Anatas
Anatas - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung
englisch: anatase | französisch: anatase
Anatas - Ein Titandioxid-Mineral
Die Ersterwähnung des Minerals Anatas stammt aus der Feder von Jean-Baptiste Rome de L´Isle (1736 bis 1790). 1783 beschreibt der Mineraloge einen indigoblauen Schörl, dessen Kristalle einem länglichen und abgeflachten Oktaeder gleichen („Schorl d´une couleur bleue indigo“, „octaèdre cunéiforme alongé & applati“).
Jenem indigofarbenen Schörl, der in St. Christophe-en-Oisans/Frankreich entdeckt wurde, nahm sich 1801 der Mineraloge René-Just Haüy (1743 bis 1822) an und gab dem bis dato namenlosen Mineral den Namen Anatas. Bei der Wahl des Namens bezog sich Haüy auf den Habitus der Kristalle: „étendu en hauteur“, was aus dem Griechischen mit Ausdehnung übersetzt wird und auf die langgestreckten, doppelpyramidalen Kristalle anspielt, oder mit den Worten von Franz Ambrosius Reuss (1761 bis 1830): Anatas, weil „die Pyramiden dieses Minerals viel spitzwinklicher, als bei jedem andern, auf dieselbe krystallisirten Fossils sind“.
Eigenschaften von Anatas
Anatas ist ein Oxidmineral mit der chemischen Zusammensetzung TiO2 (Titandioxid) und ist damit chemisch mit Brookit und Rutil verwandt.
Die Farbe von Anatas in der Reinform ist farblos; Verunreinigungen mit fremden Atomen im Kristallgitter sind die Ursache für die hellgelbe, rotbraune, blaue und schwarzgraue Farbe von Anatas. Etwas detaillierter fällt die Beschreibung der Farbe bei dem Mineralogen Carl Hartmann (1796 bis 1863) aus, demnach Anatas "dunkel himmelblau, indigoblau bis fast eisenschwarz, grünlichgrau, gelblichgrau, honiggelb, hyazinthroth und nelkenbraun" sein kann.
Die Strichfarbe von Anatas ist weiß.
Anatas kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem. Die Kristalle weisen die Form von Pyramiden, auch dipyramidal, auf oder sind tafelig. Reuss beschrieb die Kristalle als "sehr spitzwinkliche, doppelt vierseitige Pyramiden" - ergo Kristalle, die der geometrischen Form des Oktaeders gleichen; daher auch das Synonym Oktaedrit.
Anatas ist von durchsichtiger bis durchscheinender Transparenz, der Glanz ist metallisch bis diamanten. Der Bruch ist spröde und halbmuschelig, die Spaltbarkeit ist vollkommen.
Die Mohshärte von Anatas beträgt 5,5 bis 6 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) bei einer Dichte von 3,8 bis 3,97 g/cm³.
Entstehung und Verbreitung von Anatas
Anatas kann sowohl magmatischen als auch metamorphen Ursprungs sein, entsteht aber vor allem als Sekundärmineral aus der hydrothermalen Alteration titanhaltiger Gesteine oder Minerale hervor.
Als Nebengemengteil ist Anatas in zahlreichen Gesteinen wie Glimmerschiefer, Gneis, Diorit oder Granit vorhanden.
Die Vorkommen von Anatas sind unter anderem mit Bergkristall, Ilmenit, Nevadait, Adular, Rutil, Chlorit, Dravit/Turmalin, Hämatit und Epidot vergesellschaftet.
Anatas ist weltweit großräumig verbreitet.
Nennenswerte Vorkommen von Anatas befinden sich bspw. in Grönland; Skandinavien; Schottland; England; Wales; Frankreich; Halle, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Sauerland, Düren, Kelberg, Odenwald, Haslach und Oberwolfach/Deutschland; Wallis, Tiefenbach, Bern, Graubünden/Schweiz; Zamser Grund, Saalfelden, Hohe Tauern, Klagenfurt, Leoben, Koralpe, Fischbacher Alpen, Weiz, Industrieviertel/Österreich; Spanien; Italien; Tschechien; Slowakei; Ungarn; Rumänien; Ukraine; Bulgarien; Kongo; Namibia; Mozambique; Indien; China; Kambodscha; Japan; Australien; Neuseeland; Argentinien; Chile, Brasilien; Bolivien; USA und Kanada.
Bedeutung und Verwendung von Anatas
Neben der Nutzung als weißes Pigment in Farben und Lacken ist Anatas auch als Schmuckstein von Bedeutung, auch wenn die Verarbeitung aufgrund des mineraleigenen spröden und splitternden Charakters mitunter schwierig ist.
Nachweis von Anatas
Anatas ist nicht in Säuren löslich.
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Quellen:
- Rome de L´Isle (1783): Schorls. IN: Cristallographie, Ou Description Des Formes Properes a Tous Les Corps Du Regne Mineral, Dans L'etat de Combinason Saline, Pierreuse Ou Metallique
- Haüy, R. J. (1801): Anatase. IN: Traité de minéralogie. Tome Quatrieme
- Vauquelin, L. N. (1802): Ueber Oisanit oder Anatase. IN: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen
- Reuss, F. A. (1803): Anatase. IN: Lehrbuch der Mineralogie
- Hartmann, C. F. A. (1835): Anatas. IN: Lehrbuch der Mineralogie und Geologie
- Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
- Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
- Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
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