Wenn von Edelsteinschliffen die Rede ist, denkt man meist an Klassiker wie den Brillantschliff, Smaragdschliff oder den Tropfenschliff. Diese bewährten Formen bringen Brillanz und Farbe optimal zur Geltung und werden als zeitlos elegant beschrieben. Doch jenseits dieser bekannten Varianten existieren außergewöhnliche Schliffe, die durch ihr kunstvolles Design und ihre kreative Formensprache begeistern. Einer davon ist der Kite Cut – ein seltener Schliff, der an die Silhouette eines Papierdrachens (engl. kite) erinnert und das Potenzial hat, zum „Hidden Gem“ unter den Edelsteinschliffen zu werden.
Der Kite-Schliff entstand in den 1970er Jahren – einer Zeit, in der Elemente des Art Déco eine kreative Renaissance erfuhren. Geometrische Formen hielten nicht nur als bunt und wild gemusterte Prints in der Mode und im Design Einzug, sondern inspirierten auch die Edelsteinschleifkunst zu neuen Ausdrucksformen.
Gleichzeitig markiert dieses Jahrzehnt einen technologischen Wandel: Während Edelsteine über Jahrhunderte von Hand geschliffen wurden, ermöglichten computergesteuerte Maschinen nun eine präzisere, komplexere und materialschonendere Bearbeitung. Neue Werkzeuge und digitale Entwürfe öffneten damit die Türen für avantgardistische und handwerklich anspruchsvolle Schliffvarianten wie den Kite Cut.
Die Form des Kite Cuts orientiert sich an einem stilisierten Papierdrachen mit einer langgestreckten, rautenähnlichen Silhouette. Charakteristisch ist die vertikale Symmetrie: Die obere, kürzere Spitze macht etwa ein Drittel der Gesamtlänge aus, während der untere Teil sich deutlich in die Länge zieht. Idealerweise liegt das ästhetisch ansprechende Verhältnis von Länge zu Breite zwischen 1,5:1 und 2:1; anderenfalls wirkt der Schliff zu gedrungen.
Im Zentrum steht eine große, rautenförmige Tafelfacette, die wie ein Fenster wirkt. An diese schließen sich ringsum trapezförmige Facetten an, die in zwei bis drei Reihen stufenartig angeordnet sind – ein Prinzip, das auch vom Smaragd- oder Baguetteschliff bekannt ist. Die Unterseite (Pavillon) ist je nach Variante unterschiedlich gestaltet, typischerweise mit flachen Facetten in Trapez- oder Dreiecksform. Insgesamt zählt der Schliff zwischen 45 und 53 Facetten.
Manche Interpretationen variieren leicht: Etwa indem die obere Spitze durch eine gerade Kante ersetzt wird, wodurch eine gleichschenklige Raute entsteht, oder durch leicht konvex geschwungene Kanten an der unteren Spitze, die zusätzliche Eckpunkte einführen.
Der Kite Cut ist nach wie vor ein seltener, aber zunehmend geschätzter Schliff. Die markante Geometrie verleiht Edelsteinen eine extravagante Anmutung und lässt, eingefasst als Ring, die Finger elegant und verlängernd wirken.
Ursprünglich wurde der Kite Cut vor allem bei Diamanten angewendet. Inzwischen findet sich der Kite Cut auch bei Moissanit, farbigen Diamanten, Saphiren, Rubinen, Spinellen, Turmalinen, Beryllen (wie Aquamarin, Smaragd, Morganit) sowie bei Mineralien mit Einschlüssen wie Moosachat oder Rutilquarz wieder.
Wegen der spitzen Ecken ist jedoch Vorsicht geboten: Diese gelten als splitter- und bruchanfällig. Eine stabile Fassung, die die Ecken schützt, ist bei Schmuckstücken mit KiteCut-Edelsteinen daher besonders wichtig.
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Quellen: