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Ägyptisch Blau - Ein antikes Blaupigment



Mineralien werden bereits seit Jahrhunderten als farbgebendes Pigment in der Kunst verwendet. Aus Lapislazuli und Azurit werden blaue Pigmente gewonnen. Fuchsit und Malachit dienen als mineralische Basis für grüne Farben. Auripigment wurde für die Gewinnung von goldgelben Pigmenten verwendet und aus Krokoit wurden orangefarbene Pigmente gefertigt. Dass Farbpigmente in der Vergangenheit ebenso synthetisch hergestellt wurden, beweist das Pigment Ägyptisch Blau.



Ägyptisch Blau – Definition

Ägyptisch Blau ist ein reines, kräftiges Blaupigment, das künstlich hergestellt wird und seinen Ursprung in Ägypten hat.
Auch wenn vorrangig im Alten Ägypten vielen Kunstwerke wie Wand- und Deckenmalereien, Fresken, Sargophage, Skulpturen - siehe die Büste der Nophrete und Schriftstücke aus Papyrus mit dem blauen Pigment verziert wurden, kam Ägyptisch Blau auch fernab der Landesgrenzen zum Einsatz. WissenschaftlerInnen konnten nachweisen, dass einst auch der Parthenon, der Tempel der Akropolis in Griechenland, mit dem Blaupigment versehen war.


Lapislazuli
Das Blau von Lapislazuli kommt dem Farbton von Ägyptisch Blau sehr nahe

Herstellung von Ägyptisch Blau

Ägyptisch Blau ist ein Blaupigment, das in der Vergangenheit zu den Pigmenten gehörte, die unter dem Sammelbegriff Indig, pigmentum indicum, indigo zusammengefasst wurden, wie der Mediziner Albert Weinlig (1812 bis 1873) wusste: „jenes künstliche Farbmaterial, welches in sehr verschiedenen Sorten und Abstufungen der Güte aus Bengalen, Madras, Java, Manilla, Aegypten, den afrikanischen Küsten, Südamerika (namentlich Guatimala), den Antillen und den südlichen Theilen der vereinigten Staaten zu uns kommt“. Auf die Frage, ob die Rohstoffe des Indigos pflanzlicher oder mineralischer Herkunft waren, wurde nicht weiter eingegangen, lediglich die Gemeinsamkeit der dunkelpurpurblauen Farbe betont.

Dass im Speziellen Ägyptisch Blau eines der ältesten Pigmente der Welt ist, das synthetisch gewonnen wurde, zeigt ein Blick zurück in die Geschichte der Menschheit. Archäologische Funde zeigen, dass das Blaupigment schon 3000 Jahre v.Chr. Verwendet wurde.
Allerdings wurde bei der Herstellung des blauen Pigment kein farbgebender Rohstoff mineralischen Ursprungs verwendet, wie es anno dazumal teilweise üblich war, siehe: Malachit, Zinnober/Cinnabarit, Cerussit, Azurit, Lapislazuli oder Krokoitbedient wie es damals üblich war; vielmehr wurde bei Ägyptisch Blau auf die Synthese des blauen Pigments gesetzt.

Der römische Architekt und Ingenieur Marcus Vitruvius Pollio, der im 1. Jahrhundert v.Chr. Lebte, beschreibt im 7 Band seiner Reihe „Zehn Bücher über Architektur“ unter dem Titel „Der Innenausbau der Privatgebäude, Farbenkunde“ ausführlich die Herstellung von Ägyptisch Blau. Ein himmelblaues Pigment, das erstmals in Alexandria entdeckt wurde, dann über einen gewissen Vestorius auch auch nach Puteoli in Italien kam und das Geheimnis der Inhaltsstoffe schon damals gelüftet werden konnte: Kupfererz wurde mit Kohle von Pflanze und Natronblüte zu einem feinen Mehl zerstoßen und gut miteinander vermengt und unter Hitze gebrannt. Die Rezeptur deckt sich mit den Erkenntnissen aktueller Forschungsergebnisse, insofern Quarz, Kalkstein, Kupfer oder Bronze fein pulverisiert mit Natron oder Pflanzenkohle versetzt wurde und anschließend über viele Stunden bei einer Temperatur von 870 °C gebrannt wurden. Das Ergebnis war ein blaues Pigment, das als das erste künstlich hergestellte Pigment der Welt gilt.

Auch wenn das Blaupigment einst eine ägyptische Erfindung war, machte sich Puteoli, bzw. heute Pozzuoli nahe Neapel in Italien, im Altertum schon bald einen Namen als wichtiger Standort der Blaupigment-Herstellung, was dem Pigment den Namen Pompejanisch Blau einbrachte.
Mit den Jahren geriet das Blaupigment etwas in Vergessenheit, bis es im 19. Jahrhundert wiederentdeckt wurde und in Frankreich in großem Maßstab hergestellt wurde. (Lunge, 1890).
Heutzutage gleicht die Herstellung nicht mehr gänzlich dem Verfahren von damals, insofern Silicium, Calcium und Kupfer miteinander vermengt und bei 850 bis 1000 °C einen halben Tag lang gebrannt werden. Anschließend wird die Mischung erneut pulverisiert und abermals über Stunden hinweg gebrannt. Zum Abschluß wird das Produkt in Salzsäure gekocht, mit Wasser gereinigt und zum Trocknen vorbereitet.


Ägyptisch Blau = Cuprorivait

Was den Alten Ägyptern vermutlich nicht bewußt war, ist die Tatsache, dass ihnen mit der Herstellung des blauen Pigments Ägyptisch Blau die Synthese des Minerals Cuprorivait gelungen war. Die Zusammensetzung des Pigments gleicht der des Minerals.
Cuprorivait ist ein sehr selten vorkommendes, blaues Mineral, das kleine Kristalle bildet und von dem derzeit nur ein einziger Fundort weltweit bekannt ist – am Vesuv in Italien. Zu Zeiten der Entdeckung der Herstellung von Ägyptisch Blau war Cuprorivait zudem nicht bekannt. Die Erstbeschreibung des Minerals stammt aus dem Jahr 1938.


CI Blue 31

Ägyptisch Blau wird auch heute noch in der Malerei verwendet. Vermengt mit einer Trägersubstanz dient das Pigment als blaue Farbe.
Ob ein Blaupigment Ägyptisch Blau beinhaltet, verrät die Bezeichnung CI Blue 31/CI Blau 31 oder CI Pigment Blue 31 (CI = Color Index) oder die Synonyme Nil-Blau, Kupferblau, Pompeijanisch Blau oder Blaues Kupfersilikat.


Auch interessant:


Quellen:
⇒ Busch, G. C. (1814): Indig. IN: Handbuch der Erfindungen. “Die” Buchstaben J und K enthaltend. Siebenter Theil
⇒ Weinlig, A. (1839): Indig (pigmentum indicum, Indigo, Indig. IN: Die Pflanzenchemie. Ein Handbuch für Ärzte und Apotheker
⇒ Jahrbuch des Kaiserlichen Deutschen Archäologischen Instituts (1890): Erwerbungen der Antikensammlungen in Deutschland
⇒ Lunge, G. (1890): Notizen von der Pariser Weltausstellung. IN: Zeitschrift für angewandte Chemie
⇒ Dariz, P. und Schmidt, T. (2022): Raman focal point on Roman Egyptian blue elucidates disordered cuprorivaite, green glass phase and trace compounds. IN: Scientific Reports volume 12, Article number: 15596 (2022)
www.mineralienatlas.de - Cuprorivait
www.mindat.org - Cuprorivaite
https://colourlex.com - Egyptian Blue
www.materialarchiv.ch - Ägyptisch Blau PB 31

Letzte Aktualisierung: 16. Oktober 2023




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