Ein Gestein, das sich einen Namen als biologisches Insektizid gemacht hat: Kieselgur. Doch was ist Kieselgur?
Definition Kieselgur: Kieselgur ist ein Sedimentgestein von weißer, beiger bis grauer Farbe, das hauptsächlich aus fossilen Kieselalgen, sog. Diatomeen, besteht (Eigenschaften, Verwendung und Entstehung, siehe Steckbrief Kieselgur).
Dahingegen bezieht sich der Name Kieselgur auf die Zusammensetzung und die Erscheinungsform des Sedimentgesteins.
In der Geologie werden unter dem Begriff Kiesel siliciumhaltige bzw. silikatische Mineralien und Gesteine zusammengefasst, deren chemischer Baustein Kieselsäure (d.h. Siliciumdioxid) ist. Das Wort gur oder guhr stammt aus dem Norddeutschen und umschreibt feuchte Massen, was bisweilen auf die natürlichen Vorkommen von Kieselgur zutrifft.
Einer der ersten, der sich mit den chemisch-physikalischen Eigenschaften von Kieselgur auseinander setzte, war der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth (1743 bis 1817) und stellte wie u.a. auch Moritz Willkomm (deutscher Botaniker 1821 bis 1895) fest, dass Kieselgur „lediglich aus Kieselpanzern von Diatomeen“ besteht, die einen „scheinbar aus feinem Kieselsand bestehenden Schlamm“ bilden. August Emanuel von Reuss (1811 bis 1873), ein Paläontologe und Geologe aus Österreich, beschreibt die Zusammensetzung näher: „Kieselgur besteht fast ganz aus Panzern von Infusorien und zwar vorwiegend des schon ausgestorbenen Campylodiscus clypeus, …, nur hie und da sind einzelne fast wasserklare Quarzkörner eingestreut“.
Bis sich Kieselgur auch im Gartenbau, der Landwirtschaft oder auch in der Zimmerpflanzenkultur einen Namen als biologisches Insektizid gemacht hat, war Kieselgur als der Rohstoff für Herstellung zusammen mit Nitroglycerin der Rohstoff für die Herstellung von Dynamit. Daneben fand und findet Kieselgur Einsatz als Zuschlagstoff für Mörtel und Beton, in der Herstellung von Isoliermaterialien als Filtermaterial in Lebensmitteltechnologie, bspw. Für Wein, Bier und Zucker), wurde 1895 aber auch von Drogisten in Kombination mit Wasserstoffperoxid zum Bleichen von Zähnen empfohlen.
Kieselgur hat sich als chemiefreie Alternative in der Bekämpfung von zahlreichen Schadinsekten bewährt.
Vor allem
und/oder deren Larven bzw. Raupen sprechen sehr gut auf die Anwendung mit Kieselgur an.
Kieselgur wird in pulverisierter Form angewendet; das Gestein wurde zu einem entsprechend feinen, mehlartigen Pulver zermahlen.
Kieselgur als Ungezieferpulver gibt es mittlerweile vielerorts zu kaufen - sowohl im Baumarkt wie auch im Gartencenter, Bioläden oder Blumenfachgeschäften und online. Zur Gartensaison gibt es Kieselgur in einigen Discoutern ebenfalls zu kaufen. Allerdings nicht unter dem Namen Kieselgur, sondern unter der Bezeichnung Ameisenpulver - Aufschluß liefert der Blick auf die Inhaltstoffe.
Für den Einsatz in Kellern, Ställen, im Garten, im Haushalt, in Lager- und Wohnräumen wird Kieselgur als dünne Schicht auf dem Boden verteilt, entlang der bevorzugten Wege bspw. von Ameisen, oder Kieselgur wird direkt auf Ungeziefernester aufgestäubt.
Als Utensil zur punktgenauen Verteilung des Kieselgur-Pulvers haben sich Pinsel, Tee- oder Metallsiebe bewährt.
Bei der großräumigen Anwendung zum Beispiel im Rinder-, Pferde- oder Hühnerstall, wo sich Milben auch an den Wänden und Decken der Stallungen aufhalten, bietet sich die Verwendung von Gebläsen an, um Kieselgur optimal und überall zu verteilen.
Zimmerpflanzen, Balkonpflanzen, Kübelpflanzen und Pflanzen im Garten, die von Spinnmilben oder Blattläusen befallen sind, werden am besten direkt an der betreffenden Stelle mit einem mit Kieselgur bestäubten Pinsel behandelt. Alternativ eignen sich Nylonstrumpfhosen – angezogen wie ein Handschuh und mit Kieselgur benetzt, mit denen man über die betroffenen Areale an der Pflanze streicht.
Anders gestaltet sich die Nutzung von Kieselgur bei Befall mit der roten Vogelmilbe bei Federvieh. Hierfür wird eine kleine Menge des Pulvers unter das Sandbad der Hühner gemischt, in dem die Hühner sich wälzen.
Um sicherzustellen, dass alle Insekten nachhaltig und auch dass nachfolgende, geschlüpfte Generationen beseitigt wurden, wird empfohlen, den Vorgang nach einiger Zeit gegebenenfalls zu wiederholen.
Wichtig ist, dass Kieselgur nur trocken verwendet wird; anderenfalls funktioniert Kieselgur nicht. Zudem sollte beachtet werden, dass Kieselgur nicht eingeatmet wird (Mundschutz tragen) und man bei Hautkontakt anschließend die Hände – und auch die verwendeten Utensilien – gründlich mit Wasser abspült.
Im Gegensatz zu vielen handelsüblichen, konventionellen Insektiziden wirkt Kieselgur nicht chemisch, sondern physikalisch - ein großer Vorteil von Kieselgur gegenüber konventionellen Insektiziden.
Aus diesem Grund kann Kieselgur immer wieder verwendet werden, da Insekten gegen physikalisch basierte Vernichtungsmittel keine Resistenzen entwickeln.
Bei der Funktionsweise von Kieselgur wird sich dem Umstand bedient, dass sich die Kieselalgen in die vor Austrocknung schützende Schicht der Körperoberfläche von Insekten bohren. In der Folge verdunstet lebensnotwendiges Wasser, das Insekt vertrocknet und stirbt. Zusätzlich greift Kieselgur in den Fortbewegungsmechanismus ein und macht das Ungeziefer bewegungsunfähig.
Wichtiger Hinweis: Entgegen einiger Meinungen funktioniert Kieselgur nicht selektiv , d.h. Kieselgur unterscheidet nicht zwischen Pflanzenschädlingen und Nützlingen wie Marienkäfern, die in naturnahen Gärten ein gern gesehener und effektiver Gast gegen Blattläuse sind. Sind Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon von Blattläusen befallen und gleichzeitig Marienkäferlarven vorhanden, sollte von der Aufbringung der Kieselgur abgesehen werden, da die Diatomeenerde auch die Atemwege von Nützlingen erfasst.
Bei sachgemäßer und kontrollierter Anwendung stellt sich der Erfolg mit Kieselgur zuverlässig und relativ schnell ein.
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Quellen:
Letzte Aktualisierung: 01.10.2024