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Steter Tropfen höhlt den Stein - Ein Sprichwort aus Sicht der Geologie



„Steter Tropfen höhlt den Stein“ – diese Erkenntnis soll bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. vom griechischen Philosophen Choirilos von Samos formuliert worden sein. Wirklich berühmt wurde der Spruch jedoch erst durch den römischen Dichter Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.), der ihn in seinen Briefe aus der Verbannung (Epistulae ex Ponto, I,10,35) aufgriff.



Gutta cavat lapidem

Der Ursprung des Sprichworts Steter Tropfen höhlt den Stein liegt im lateinischen Proverb Gutta cavat lapidem non vi, sed saepe cadendo wieder. Es geht auf den römischen Poeten Ovid (43 v.Chr. bis 17 n.Chr.) zurück, der die Worte in seinem Werk "Epistulae ex Ponto" festhielt - übersetzt mit: Steter Tropfen höhlt den Stein nicht durch Kraft, sondern durch häufiges Fallen.


Die philosophische Bedeutung

Die Redewendung „Steter Tropfen höhlt den Stein“ wird im Alltag vor allem im Zusammenhang mit Arbeit, Fleiß und Erfolg gebraucht. Gemeint ist, dass man durch beharrliche Mühe und Ausdauer auch schwierige Ziele erreichen kann, nicht auf einen Schlag, sondern Schritt für Schritt.

Ein Blick in die Literaturgeschichte zeigt, dass die deutsche Version "Steter Tropfen höhlt den Stein" erstmals im Jahr 1820 von August Zarnack (1777 bis 1827), einem Pädagogen, verwendet wurde.
Auch in den folgenden Jahren wird das Sprichwort immer wieder in pädagogischen Werken zitiert; allesamt mit derselben Quintessenz: Durch stetige Arbeit und Ausdauer lässt sich auch ein schwieriges Ziel erreichen, oder mit den Worten der Pädagogen Körner und Lüber 1859: "unausgesetzte, ununterbrochene Anstrengungen, seien sie noch so klein und unbedeutend, vermögen doch außerordentlich Großes hervorbringen". Auch wenn "der Tropfen ist etwas Kleines, Unbedeutendes, während der harte Steine, auf den der Tropfen fällt, etwas für diesen fast Unbezwingbares bezüglich der Auswirkung ist."


Die geologische Erklärung

Dass die Weisheit „Steter Tropfen höhlt den Stein“ nicht nur sprichwörtlich, sondern auch geologisch auf einige Gesteine zutrifft, zeigen besonders eindrucksvoll die Karsterscheinungen. Der Begriff Karst (kroatisch-slowenisch für Felsen oder steiniger Boden) bezeichnet– vereinfacht ausgedrückt – Landschaftsformen, die durch das Zusammenspiel von kalkhaltigen Gesteinen (z.B. Kalkstein, Dolomit oder Kreide) und Wasser entstehen.
Das Wasser wirkt dabei nicht rein mechanisch, sondern vor allem chemisch: Sickerwasser nimmt beim Durchgang durch den Boden Kohlendioxid auf, wodurch sich der pH-Wert in den sauren Bereich verschiebt. Dieses leicht saure Wasser ist in der Lage, die sogenannte Lösungsverwitterung in Gang zu setzen; ein Prozess, bei dem sich die Mineralbestandteile der Kalkgesteine allmählich auflösen. Über lange Zeiträume hinweg entstehen so Höhlen, Dolinen und ganze Karstlandschaften – ein natürlicher Beleg für die sprichwörtliche Wirkung des stetigen Tropfens.

Dieses Wasser dringt über feine Spalten und Risse in den Untergrund ein und löst auf seinem Weg das kalkhaltige Gestein allmählich auf. Die Mineralbestandteile gehen wortwörtlich in Lösung, werden fortgespült oder an anderer Stelle wieder abgelagert, etwa in Form von Tropfsteinen: als herabhängende Stalaktiten, vom Boden aufwachsende Stalagmiten oder zusammengewachsen zu einem Stalagnaten.

Der Vorgang braucht oft viele Jahrtausende Zeit, bis sichtbar wird, wie aus stetigem Tropfen ganze Höhlensysteme entstehen.

Doch nicht nur Kalkstein kann durch Wasser ausgehöhlt werden. Auch andere leicht lösliche Gesteine und Mineralien wie Gips oder Halit und Steinsalz reagieren empfindlich auf den Einfluss von Wasser und werden im Lauf der Zeit ausgewaschen.


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Quellen:


Letzte Aktualisierung: 03.09.2025



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