Logo steine-und-minerale.de

Autor: (steine-und-minerale.de) | Letzte Aktualisierung: 29.04.2024


Vitriole

Vitriole - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung

englisch: vitriol | französisch: vitriol


Definition Vitriol

Vitriole sind Mineralien der Mineralklasse der Sulfate, deren Zusammensetzung von unterschiedlichen zweiwertigen Metallen und Kristallwasser bestimmt ist, oder mit den Worten des Lexikographen Carl Günther Ludovici (1707 bis 1778): Vitriol ist "ein metallisches Salz, welches seinen Ursprung von einer in Wasser eingemischten Schwefelsäure hat und welches einiges Metall aufgelöset, und sich solchergestalt mit demselben zu einem Salze crystallisirt hat".

Metallhaltige Sulfatmineralien, die kein Kristallwasser aufweisen, werden mitunter als Halbvitriole bezeichnet. Zu den Halbvitriolen gehören zum Beispiel Pyrit und Lanarkit.


Chalkanthit
Vitriol Chalkanthit

Der Name Vitriol

Der Begriff Vitriol stammt aus dem Lateinischen und wird mit „gläsern“ übersetzt – angelehnt an das glasartige Aussehen der Kristalle von Vitriolen.

Erstmals erwähnt wurden Vitriole bei dem Gelehrten Albertus Magnus (1200 bis 1280) in seinem Werk „De Mineralibus“. Magnus geht dabei auf den Verwendungszweck von Vitriolen ein, die in der Vergangenheit vorrangig zum Einfärben von Leder, sog. Lederschwärzen, verwendet wurden.

Neben der Bezeichnung Vitriol werden Vitriol-Mineralien auch unter dem Namen Galitzenstein geführt. Die Bedeutung Galitzenstein geht auf die Herkunft der Mineralien zurück, insofern der Großteil der Vitriole im Mittelalter in Galicien/Spanien abgebaut wurde.


Eigenschaften von Vitriol

Abhängig von der chemischen Zusammensetzung variiert die Farbe von Vitriol zwischen blau, grün, weiß oder blau und grün in einem.

Die Form der Kristalle ist ebenfalls abhängig vom Kristallsystem, in welchem das jeweilige Vitriol kristallisiert. Ludovici schreibt 1768, dass die Gestalt von künstlichem Vitriol einem "scharf gespitztem Viereck, oder eine(r) rautenförmige(n) Figur" gleicht. Dahingegen kommt natürlicher Vitriol "in wolliger, haarförmiger und staubartiger Gestalt vor" (Funke, 1802).

In der Vergangenheit wurden Mineralien mit allen Sinnen untersucht; so wurden Mineralien zwecks Bestimmung auch der sensorischen Analyse unterzogen. Ludovici zufolge haben Vitriole einen "herben ekelhaften Geschmack", wobei Kupfervitriol einen besonders "widerwärtigen und ekeln Geschmack" aufweist.


Entstehung und Verbreitung von Vitriolen

Die Mineralien der Vitriol-Gruppe sind Sekundärmineralien, d.h. Mineralien, die aus der Verwitterung bzw. Zersetzung anderer Sulfatmineralien wie Pyrit, Markasit und Chalcopyrit in der Oxidationszone hervorgehen.

Die Vorkommen von "vitriola natura" (Ludovici, 1768) erstrecken sich auf Fundorte weltweit. In Deutschland hatten hinsichtlich der wirtschaftlich bedeutenden Gewinnung insbesondere Standorte im Bayerischen Wald, die Gegend um Sondershausen und Schmiedefeld in Thüringen sowie Goslar im Harz einen hohen Stellenwert; Stößel nennt 1778 mit Jöckelguth ein unbekanntes Mineral, das vor allem für Goslar typisch ist.


Unterscheidung von Vitriolen

Vitriole werden vor allem in Anlehnung an die enthaltenen Metalle unterschieden.
Das Metall kann einzeln oder in Kombination mit anderen Mineralien in Form von Doppel- oder Mehrfachvitriolen vorkommen.
Anhand veralteter Bezeichnungen bestimmter Mineralien lässt sich die Zugehörigkeit zu den Vitriolen erkennen. Bei einigen – heute teilweise nicht mehr gebräuchlichen – Namen wird auch die Farbe des Minerals deutlich.

  • Eisenvitriol/Vitriolum viride, Vitriolum ferri: Melanerit
  • Kobaltvitriol: Bieberit
  • Kupfervitriol/Vitriolum cupri: Chalkanthit
  • Kupferblauvitriol: Linarit
  • Magnesiumvitriol: Epsomit
  • Nickelvitriol: Morenosit
  • Zinkvitriol/Vitriolum album: Goslarit
  • Vermischter Vitriol/Vitriolum hermaphroditicum bzw. mixtum: Kupfer und Eisen; Kupfer, Eisen und Zink
  • Blaues Vitriol: Chalkanthit
  • Grünes Vitriol: Melanerit
  • Ockervitriol: Glockerit
  • Rotvitriol: Bieberit
  • Roteisen-Vitriol: Botryogen

Tabelle 1: Vitriole nach Elementen
Element Mineralien
Blei (Pb) Linarit (Cu, Pb)
Eisen (Fe) Melanerit, Botryogen, Glockerit, Rozenit
Kobalt (Co) Bieberit
Kupfer (Cu) Chalkanthit, Linarit, Johannit, Kupfermelanerit
Magnesium (Mg) Leonhardit, Epsomit
Mangan (Mn) Ilesit (Mn, Zn, Fe), Aplowit (Co, Mn, Ni)
Nickel (Ni) Morenosit
Zink (Zn) Goslarit

Verwendung und Bedeutung von Vitriolen

Vitriole spielen seit jeher eine bedeutende Rolle im Alltag des Menschen. Neben der Verwendung zum Beizen werden Vitriole auch zum Einfärben von Stoffen und Leder genutzt, genau wie Vitriole in der Gewinnung von Farbstoffen und Pigmenten - zum Schwarzfärben sowohl von "Wolle, Haaren, Seide, Federn, Leder" (Ludovici, 1768), als Desinfektionsmittel sowie Pestizide von Bedeutung sind und nicht zuletzt waren Vitriole für "Liebhaber der Mineraliensammlungen" (Ludovici, 1768) von Interesse.


Salzburger Vitriol

Vitriol in Form von Kupfervitriol hielt als Zusatzstoff in der Brot auch Einzug in die Bäckereien der Vergangenheit.
Unter dem Namen Salzburger Vitriol wurde Kupfervitriol mit zahlreichen Vorzügen beworben. Das Brot hielt sich dank Kupfervitriol nicht nur länger frisch, war saftiger in der Krume und zeichnete sich durch eine knusprige Kruste aus, auch "schlechte Mehlsorten, welche sogar einen multrigen Geruch und Geschmack haben" können durch Kupfervitriol qualitativ aufgewertet werden.

Wie Eulenberg und Vohl im Jahr 1870 betonen, darf der Anteil von Kupfervitriol im Brot allerdings nicht die Menge von 1/4000 übersteigen, da sonst mit "Gesundheitsstörungen" zu rechnen ist, die "Symptome der Metallvergiftung" hervorrufen.



Vitriole in der Medizin

Noch bis vor 300 Jahren stand der "arztneyliche Gebrauch (von Vitriolen), indem sie sowohl von den Apotheken, als Aerzten und Wundärzten zu verschiedenen, vornehmlich äußerlichen, selten aber zu innerlichen Arztneymitteln" an der Tagesordnung (Ludovici, 1768).
Vitriole kamen als Niesmittel, Brechmittel bei Vergiftungen und als Pflaster zum Einsatz, genau wie zur Herstellung von "martialischen Tincturen und Essenzen" (Neumann, 1755). Aber auch Augenentzündungen und Wurmbefall wurde laut Waldinger (1810) mit Vitriolen behandelt.


Vitriole und Alchemie

Die Vertreter der Alchemie sahen hinter Vitriolen mehr als nur Mineralien.
Für die Alchemisten sind Vitriole der äußere Stein der Weisen bzw. die "Materia prima" (Kopp, 1843), d.h. mittels Vitriolen ist demnach die Umwandlung scheinbar wertloser Steine in Edelmetalle wie Gold und Silber möglich.

Dass ausgerechnet Vitriole diejenigen Mineralien sind, um andere Mineralien in wertvolle Metalle umzuwandeln, sog. Materielle Transmutation, begründet die Alchemie mit den Anfangsbuchstaben, hinter denen sich der Leitsatz der Alchemie verbirgt und aneinander gereiht bzw. die "Anfangsbuchstaben zusammengelesen" (Kopp, 1843) das Wort Vitriol ergeben (Akronym): Visita interiora terrae, rectificando invenies occultum lapidem – Suche unter der Erde, vervollkommene es und Du wirst den verborgenen Stein finden.
Trotz der Annahmen der Alchemisten ist es dennoch nicht möglich, Gold und Silber aus Vitriolen herzustellen.


Auch interessant:

Quellen:

Mineralien-Steckbriefe