Der Brauch, jedem Monat im Jahr einen bestimmten Edelstein zuzuordnen, steht für eine alte Tradition. Seit Jahrhunderten werden Mineralien als Glücksbringer getragen oder wundersame Kräfte zugeschrieben. Bei der Festlegung der Monatssteine, die 1912 von den Juwelieren von Amerika ausgewählt wurden und auch heute noch international gültig sind, konzentrierte sich die Jury auf Steine, die seit vielen Jahren, wenn nicht sogar seit Jahrtausenden, in der Schmuckbranche eine bedeutende Rolle spielen, wie Citrin und Topas.
Die Monatssteine, auch Geburtssteine genannt, sind nicht nur denjenigen als Glücksstein oder Talisman vorbehalten, die im November ihren Geburtstag feiern. Vielmehr war es das Anliegen der Juweliere von Amerika, Citrin und Topas in der Rolle als Schmuckstein einen Monat lang besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Angesichts der weltweit über 5.300 registrierten Mineralien fiel die Auswahl sicherlich schwer.
Dass Citrin und Topas in der Menschheitsgeschichte schon lange von tragender Bedeutung sind, wird bei einem Blick in die Vergangenheit deutlich.
Topas zählt zu den Edelsteinen, die schon in der Bibel erwähnt werden. In der Beschreibung des Brustschurzes des Hohepriesters Aaron wird Topas konkret unter zwölf Steinen erwähnt. Alle im Exodus 28: 17 bis 21 aufgeführten Steine stehen symbolisch für die zwölf Stämme des damaligen Israels.
Weniger eindeutig ist dahingegen der etymologische Ursprung des Namens Topas. Topas kann sowohl aus dem Arabischen mit der „endlich Gefundene“ übersetzt werden, kann aber auch dem Sanskrit entnommen wurden sein und für „Feuer“ stehen.
Etwas einfacher ist Herleitung von Citrin. Wie man aufgrund des Namens schon vermuten kann, ist die zitronengelbe Farbe namensgebend für die gelbe Quarzvarietät. Was heutzutage unmissverständlich gilt, sorgte in der Frühen Neuzeit dennoch für Verwirrung.
Der flämische Gelehrte Anselmus de Boodt (1550 bis 1623) schrieb 1609 in seinem Werk "Gemmarum et Lapidum: Historia", dass der Begriff Citrin für alle Edelsteine von zitronengelber Farbe steht, ohne dass genauer zwischen verschiedenen Mineralien unterschieden wurde.
Die Frage, weshalb 1912 die Wahl auf Citrin und Topas als Monats- bzw. Geburtsstein für den November fiel, lässt sich nicht beantworten.
Möglicherweise ist es die Farbvielfalt von Topas und das sonnige Strahlen von Citrin, das im mitunter grauen, verregneten November für Aufmunterung sorgt.
Topas steht in der Mineralogie für ein aluminiumhaltiges Silikatmineral, das mit einer Mohshärte von 8 zurecht als Edelstein definiert wird.
1822 schuf der Mineraloge Friedrich Mohs (1773 bis 1839) eine Skala, nach welcher er die Mineralien in zehn verschiedene Härtegrade unterteilte – beginnend von sehr weich (Mohshärte 1, bspw. Talk) bis hin zum härtesten Mineral der Erde, dem Diamant mit einer Mohshärte 10. Der Begriff Edelsteinhärte steht deshalb in sehr engem Zusammenhang mit der Mohs´schen Härte, insofern nur Mineralien mit einer Mohshärte höher als 7 das Prädikat Edelsteinhärte ausgestellt bekommen.
Citrin bewegt sich mit einer Mohshärte von 6,5 bis 7 genau an dieser Grenze und wird deshalb als Schmuckstein tituliert. Bis vor wenigen Jahren wurden alle Nicht-Edelsteine noch Halbedelstein genannt. Um aber das wertmindernde Image zu umgehen, hat sich nun der Begriff Schmuckstein eingebürgert.
Im Gegensatz zu Topas ist Citrin Vertreter einer Gruppe von Mineralien, deren gemeinsames Merkmal die gleiche chemische Zusammensetzung ist: die Quarzgruppe. Die einzelnen Quarzvarietäten werden sowohl in Hinblick auf die Farbe als auch die Ausprägung der Kristalle voneinander unterschieden, sodass der gelbe Citrin mit violettem Amethyst, rosafarbenem Rosenquarz, braun-goldenem Tigerauge oder in den Farben des Regenbogens schillerndem Opal verwandt ist.
Das Gelb von Citrin ist längst nicht nur gelb. Verschiedene Abstufungen der Helligkeit oder der Hauch eines andersfarbigen Untertons lassen Citrin hell- bis pastellgelb, goldgelb bis rötlich- und braungelb wirken und sind sichtbarer Ausdruck der farbgebenden Eisen(III)-Hydroxide. Im Handel wird der gelben Quarzvarietät mitunter mit Phantasienamen versehen, die sich direkt auf den konkreten Farbton beziehen wie Limonencitrin, Mandarincitrin, Madeira-Citrin, Brandy-Citrin oder Kanarien-Citrin.
Da die Farbe Gelb eine Gemeinsamkeit von Citrin und Topas ist, wurden Citrine in der Vergangenheit von findigen Geschäftsleuten mit Namen versehen, die auf einen scheinbar höheren Wert des Mineral schließen ließen. Bezeichnungen wie Böhmischer Topas oder Bahia-Topas sind keine Herkunftsbezeichnung, sondern irreführende Namen für Citrin aus Böhmen/Tschechien oder dem brasilianischen Bundesstaat Bahia.
Die Farbe Gelb findet sich neben weiß tatsächlich sehr häufig unter allen Topasfarben wieder. Topas in Grün, Braun, Rot, Violett, Rosa und Blau sind weitaus seltener und werden mitunter als Kiwi-Topas, Kirsch-Topas, Flamingo-Topas, Traubentopas, Dschungeltopas und Imperialtopas verkauft, deren Farbe ursächlich auf Chrom oder Eisen basiert oder mit Deformationen bzw. anderweitigen Störungen des Kristallgitters begründet wird.
Der Beliebtheit und Nachfrage von sonnengelbem Citrin und Topas in leuchtenden Farben steht die Seltenheit natürlicher Vorkommen gegenüber.
Citrine mit ausdrucksstarker, kräftiger Farbe sind eine Rarität, aber keine Unmöglichkeit.
Hinter dem Großteil aller Citrine steht das Mineral Amethyst und eine Methode der Farbveränderung, die als Brennen bezeichnet wird. Wird violetter Amethyst auf eine Temperatur von 470 °C erhitzt, kommt es in den Kristallen zu Oxidationsvorgängen des farbgebenden Eisens, die mit der Änderung der Farbe ins Gelbe einhergeht. Wird die Temperatur auf 550 °C erhöht, so erstrahlt das einst violette Mineral in einem intensiven Orangerot.
Eine Alternative, mit der Citrin aus anderen Quarzvarietäten gewonnen wird, setzt auf die Bestrahlung mit Radionukliden wie Uran und Thorium. Was zunächst gefährlich klingt, ist laut Bundesamt für Strahlenschutz für den Verbraucher nicht bedenklich, da bestrahlte Mineralien und Edelsteine erst nach einer ausreichenden Abklingzeit in den Handel gelangen dürfen.
Ähnlich verhält es sich mit den künstlich erzeugten Farben von Topas. Blautopas ist unter allen Topasfarben die seltenste und oftmals von einem sehr hellem Blau, das nicht dem Ideal entspricht, das man kennt.
Die ersten Blautopase, deren Farbe das Ergebnis einer nachträglichen Farbänderung waren, erschienen in den 1970er Jahren und hatten einen stolzen Preis. Heute wie damals wird Blautopas aus gelbem Topas gewonnen, der bei 500 °C gebrannt wird und nach Abschluss der Behandlung in Pink, Violett oder Goldgelb erscheint.
Blautopas ist das Resultat einer Bestrahlung mit Gamma- und Elektronenstrahlung, mit der gezielt bestimmte Blautöne produziert werden können, die als Sky Blue Topas (Himmelblauer Topas), Swiss Blue Topas (Schweizer Blautopas) und London Blue Topas (London Blautopas/petrolfarben) die Schmuckbranche eroberten.
Ganz anders verhält es sich mit dem metallisch changierendem Mystik-Topas: ein durchsichtiger, farbloser Kristall, der im Licht in Regenbogenfarben aufblitzt. Hier kommt das Verfahren oder Oberflächenbeschichtung namens PVD (Physical Vapour Deposition, physikalische Gasphasenabscheidung) zum Einsatz. Dazu werden geschliffene, weiße Topaskristalle mit einem titanhaltigen Nebel umhüllt, der nach einigen Stunden auf der Oberfläche des Steins kondensiert und eine hauchfeine Schicht bildet.
Farbige Edelsteine sind ein Klassiker in der Welt des Schmucks, die den Designern immer wieder neue Inspirationen für ihre Kreationen liefern. Dabei wird sowohl mit den Schliffen und Arrangement mit anderen Steinen als mit der Gestalt des Schmuck selbst gespielt.
Minimalistische Designs, bei denen nur der Stein der Akteur ist, sind ebenso zu sehen wie opulente Stile. Gestaltungselement aus historischen Epochen wie dem Art Deco oder Jugendstil mit angeschwärztem Silber werden aufgegriffen, aber auch Formen der Natur (Blätter, Bäume oder Himmelskörper) mit Topas und Citrin neu interpretiert.
Bei der Verarbeitung bzw. beim Schleifen sind Citrin und Topas dankbare Steine. Sie neigen nicht zum splittern und deshalb bestens für facettenreiche Schliffe wie Rundschliff, Ovalschliff, Marquiseschliff/Navetteschliff, Tropfenschliff oder Baguetteschliff geeignet.
Gleichermaßen unkompliziert ist die Reinigung von Citrin. Citrin mit Ausnahme von Madeira-Citrin und Mandarin-Citrin – können mit Dampf und im Ultraschallgerät gesäubert werden, sofern es mögliche Begleitsteine ebenfalls erlauben. Zur Entfernung kleinerer Verschmutzungen genügt auch ein weiches, angefeuchtetes Tuch.
Topas reagiert empfindlicher und sollte nur mit einem angefeuchtetem Tuch gesäubert werden, aber niemals mit Dampf oder Ultraschall in Kontakt kommen.
Auch interessant:
Quellen:
⇒ De Boodt, Anselmus (1609): Gemmarum et Lapidum Historia
⇒ Ludovici, C. G. (1768): Topas. IN: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns Lexicon, woraus sämmtliche Handlungen und Gewerbe, mit allen ihren Vortheilen, und der Art, sie zu treiben, erlernet werden können; Und worinnen alle Seehäfen, die vornehmsten Städte und Handelsplätze; alle Arten der rohen und verarbeiteten Waaren; die Künstler, Fabrikanten und Handweksleute; Commerciencollegia, Handelsgerichte, Banken, Börsen, Leihhäuser, Manufacturen, Fabriken und Werkstätte; die Rechte und Privilegien der Kaufmannschaft u.s.w. beschrieben und erkläret werden
⇒ Gmelin, J. F. (1790): Topas. IN: Grundriß der Mineralogie
⇒ Batsch, A. (1796): Versuch einer Mineralogie für Vorlesungen und für anfangende Sammler von Mineralien entworfen
⇒ von Kobell, Franz (1864): Citrin. IN: Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit. Zweiter Band. Geschichte der Mineralogie
⇒ Dippel, Gottlieb, Koppe, Lottner, Madler, Masius, Moll, Rauck, Roggerath, Quenstedt, Romberg und v. Russdorf (1862): Die gesammten Naturwissenschaften. Dritter Band
⇒ Seubert, K. und Seubert, M. (1866): Citrin. IN: Handbuch der allgemeinen Waarenkunde für das Selbststudium wie für den öffentlichen Unterricht
⇒ Citrin. IN: Edelsteinkunde. Bestimmung und Unterscheidung der Edelsteine und Schmucksteine. Die künstliche Darstellung der Edelsteine
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
Letzte Aktualisierung: 10. November 2023