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Nagelfluh

Nagelfluh – Das Konglomerat der Nagelfluhkette

Eine der ältesten Beschreibungen des Begriffs Nagelfluh stammt aus der Feder von Johann-Georg Altmann (1695 bis 1758). 1751 beschreibt der schweizer Theologe und Historiker ein Gestein, das „bald aus gröbern, bald aber aus einem kleinen und ziemlich harten Korne besteht“, das „mit vielen Kieselsteinen untermenget“ ist.

1798 konkretisiert der schweizer Wissenschaftler und Kartograph Hans Conrad Escher von der Linth (1767 bis 1832) die Bezeichnung Nagelfluh und führt und definiert Nagelfluh als einen in der Schweiz gängigen bzw. typischen Begriff für „große Geschiebe, die oft bis 50 Cubikfuß Inhalt haben, meist durch einen Sandstein fest zusammengekittete Felsart“. Bereits damals zieht er den Vergleich zum Wurststein, der in Deutschland Gesteine mit derselben Zusammensetzung und Optik bezeichnet.

Tatsächlich gab es in der Vergangenheit mehrere regional unterschiedliche Begriffe für das Gestein, das hinter Nagelfluh steht. In England wurde Nagelfluh in der Literatur unter dem Eintrag Puddingstein gelistet, da das Gestein sogenanntem Weihnachtspudding (christmas pudding) ähnlich sieht. Allerdings ist an dieser Stelle kein gewöhnlicher Pudding gemeint, sondern Pudding im Sinne eines Serviettenkloßes oder Knödels, in den Trockenobst oder Nüsse untergehoben wurden.
In Deutschland hingegen war der Name Wurststein lange Zeit üblich, da das Aussehen von Nagelfluh an Blutwurst erinnerte.

Der Name Nagelfluh ist ebenso eine Anspielung auf das Aussehen des Gesteins: das signifikante Merkmal von Nagelfluh sind nagelkopfartig hervorstehende Gesteinsbrocken oder -bestandteile.


Eigenschaften von Nagelfluh

In der Geologie wird Nagelfluh als Konglomerat definiert. Ein Gestein, in dessen feinkörniger Matrix zahlreiche kantengerundete, grobe Kiese (Korngröße 20 bis 63 mm) und Schotter unterschiedlicher Gesteine, miteinander verbunden sind.

Dabei sind die Gesteine unterschiedlichen Ursprungs und sehr verschiedenartig. Der Agrarwissenschaftler Carl Sprengel (1787 bis 1859) zählt neben Kalkstein und Quarz auch Granit, Porphyr, Glimmerschiefer, Grauwacke, Syenit, Serpentin, Gabbro und Grünstein auf, die durch „sandsteinartige Bindemittel“ miteinander verbunden sind.

In Anlehnung an die Zusammensetzung unterschied der Geologe Carl Friedrich Naumann (1797 bis 1879) zwischen „bunter oder polygoner Nagelfluh“ und „Kalknagelfluh“.
Typisch für die polygone Nagelfluh sind diejenigen Gesteine, die Sprengel nannte – mit Ausnahme von Kalkstein, der das Hauptgestein in den Konglomeraten der Kalksteinnagelfluh widerspiegelt.

Naumann beobachtete zudem Unterschiede in der geographischen Verbreitung: während polygoner Nagelfluh hauptsächlich am Nordrand der Alpen und teilweise auch im Schweizer Jura verbreitet ist, sind die Kalksteinnagelfluh-Vorkommen auf Entlebuch, Rigi, Rossberg, Bern, Basel, Aargau, Zürich und Solothurn beschränkt.


Vorkommen von Nagelfluh

Heutzutage ist die Bezeichnung Nagelfluh nicht nur auf die Schweiz begrenzt. Auch in Teilen von Österreich und Deutschland wird von Nagelfluh gesprochen, vor allem im Bereich der Nagelfluhkette, einem Teil der Alpen.


Entstehung und Eigenschaften von Nagelfluh/Konglomerat


Auch interessant:


Quellen:

  • Altmann, J. G. (1751): Beschreibung der helvetischen Eisberge. IN: Versuch einer historischen und physischen Beschreibung der helvetischen Eisbergen
  • Wyttenbach, J. S. (1773): Felssteine. Saxa. Spatum petrosum siliceum. Nagelfluh. IN: Beyträge zu der Naturgeschichte des Schweizerlandes
  • Unbek. (1794): Von der groben Granit-Breccia, oder von der Nagelfluh der Schweizer. IN: Der Mineraloge, oder Compendiöse Bibliothek alles Wissenswürdigen aus dem Gebiete der Mineralogie
  • Escher von der Linth, H. C. (1795): Nagelfluh. IN: Geognostische Nachrichten über die Alpen, in Briefen aus Helvetien
  • Walchner, F. A. (1832): Nagelfluhgebilde. IN: Handbuch der gesammten Mineralogie in technischer Beziehung zum Gebrauche bei seinen Vorlesungen und zum Selbststudium mit besonderer Berücksichtigung der mineralogischen Verhältnisse des Grossherzogthums Baden
  • Naumann, C. F. (1849): Nagelfluh. IN: Lehrbuch der Geognosie
  • Sprengel, C. (1851): Nagelfluh (Nagelstein). IN: Die Bodenkunde, oder, Die Lehre vom Boden nebst einer vollständigen Anleitung zur chemischen Analyse der Ackererden und den Resultaten von 170 chemisch untersuchten Bodenarten aus Deutschland, Belgien, England, Frankreich, der Schweiz, Ungarn, Russland, Schweden, Ostindien, Westindien und Nordamerika : ein Handbuch für Ländwirthe, Forstmänner, Gärtner, Boniteure und Theilungscommissäre
  • Zängerle, M. (1893): Klastische Gesteine oder Trümmergesteine. Konglomerat. IN: Lehrbuch der Mineralogie, Geognosie und Geologie für den Unterricht an technischen Lehranstalten, Realschulen und Gymnasien
  • Maresch, W., Medenbach, O.; Trochim, H.-D. (1987): Die farbigen Naturführer Gesteine. Mosaik Verlag GmbH München
  • Murawski, H. (1992): Geologisches Wörterbuch. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart
  • Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
  • Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
  • Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
  • Schumann, W. (1994): Steine und Mineralien sammeln; finden, präparieren, bestimmen. BLV Verlag München
  • Okrusch, M. und S. Matthes (2009): Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. Springer Verlag Berlin Heidelberg

Autor: (steine-und-minerale.de)

Letzte Aktualisierung: 10.03.2025

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