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Lab Grown Diamanten - Diamanten aus dem Labor



Diamanten üben seit Jahrtausenden eine besondere Faszination aus. Während natürliche Diamanten über Zeiträume von Millionen bis Milliarden Jahren im Erdmantel entstanden sind, gelingt es seit einigen Jahrzehnten, diese Bedingungen künstlich im Labor nachzustellen. Die so erzeugten Lab Grown Diamanten – auch synthetische, kultivierte oder gezüchtete Diamanten genannt – bestehen aus demselben Material wie Naturdiamanten, sind chemisch wie physikalisch identisch und haben in den letzten Jahren ihren Weg vom industriellen Einsatz in den Schmuckmarkt gefunden.



Die Anfänge der Diamantsynthese

Die Geschichte der künstlichen Diamanten reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Den ersten entscheidenden Hinweis lieferte der französische Chemiker Antoine Lavoisier (1743 bis 1794). Im Jahr 1772 setzte er Diamanten in einem geschlossenen Glasgefäß der „Hitze des Brennpunktes eines Brennglases“ aus (siehe Tennant, 1797). Dabei entstand Kohlendioxidgas, ein eindeutiges Indiz, dass Diamanten aus Kohlenstoff bestehen.

Seine Ergebnisse bestätigte der englische Chemiker Smithson Tennant (1761 bis 1815) im Jahr 1797 und veröffentlichte seine Überlegungen unter dem Titel „Ueber die Natur des Diamants“. Damit war die chemische Zusammensetzung von Diamanten eindeutig geklärt.

Trotz dieses Wissens gelang es lange nicht, Diamanten künstlich herzustellen. Zahlreiche Chemiker, Physiker und Mineralogen experimentierten mit Graphit, Kohle und anderen Kohlenstoffverbindungen. Der Chemiker Hermann Fehling (1811 bis 1885) verwies auf bekannte Forscher wie Robert Hare (1781 bis 1858), Benjamin Silliman (1779 bis 1864) oder Charles Cagniard de Latour (1777 bis 1859), die sich vergeblich an der Synthese versuchten.

Der Schriftsteller Jean Paul (1763 bis 1825) bemerkte bereits 1797 skeptisch: „Bis jetzt ist es nicht möglich gewesen, Graphit und Kohle in Diamant umzuwandeln und letztere künstlich darzustellen.“

Auch Jahrzehnte später blieb die Fachwelt skeptisch. Eduard Amthor (1820 bis 1884) schrieb 1864: „Die Natur hat noch immer das Monopol der Diamantfabrikation, und noch keinem Sterblichen ist es vergönnt gewesen, einen Blick in ihr großes Laboratorium thun zu dürfen.“

Der Mineraloge Victor Leopold Zepharovich (1830 bis 1890) sprach von der „großen Werkmeisterin Natur“, die über ein unbekanntes „Geheimmittel“ verfüge, das den Menschen die Herstellung erschwere. Dennoch hob er einzelne Versuche hervor, etwa die Experimente des französischen Physikers César-Mansuète Despretz (1791 bis 1863). Dieser setzte Kohle über vier Wochen hinweg elektrischem Strom aus und berichtete von „schwarzen und weißen Kryställchen“ auf Platindrähten. Spätere Untersuchungen, u. a. durch den Geologen James Shigley, zeigten jedoch, dass es sich dabei nicht um Diamant, sondern um andere Verbindungen wie Siliciumcarbid, Kohlenstoffnitrid, Bornitrid oder Aluminiumoxide handelte.

Im späten 19. Jahrhundert erkannte der Mineraloge Max Bauer (1844–1917), dass nicht allein die stoffliche Zusammensetzung, sondern auch die Entstehungsbedingungen natürlicher Diamanten verstanden werden müssten, ehe eine echte Synthese gelingen könne. Viele frühe Versuche beschränkten sich auf Hitze, vernachlässigten jedoch den Faktor Druck.

Einen ersten wirklichen Durchbruch erzielte der französische Chemiker Henri Moissan (1852–1907) im Jahr 1893. In einem Lichtbogenofen erhitzte er Eisen mit darin gelöstem Kohlenstoff auf 2.000 bis 3.000 °C. Beim raschen Abkühlen erstarrte die äußere Schicht, während das Innere unter hohem Druck weiter flüssig blieb, später aber aushärtete. Moissan berichtete von „wasserhellen Körnchen“, die strukturell Diamanten ähnelten, mit maximal 0,5 Millimetern jedoch sehr klein waren.

In den folgenden Jahrzehnten blieb die Diamantsynthese weiterhin ein Forschungsfeld voller Hoffnungen und Rückschläge. Statt echter Diamanten entstanden vor allem Imitationen wie Strass (Bleiglas) oder Zirkonia, die teils auch als Diamanten verkauft wurden.


Durchbruch im 20. Jahrhundert

Die eigentliche Wende kam im 20. Jahrhundert: 1941 begann das Unternehmen General Electric (GE) mit systematischen Experimenten, bei denen Kohlenstoff hohen Temperaturen (bis 3.000 °C) und Drücken bis 3,5 GPa ausgesetzt wurde. Kriegsbedingt wurden die Versuche unterbrochen, nach 1945 aber fortgesetzt.

1953 gelang dem schwedischen Unternehmen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget die Herstellung winziger Diamanten, die jedoch noch nicht für Schmuck oder Werkzeuge geeignet waren. 1954 schließlich schaffte der US-amerikanische Physiker Tracy Hall (1919–2008) bei GE den Durchbruch: Im HPHT-Verfahren (High Pressure High Temperature) entstand der erste künstliche Diamant.

Die frühen HPHT-Kristalle wiesen aufgrund von Stickstoffverunreinigungen meist eine gelbliche bis bräunliche Färbung auf. Dennoch war die Methode revolutionär und wurde in den 1960er- und 1970er-Jahren für die Produktion von Industrie-Diamanten genutzt, die hauptsächlich für Schleifwerkzeuge, Bohrköpfe, Transistoren oder Laser Verwendung fanden. Erst in den 1980er-Jahren gelang es, HPHT-Kristalle in Reinheit und Größe zu züchten, die für die Herstellung von Schmuck geeignet waren.

Einen weiteren Meilenstein stellte das CVD-Verfahren (Chemical Vapor Deposition) dar, das ab den 2000er-Jahren für besonders reine, farblose Diamanten genutzt wurde. Während frühe CVD-Steine oft noch einen Graustich hatten, können heute über CVD auch Diamanten in den besten Farbqualitäten D, E und F hergestellt werden. Diamanten, deren Farbe ins Bräunliche geht, lassen sich zusätzlich durch HPHT-Behandlungen korrigieren.

Parallel dazu wurde auch bei HPHT große Fortschritte erzielt: Noch 2007 waren viele Steine gelb-orange oder bläulich gefärbt, inzwischen können die farbverändernden Stickstoffverunreinigungen weitgehend entfernt werden.

Seit 2018 erlaubt die US-Handelsbehörde FTC offiziell, auch Lab Grown Diamanten als „Diamonds“ zu bezeichnen. Heute stammen rund 98 % aller industriell genutzten Diamanten aus dem Labor. Nach Schätzungen von Eaton-Magaña wurden allein im Jahr 2020 rund 6 bis 7 Millionen Karat Lab Grown Diamanten produziert, wobei China mit ca. 3 Mio. Karat (vorrangig HPHT) an der Spitze steht, aber auch Indien (1,5 Mio. Karat, überwiegend CVD) und die USA (1 Mio. Karat, CVD) zählen zu den größten Lab Grown Diamantproduzenten.

Damit haben Lab Grown Diamanten endgültig den Schritt aus den Forschungslaboren in Industrie und Schmuckmarkt geschafft und sind heute ein selbstverständlicher Bestandteil der Edelsteinwelt.


Ausgangsmaterial und Wachstumsprozesse

Alle Diamanten, sowohl natürliche wie auch künstliche, bestehen aus Kohlenstoff (C). Bei der Herstellung im Labor dient ein winziger Diamantsplitter, der sogenannte „Seed“, als Kristallkeim. Um die für das HPHT-Verfahren notwendigen Drücke und Temperaturen zu erzeugen, wurden verschiedene Pressentypen entwickelt.

HPHT-Diamanten

Im HPHT-Verfahren werden die Bedingungen des Erdmantels imitiert: Kohlenstoff, meist in Form von hochreinem Graphit, wird zusammen mit einem Metallkatalysator in eine Hochdruckpresse eingebracht. Dort herrschen Drücke von 5 bis 6 Gigapascal und Temperaturen von 1.500 bis 1.600 °C. Unter diesen extremen Bedingungen löst sich der Kohlenstoff im Metall auf und kristallisiert auf dem Diamantsamen wieder aus. Auf diese Weise wächst der Kristall in wenigen Tagen bis Wochen heran und erreicht Größen von mehreren Karat. Die entstehenden Kristalle weisen meist eine oktaedrische oder kubische Grundform auf und werden anschließend wie Naturdiamanten geschliffen.

Die dabei eingesetzten Pressentypen erzeugen Bedingungen, die denen des Erdmantels nahekommen und entscheidend für die Umwandlung von Kohlenstoff in die kubische Struktur von Diamanten sind:

CVD-Diamanten

Das CVD-Verfahren geht einen anderen Weg: In einer Vakuumkammer wird ein Gasgemisch aus Methan und Wasserstoff durch Mikrowellenplasma ionisiert. Dabei werden die Kohlenstoffatome aus dem Methan herausgelöst und lagern sich Schicht für Schicht auf dem Diamantsamen ab. So entsteht der Kristall durch eine Art „Atomschichtung“. Das Wachstum dauert ebenfalls mehrere Wochen, der Prozess ist jedoch leichter steuerbar als beim HPHT-Verfahren. CVD-Diamanten sind oft besonders rein und farblos, können aber im Anschluss durch eine HPHT-Nachbehandlung in Farbe und Klarheit weiter optimiert werden.

Im Vergleich zum HPHT-Verfahren ist die Herstellung von CVD-Diamanten mit einem geringeren Energieverbrauch verbunden, insofern weniger Druck notwendig ist.


Unterschiede zu natürlichen Diamanten

Chemisch und physikalisch sind Lab Grown Diamanten identisch mit bergmännisch abgebauten Naturdiamanten: Beide bestehen aus reinem Kohlenstoff in kubisch-flächenzentrierter Kristallstruktur.

Wesentliche Unterschiede bestehen in puncto Entstehung und mikroskopischen Details. Während natürliche Diamanten über geologische Zeiträume und unter variablen Bedingungen wachsen, entstehen künstliche Diamanten in kurzer Zeit unter kontrollierten Laborbedingungen.

Unter dem Mikroskop sind charakteristische Unterschiede erkennbar: HPHT-Diamanten enthalten oft winzige metallische Einschlüsse, die aus dem verwendeten Katalysator stammen. Zudem zeigen synthetische Diamanten typische kubische oder oktaedrische Wachstumszonen. CVD-Diamanten hingegen weisen horizontale Schichtungen auf, die vom schichtweisen Wachstum in der Vakuumkammer herrühren, und enthalten gelegentlich graphitische Partikel.

Auch unter UV-Licht unterscheiden sich beide: HPHT-Diamanten fluoreszieren häufig gelblich-grün und können ein Kreuzmuster zeigen, während CVD-Diamanten eher orange bis rot leuchten und Farbzonierungen aufweisen. Für eine eindeutige Bestimmung sind jedoch gemmologische Laborverfahren wie FTIR- oder Photolumineszenz-Spektroskopie nötig. In einigen Fällen ist bei Lab Grown Diamanten, allerdings nur bei geschliffenen Steinen, in der Rundiste eine dezente Inschrift vorhanden, die auf den nicht natürlichen Ursprung aufmerksam macht.


Farbige Diamanten aus dem Labor

Ein weiterer Vorteil der Züchtung im Labor ist die Möglichkeit, farbige Diamanten gezielt herzustellen. Durch Zugabe von Fremdatomen oder durch nachträgliche Behandlungen können Fancy Diamanten erzeugt werden: Bor führt zu blauen Diamanten, Stickstoff erzeugt gelbe Diamanten, Bestrahlung und HPHT-Nachbehandlung ermöglichen grüne, pinke oder rote Diamanten. Damit lassen sich Farbtöne kreieren, die in der Natur äußerst selten und entsprechend teuer wären.


Preise und Markt

Lab Grown Diamanten haben in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Aufstieg erlebt. Während der Anteil an künstlichen Diamanten in Edelsteinqualität im Jahr 2013 noch bei rund 2 Prozent lag, stieg die Zahl dank verbesserter Produktionsbedingungen und optimierter Qualität der Steine bis 2021 bereits auf 8 Prozent. Laut Eaton-Magaña liegt der Marktanteil im Jahr 2025 sogar schon bei rund 20 Prozent.

Auch in Bezug auf die Größe der Rohdiamanten, die mit den Technologien des HPHT- und CVD-Verfahrens gezüchtet werden, gab es große Fortschritte. 2015 brachten die größten Labordiamanten etwa 32 Karat auf die Waage; gut zehn Jahre später sind bereits Exemplare mit 190 Karat möglich.

Preislich unterscheiden sich Lab Grown Diamanten deutlich von natürlichen Steinen. Während der Wert von Naturdiamanten aus dem Zusammenspiel der Faktoren Seltenheit, Qualität und einer gezielten Marktsteuerung entsteht, sind künstlich gezüchtete Steine erheblich günstiger: HPHT-Diamanten kosten etwa 60–70 % weniger, CVD-Diamanten rund 50–60 % weniger als vergleichbare natürliche Diamanten. Mit wachsender Produktionsmenge sanken die Preise in den letzten Jahren weiter.

Damit sind Lab Grown Diamanten für den Schmuckmarkt hoch attraktiv. Als reine Wertanlage gelten sie jedoch bislang nur bedingt geeignet, da ihr Wiederverkaufswert vergleichsweise gering bleibt.


Nachhaltigkeit

Ein wichtiges Argument für Lab Grown Diamanten ist die Nachhaltigkeit. Der Bergbau für Naturdiamanten hinterlässt oft massive ökologische Spuren und geht mit einem hohen COâ‚‚-Fußabdruck einher. Labordiamanten vermeiden Abraum und Umweltschäden, benötigen aber viel Energie. Die Klimabilanz von synthetischen Diamanten hängt daher stark von der Energiequelle ab: Mit erneuerbaren Energien ist die Bilanz deutlich günstiger als beim traditionellen Abbau.

Vorteile von Lab Grown Diamanten

Lab Grown Diamanten bieten zahlreiche Vorteile: Die Steine sind nicht nur ethisch-konfliktfrei, auch die Herkunft ist transparent nachvollziehbar. Diamanten aus dem Labor sind preislich deutlich günstiger als Naturdiamanten und ermöglichen Farben und Reinheitsgrade, die in der Natur eine Seltenheit sind. Damit haben sich Labor-Diamanten besonders in der Schmuckbranche als attraktive Alternative herauskristallisiert.


Fazit

Lab Grown Diamanten sind keine Imitationen, sondern echte Diamanten, die innerhalb weniger Wochen im Labor wachsen. Die synthetischen Edelsteine eröffnen neue Möglichkeiten für den Schmuckmarkt, sind ökologisch verträglicher als viele Naturdiamanten und bringen Vielfalt in Farbe und Reinheit. Während Naturdiamanten als Wertanlage weiterhin dominieren, sind Lab Grown Diamanten die zeitgemäße Antwort auf Nachhaltigkeit und moderne Ästhetik.


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Quellen:


Letzte Aktualisierung: 20.08.2025



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