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Engel und Bergmann



Wenn zur Adventszeit in den Fenstern des Erzgebirges die geschnitzten Figuren von Bergmann und Engel leuchten, ist das weit mehr als Dekoration. Das Paar erzählt von der Geschichte der Region, von harter Arbeit, religiöser Hoffnung und der Sehnsucht nach Licht.



Das Erzgebirge blickt auf eine lange montangeologische Vergangenheit zurück. Hand in Hand geht aber auch das Kunsthandwerk mit dem Bergbau einher. Als im späten 18. Jahrhundert die Erzvorkommen vielerorts erschöpft waren, sattelten viele einstige Kumpel auf die kunstvolle Holzverarbeitung über. Deshalb verwundert es auch nicht, dass in Schwibbögen und Pyramiden bergbauliche Motive aufgegriffen werden, genau wie die Lichterfiguren Bergmann und Engel, die zur Weihnachtszeit in vielen Fenstern aufgestellt werden, mit dem Bergbau des Erzgebirges verwurzelt sind.


Bergbau triff Holzkunst

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit werden sie aufgestellt: Engel und Bergmann. Zwei hölzerne Figuren, die vor Jahrhunderten im Erzgebirge „geboren“ wurden. Die ersten Bergmänner und Engel entstanden etwa im 17. Jahrhundert, als sich die Blütezeit des Erzbergbaus an einigen Standorten im Erzgebirge dem Ende entgegen neigte. Notgedrungen mussten sich viele Bergleute nach anderen Erwerbsquellen umsehen, die schließlich in der Entstehung der erzgebirgischen Holzkunst mündete.


Die Bedeutung von Engel und Bergmann

Das Paar Engel und Bergmann vereint zwei Welten: Während der Bergmann für die arbeitende, männliche Welt steht, symbolisiert der Engel die himmlische, geistliche und weibliche Welt. Das Leben der unter Tage arbeitenden Bergleute war und ist eine körperlich anstrengende Tätigkeit.
Der Arbeitsalltag spielt(e) sich im Dunkel der Gruben ab, ist immer mit möglichen Gefahren und dem Ende des lohnbringenden Abbaus verbunden. Der Engel hingegen bringt Licht und Geborgenheit, Hoffnung und Zuversicht. Als Paar verkörpern Engel und Bergmann Arbeit und Glaube, Diesseits und Jenseits, Mensch und Gott sowie Licht und Dunkel.

In der Vergangenheit war der christlich-religiöse Bezug im Bergbau stark verankert. Bei der Suche nach Erzen und anderen Mineralien wurde auf den göttlichen Schutz vertraut. Der Engel wurde dabei als himmlischer Begleiter verstanden, der die Bergleute beschützt.


Gestaltung von Engel und Bergmann

Noch vor mehr als 300 Jahren wurde der Bergmann in schlichter, bergmännischer Tracht mit Schachthut dargestellt. Bei einigen Modellen verfügte der Bergmann zusätzlich über seine wichtigsten Werkzeuge: die Hacke sowie Schlägel und Eisen. Manchmal hält der Bergmann auch die Grubenlampe in der Hand. Der Engel wurde in den Anfangsjahren ebenfalls einfach und mit ausgestreckten Flügeln gehalten. Typisch für beide Figuren sind außerdem sind Kerzen oder Kerzenhalter in den Händen, die an das ewige Licht Christi erinnern. Als Ausdruck der Frömmigkeit sind die Gesichter des Paares vergleichsweise emotionslos gestaltet.

Traditionellerweise wurden und werden Engel und Bergmann aus Fichten- oder Lindenholz geschnitzt.

Im 18. und 19. Jahrhundert änderte sich das Design des Paares. Die Figuren wurden größer und detailreicher verziert. Der Bergmann wurde nun mit vollständiger Uniform, also in schwarzer Berghabit, mit weißen Hosen, grünem oder schwarzem Schachthut, auf dem Hammer und Schlägel „gestickt“ wurden, sowie zwei Lichterhaltern in den Händen dargestellt.
Der Engel trägt seitdem ein weißes oder goldenes Gewand, teilweise mit roter, grüner oder weißer Schürze. Die Kopfbedeckung ist auch hier ein Schachthut in Rot, Grün oder Gold, genau wie eine goldene Krone möglich ist. Die Flügel sind weiß, gold, grün oder rot. Auch der Gesichtsausdruck änderte sich: beide lächeln leicht.


Zu Hause in Kirchen und im eigenen Heim

Die Darstellung von Bergleuten und Engeln wird immer wieder in einigen Kirchen des Erzgebirges aufgegriffen. So gibt es beispielsweise in Annaberg-Buchholz, Schneeberg und Marienberg Altäre und Fensterbilder, die Bergleute bei der Arbeit zeigen, die währenddessen von Engeln beschützt werden.

Deshalb war es eine Frage der Zeit, bis Engel und Bergmann im Laue der Zeit auch in den Häusern und Wohnungen der Bergleute Einzug fanden. Der heimische Altarersatz, der Licht und Glauben in die Dunkelheit brachte.

Teilweise werden die Figuren im Erzgebirge heutzutage noch zur Geburt oder Taufe verschenkt und mit viel Glück kann man anhand der Anzahl an Bergmännern und Engeln im Fenster ablesen, wie viele Frauen und Männern hinter diesen leben.


Der Annaberger Bergaltar

Im Jahr 1499 wurde in der sächsischen Kleinstadt Annaberg die St. Annenkirche errichtet. Die Kirche verfügt über mehrere Altäre, die von der Geschichte der Stadt Annaberg erzählen. So geht der Bäckeraltar auf die Bedeutung des Backhandwerks ein, der Münzeraltar würdigt die Münzer und der Bergaltar greift die bergbauliche Vergangenheit von Annaberg-Buchholz auf. Gestiftet wurde der 1521 geweihte Altar von der hiesigen Bergknappschaft; daher auch der Name Berg- und Knappschaftsaltar.

Der Bergaltar von Annaberg verbindet künstlerisch wortwörtlich auf der einen Seite religiöse Motive mit der technischen und geschichtlichen Wirklichkeit der Erzgebirgsregion.

Denn tatsächlich ist die Gestaltung des Bergaltars etwas Besonderes. Auf der Vorderseite des Altars wird die Namenspatin der Kirche – die Heilige Anna – in den Mittelpunkt gestellt. Ihre Darstellungen zusammen mit ihrer Tochter Maria und dem Enkel Jesu in verschiedenen Situationen der Bibelgeschichte stehen für die Fürsorge, den Schutz und die familiäre Geborgenheit. Attribute, die so auch von den Bergleuten wahrgenommen wurden, weshalb die Heilige Anna oft als stille Schutzpatronin der Bergleute verstanden wurde, während die Heilige Barbara als die unmittelbare Schutzpatronin aller Kumpel gilt und galt, die im Annaberger Bergaltar ebenfalls präsent ist.

Der Heiligen Anna zur Seite gestellt ist laut dem Kunsthistoriker Richard Steche (1873 bis 1893) der Heilige Joachim, Magdalena, Johannes und Christopherus sowie der Heilige Wolfgang, der seit dem Mittelalter als Patron der Holzarbeiter, Steinbrecher und damit indirekt auch Bergleute verehrt wurde. In der Bergbauregionen galt er als himmlischer Helfer in technischen Fragen, wie etwa beim Bau von unterirdischen Stollen, Schächten, Gräben und Holzkonstruktionen wurde der Heilige Wolfgang angebetet, um die Werkzeuge zu segnen, Unfälle zu verhindern und die schwere körperliche Arbeit unter den Schutz Gottes zu stellen.
Steche zufolge sind alle Reliefs geschnitzt, "polychrom und theilweise vergoldet". Jene "vortreffliche Leistung der Früh-Renaissance" schreibt er dem Maler und Grafiker Matthias Grünewald (1480 bis 1529) oder "gewiss einem in dessen Schule gebildeten Meister" zu.

Geht man nun einmal um den Altar herum, zeigt sich vier Einzeltafeln das großartige Werk des Malers Hans Hesse, der im frühen 16. Jahrhundert lebte. Zwischen 1520 und 1522 schuf Hesse auf der Rückseite des Altars eine seinerzeit zeitgenössische Szenerie, die detailliert die Förderung, Aufbereitung und Verhüttung von Erzen sowie deren Weiterverarbeitung zu Münzen zeigt, oder wie Steche schreibt: "Ausfindigmachen der Gruben, Stollentreiben, Gewinnen und zu Tage Fördern, Stürzen, Ausschlagen, Waschen, Schmelzen und Prägen des Silbererzes", bei dem Männer wie Frauen tätig waren.
Auf dem größten der vier Bilder wird zudem die Legende von der Entstehung der Stadt Annaberg porträtiert, wonach die Geschichte mit einem Engel beginnt, der einem Bergknappen im Traum einst den Weg zum großen Silberschatz unter einer alten, mächtigen Eiche zeigte und sich so der Kreis von Engel und Bergmann schließt.


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Quellen:


Letzte Aktualisierung: 20.11.2025



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