aluminium aus den Schiefern verbindet sich mit Calcium aus den karbonatischen Lagen – die chemischen Bausteine von Grossular-Granat.
Schon bald nach der Entdeckung kristallisierte sich Tsavorit als smaragdfarbene Alternative in der Edelsteinbranche heraus. Die Farbpalette reicht von hellem Grasgrün bis zu einem satten, smaragdähnlichen Dunkelgrün. Anders als Smaragde sind Tsavorite oft sehr klar und enthalten nur wenige Einschlüsse, was die Bearbeitung, insbesondere das Facettieren, erleichtert und mit wenig Materialverlust einhergeht.
Dank der besonderen Qualität in puncto Farbe und Reinheit kommen Tsavorite so in den Handel, wie die Natur die grünen Kristalle hervorgebracht hat; nachträgliche Schönheitsbehandlungen werden nicht vorgenommen.
Die Farbtiefe und andersfarbige Obertöne geben Hinweise auf die Chromophoren, die farbgebenden Atome. Ein hoher Anteil an Vanadium führt zu einem typischen, leicht gelbstichigen Tsavorit-Grün. Überwiegt dagegen Chrom, zeigt sich ein intensives Grün mit einem Hauch von Blau, das dem idealtypischen Smaragdgrün sehr nahekommt. Entscheidend ist aber auch der niedrige Eisengehalt: Schon geringe Mengen Eisen würden den Farbton ins Gelbliche oder Bräunliche verschieben und die Brillanz mindern. Erst das Zusammenspiel aus Vanadium, Chrom und nahezu fehlendem Eisen verleiht dem Tsavorit sein unverwechselbares, leuchtendes Grün.
Die bedeutendsten Fundstellen liegen in Kenia und Tansania. Kleinere Funde gibt es auch in Madagaskar, Pakistan und in der Antarktis, doch insgesamt sind Vorkommen rund um den Globus stark begrenzt. Große Tsavorite über 5 Karat sind äußerst selten, und Steine über 10 Karat gelten als echte Raritäten – wie zum Beispiel der größte jemals gefundene Tsavorit, der 925 Karat auf die Waage brachte.
Der Wert hängt – wie bei allen Farbedelsteinen – vom Zusammenspiel von Farbe, Reinheit und Größe ab. Kleine Steine in der Größenordnung unter 1 Karat beginnen im Bereich von 200 bis 400 Euro pro Karat. Bei besonders intensiven Grüntönen und Lupenreinheit können die Preise jedoch auf bis zu 2000 Euro pro Karat steigen.
Spitzenexemplare mit einem Gewicht von mehr als 5 Karat, exzellenter Farbe und Reinheit erreichen 5000 bis 10.000 Euro pro Karat. Beträgt das Gewicht mehr als 10 Karat, erzielen überdurchschnittlich qualitative Tsavorite auf Auktionen Summen, die mit Smaragden vergleichbar sind oder diese sogar übertreffen.
Auch interessant:
Quellen: