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Autor: (steine-und-minerale.de) | Letzte Aktualisierung: 24.03.2024


Selenit

Selenit - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung

englisch: selenite | französisch: sélénite


Selenit Foto
Seltenit

Selenit - Gips in der reinsten Form

Der Name Selenit findet sich erstmals 1747 in der mineralogischen Literatur wieder. In seinen Ausführungen zum „Selenit – Spegelsten“ beschreibt der schwedische Chemiker und Mineraloge Johan Gottschalk Wallerius (1709 bis 1785) das Mineral ausführlich unter der Überschrift „Gipsarter“. Allerdings nennt er an dieser Stelle keinen Anhaltspunkt, was ihn zur Namensgebung inspirierte. Tatsache ist, dass die Bedeutung des Namens Selenit auf das griechische Wort für Mond – seléne – zurückgeht, was wortwörtlich mit Mondstein übersetzt wird.

Wie von anderen Mineralogen der damaligen Zeit zu entnehmen ist, war der Begriff Spiegelstein schon lange bekannt. Der Paläontologe und Archäologe Johann Samuel Schröter (1735 bis 1808) schreibt, dass Selenit bei den alten Römern als Spiegelstein (Lunaris) bezeichnet wurde, „weil sich darinne das Bild des Mondes spiegeln könne, wenn er auf ihn scheine“. Der Mineraloge Johann Friedrich Henkel merkt 1759 an, das der Namen „von der mondenweißen Farbe“ des Minerals, d.h. den klaren, weißen Reflexionen, die an den Mond erinnern, geprägt ist.


Eigenschaften von Selenit

Selenit ist eine Varietät von Gips mit der chemischen Zusammensetzung CaSO4·2H2O, die der in der Mineralogie gängigen Klasse der Sulfate mit Kristallwasseranteil zugeordnet wird.
In Anlehnung an die "Verwandtschaft" mit Gips und der tafelig-spatigen Kristalle wegen wird Selenit vor allem in der älteren Literatur als Gipsspat bezeichnet, bei Wallerius unter dem Begriff gypsum lamellis.

Selenit ist vorwiegend von weißer Farbe oder farblos. Durch "Verunreinigungen" verschiedener Art, z.B. Fremdionen im Kristallgitter, kann Selenit auch zarte klare Farben annehmen, wie auch schon der Paläontologe Johann Samuel Schröter (1735 bis 1808) wusste: Selenit ist ihm zufolge von "hell-graulich- und gelblich-weisser Farbe", kann aber auch ins leicht Grünliche gehen.
Wallerius unterschied seinerzeit bei der Beschreibung von Selenit aus einem Gipsbruch beim Quedlingburg weißen, gelben und schimmernden Selenit (Selenites albus, Selenites flauus und Selenites versicolor).
Die Strichfarbe von Selenit - d.h., die Farbe, die erscheint, wenn ein Mineral über eine unglasierte Porzellantafel gestrichen wird, ist weiß.

Selenit kristallisiert dem monoklinen Kristallsystem folgend. Die Kristalle von Selenit sind prismatisch und tafelig oder wie Wallerius bereits erkannte: "bestehet aus lauter Blattern und Scheiben, so dass ein Blättchen, so dünne es auch ist, doch in andre Scheibchen zerteilet werden kann". Schröter beobachtete 1784, dass Selenit ebenso "in sechseitige Säulen crystallisirt, die an den Enden zugeschärft sind". Die Aggregate werden als rosettenartig, körnig, massig oder faserig beschrieben.

Selenit zeichnet sich durch einen faserigen, muscheligen und splitternden Bruch aus, die Spaltbarkeit ist vollkommen. Der Glanz von Selenit ist glasartig, auf Spaltflächen präsentiert sich ein perlen- bis seidenartiger Glanz. Die Transparenz der Kristalle ist undurchsichtig bis durchsichtig.

Selenit ist mit einer Mohshärte von 1,5 bis 2 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) ein sehr weiches Mineral. Die Dichte beträgt 2,32 g/cm3.


selenit_mineral - Mineral und Kristalle
Selenit-Varietät Marienglas

Marienglas und Selenit

Unter dem Begriff Marienglas werden besonders klare Selenitkristalle zusammengefasst, die in der Vergangenheit für Darstellungen von Maria oder Maria und Jesus anstelle von Glas verwendet wurden.


Entstehung und Verbreitung von Selenit

Selenit als Mineral sedimentären Ursprungs entsteht hauptsächlich in der Oxidationszone von sulfidhaltigen Erzlagerstätten oder in Salzstöcken.
Die Entstehung von Selenit ist ebenso über die Metamorphose von Anhydrit möglich. Teilweise ist Selenit auch in Tonsteinen oder Sanden integriert.

Die Vorkommen von Selenit sind unter anderem mit Zinkblende, Pyrit und Halit, Bleiglanz und Calcit vergesellschaftet.

Finden kann man Selenit bspw. in Friedrichroda (Marienglashöhle), Osterode, Staßfurt, Eisleben/Deutschland; Kärnten/Österreich; Volterra/Italien; Polen; England; Frankreich; Russland; Utah, Dakota, Michigan, Kentucky, Kansas/USA; Mexiko; Peru; Madagaskar und Marokko.


Selenit-Vorkommen in Deutschland

Vollständige Liste der Selenit- und Marienglasvorkommen in Deutschland: siehe www.mindat.org

Bundesland Fundort
Baden-WürttembergBruchsal, Dachsberg/Waldshut, Gremmelsbach/Triberg, Lörrach, St. Blasien, Wiesloch
Bayern Bodenmais, Donauwörth, Mistelgau/Bayreuth, Pfaffenreuth, Wunsiedel
HessenBebra, Flörsheim am Main, Giesel, Süß/Nentershausen
NiedersachenBad Lauterberg, Duingen, Lüneburg, Müllingen, Osterode am Harz, St. Andereasberg, Volkmarode
Nordrhein-WestfalenAachen, Bottrop, Essen, Hagen, Herne, Marl, Olpe
Rheinland-PfalzBad Dürkheim, Eisenach/Eifel, Niederkirchen, Üdersdorf/Vulkaneifel
SaarlandRammelfangen
SachsenSchönbrunn
Sachsen-AnhaltEisleben, Elbingerode, Halle, Osterode, Staßfurt, Wernigerode
ThüringenDorndorf-Steudnitz, Friedrichroda, Kamsdorf, Rottleben, Weitisberga

Verwendung und Bedeutung von Selenit

Selenit wurde bereits zur Zeit des Alten Roms verwendet. Kristallklare Exemplare wurden zu Fenstern zusammengesetzt oder als Spiegel genutzt - daher auch der Name Spiegelstein (Lapis specularis) als Synonym für Marienglas (Glacies Mariae).
Auch das Kunsthandwerk machte sich Selenit zueigen: Vasen, Schalen und Kerzenleuchter werden heute wie in der Vergangenheit aus Selenit angefertigt.

Ein besonders imposantes Kunstwerk aus Selenit wird im Jahr 1881 vom Verein deutscher Ingenieure beschrieben: Der "Stolz von Jekaterinburg". Ein Arrangement verschiedener Früchte, angefertigt aus unterschiedlichen Mineralien: "Die Aepfel und Pflaumen aus Selenit, die Weinbeeren aus Bergkristall oder Amethyst, die Himbeeren aus Rhodonit, die Brombeeren aus Schörl, die Johannisbeeren aus Chalcedon oder Kristall, die Kirschen aus Carneol, die Blätter und Stengel aus Serpentin". Wer der Besitzer der steinernen Obstschale ist, wurde allerdings nicht überliefert.

Heutzutage findet Selenit in der Bauindustrie, beispielsweise als Bindemittel, Estrichgips, der durch Selenit einen feinen Schimmer erhält, oder als Leichtbaumaterial Verwendung.

Als Schmuckstein ist Selenit weniger von Bedeutung. Das Mineral ist zu weich und filigran, als dass es zur Verarbeitung für Schmuck geeignet wäre. Bei Mondsteinen, die als Schmuckstein verkauft werden, handelt es sich sehr wahrscheinlich nicht um Selenit, sondern um die Feldspat-Varietät Mondstein.


Heilstein Selenit

Selenit fand aber auch in der historischen Medizin Anwendung. So berichtet Karl Russ (1833 bis 1899), dass Selenit als Arznei bei "Blutflüssen u. z. unsinnigen Kuren" verschrieben wurde.
Der Arzt, Geologe und Mineraloge Franz Ambrosius Reuss (1761 bis 1830) beschreibt ein Gebräu mit dem Namen "Schleder Säuerling", das "harntreibende, abführende, auflösende Kräfte" versprach und neben Selenit aus den Zutaten "Mineralgeist, Vitriol, Kalkerde, Wundersalz, Mineralalkali" bestand.

Auch heute wird Selenit noch als Heilstein - auch in Form von Edelsteinwasser angeboten, ohne dass die Heilwirkung von Selenit in klinischen Untersuchungen bestätigt werden konnte.


Nachweis von Selenit

Wird Selenit in einem unverschlossenen Reagenzglas über der Flamme auf über 163°C erhitzt, wird Wasser freigesetzt. Selenit ist fast unlöslich in Säuren.


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Auch interessant:


Quellen:
⇒ Wallerius, J. G. (1747): Mineralogia, Eller Mineralriket, Indelt och beskrifvit
⇒ Wallerius, J. G. (1750): Johann Gottschalk Wallerius, Der Weltweisheit und Arzneikunst Doktors auf der königl. Akademiez zu Upsala, der medicinischen Facultät Adiunctus, der römisch-kaiserlichen Akademie der Naturforscher, auch des königl. medicinischen Kollegii zu Stockholm Mitgliedes, Mineralogie, oder Mineralreich von Ihm eingeteilt und beschrieben. Berlin 1750
⇒ Schröter, J. S. (1784): Selenit. IN: Lithologisches Real- und Verballexikon. Steine und Versteinerungen. Sechster Band.
⇒ Henkel, J. F. (1759): Flora in mineralogia redivivus. Von der Mineralogie oder Wissenschaft. Von Wassern, Erdsäften, Salzen, Erden, Steinen und Erzen
⇒ Reuss, F. A. (1816): Chemisch-medizinische Beschreibung des Kaiser Franzensbades oder des Egerbrunnens nebst einer Literärgeschichte dieser Quelle und historisch-statistisch- und geognostischen Bemerkungen des Egerischen Bezirks
⇒ Russ, K. (1869): Waarenkunde für die Frauenwelt: Arznei-, Farbewaaren und Schönheitsmittel
⇒ Verein deutscher Ingenieure (1881): Vermischtes
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München

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