Für viele sind Hühnergötter ein Mitbringsel vom Strand. In der Vergangenheit wurden Hühnergötter als Glücksbringer und Schutzstein angesehen. Doch was sind Hühnergötter und wie sind Hühnergötter entstanden? Wie kommt das Loch in den Hühnergott? Und wo findet man Hühnergötter?
Ein Hühnergott (englisch: adder stone) ist ein von Wasser ausgehöhlter Stein, im Konkreten: ein Feuerstein, mit einem Loch. Hühnergötter können aber auch mehrere Löcher gleichzeitig in einem Stein aufweisen.
Der Name Hühnergott bzw. Hühnergötter ist vor allem in Deutschland gängig. Teilweise werden die Steine mit dem Loch auch als Lochstein bezeichnet. In Österreich ist der Name Linsenstein (nicht zu verwechseln mit Linsensteinen alias Bonifatiuspfennig) von Bedeutung, da das Loch im Stein als eine Linse gedeutet wird, durch die man hindurch sehen kann.
Die Größe der Löcher ist unterschiedlich und reicht von stecknadelkopfgroß bis hin zu einem Durchmesser von einigen Zentimetern.
Der Grund für das Loch der Feuersteinknollen liegt in der Entstehung von Feuersteinen begründet.
Das Ausgangsmaterial von Feuersteinen sind organische, kalkhaltige Bestandteile einstiger Meeresbewohner. Mit deren Ableben und Sedimentation (Ablagerung) auf dem Meeresgrund verfestigten sich im Verlauf von Jahrmillionen Knochen, Muschelschalen, etc. und verkieselten anschließend. Doch es kann vorkommen, dass Feuerstein nicht als Ganzes von der Verkieselung (Umwandlung des Gesteins durch SiO2) erfasst wird. Erkennen kann man das anhand von weißen und vergleichsweise weichen Stellen im Feuerstein oder in Form eines Lochs im Hühnergott. Feuersteine werden im Meer bzw. in Meeressedimenten gebildet, insofern war das Gestein ständig dem Wasser ausgesetzt.
Während nun aber die verkieselten Areale des Feuersteins dem Einfluß des Wassers standhalten konnten, wurden die weicheren, nicht verkieselten Bereiche gelöst bzw. als Loch ausgespült.
Hühnergötter findet man sehr häufig im Strandgut oder an den Stränden der Ostseeinseln Rügen, Usedom und dem Darß - sowie an weiteren Strändabschnitten von Nord- und Ostsee.
Lange Zeit galten Hühnergötter als Glücksbringer, auf deren Wirkung vor allem Hühnerhalter vertrauten.
Woher der Glaube stammt, ist nicht überliefert, aber eine der ältesten Überlieferungen zum Thema Hühnergötter kommt aus Russland. Stenin schreibt im Jahr 1893 in seiner Ausführung "Aberglaube im Gouvernment Tambow", dass im "Kreis Kirssanow", etwa 400 km südöstlich der Haupstadt Moskau, ein "kuriny bog" existiert, ein Hühnergott, der die "Gestalt eines schwarzen Steinchens von der Größe eines Gänseeies" hat. Die Bewohner um Tambow hängten sich die Steine in ihre Hühnerställe, um das Federvieh zu beschützen und Vermehrung zu unterstützen.
Aber auch die Menschen profitierten von Hühnergöttern. Laut Stenin wurde auf die Heilkraft von Hühnergöttern bei Zahnschmerzen vertraut. Dazu musste man sich nur an die "Dorfzauberin (suacharka)" wenden, die mit dem oder der Leidenden in den Hühnerstall ging und dem Hühnergott etwas zuflüsterte und den dabei den Stein kreuzigte.
Der Brauch, Hühnergötter in Ställen aufzuhängen, setzte sich schon bald über die Grenzen Russlands hinaus durch. Man glaubte, dass Hühnergötter, die an Bändern im Hühnerstall aufgehängt wurden, für einen reichen Eiersegen verantwortlich waren und vor tierischen Räubern wie Fuchs oder Marder sicher waren. Ob es nicht vielleicht nur der Wind war, der durch die Ritzen der Ställe zog, die Steine gegeneinander klappern und erklingen ließ, und so die Hühnerdiebe vertrieb, ist nicht überliefert.
Andere Mythen besagen, dass Hühnergötter, ebenfalls als Amulett im Stall aufgehängt, Schutz gegen böse Geister versprachen und auch den Besitzern von Kühen und Pferden Glück bringen sollten.
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Quellen:
⇒ Stenin, P. v. (1893): Aberglaube im Gouvernment Tambow. IN: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Maresch, W., Medenbach, O.; Trochim, H.-D. (1987): Die farbigen Naturführer Gesteine. Mosaik Verlag GmbH München*
⇒ Murawski, H. (1992): Geologisches Wörterbuch. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart
⇒ Schumann, W. (1994): Steine und Mineralien sammeln; finden, präparieren, bestimmen. BLV Verlag München
⇒ Reinicke, R. (2007): Steine am Ostseestrand. Demmler Verlag Schwerin
Letzte Aktualisierung: 08.07 2024