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Steinpapier - Papier aus Kalkstein und Harz



Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war es üblich, auf Schiefertafeln zu schreiben. Doch schon bald wurde der steinerne Schreibuntergrund durch Papier abgelöst. Auch heutzutage kann man auf steinhaltigem Material schreiben, ohne dass auf die Eigenschaften von Papier verzichtet werden muss - in Form von Steinpapier.



Die Erfindung von Steinpapier

Alois Senefelder (1771 bis 1834), seines Zeichens Erfinder der Lithographie, hatte vor über 200 Jahren als erster die Idee, Steinpapier herzustellen und setzte sein Vorhaben in die Praxis um.

Im Jahr 1813 präsentierte Senefelder die Ergebnisse seiner Experimente: "ein künstliches Steinpapier, oder eine steinartige Masse, die auf Papier oder Leinwand aufgestrichen wird" (Nagler, 1846).
Dem folgten weitere Versuche, wobei bei ihm nicht der völlige Verzicht auf Holzpapier im Vordergrund stand, sondern ein Papier zu erschaffen, dass wasserfest ist und mit welchem die "geringe Haltbarkeit des Papieres" (Engelmann, 1840) umgangen werden konnte.

Am 22. Februar 1819 reichte Senefelder schließlich das Patent zur Fertigung von Steinpapier mit dem Titel "Papyrographische Platten" ein.
Sein "Stein-Papier" bezeichnete Senefelder selbst 1831 als "ein von mir erfundenes Surrogat", Ersatzprodukt. Er habe zahlreiche "Versuche gemacht, eine steinähnliche Mischung zu erdenken, welchen eben so gut zu gebrauchen wäre" und erforschte Mischungen mit verschiedenen Zutaten in den unterschiedlichsten Mengenverhältnissen, u.a. mit Kalk und geronnener Milch oder Kreide plus Gips und Leim. Der Durchbruch gelang Senefelder erst, als er herausfand, dass Öl die Mischung wasserfest machte.

Mit dem heutigen Steinpapier hat Senefelders Steinpapier wenig gemeinsam; handelte es sich bei seiner Erfindung um Papier, das mit pulverisiertem Kalk oder Gips unter Zugabe von Leinöl und Wachsen laminiert wurde.
Die genaue Rezeptur seines Steinpapiers wurde in selbigem Patent verraten. Senefelder setzte zum überwiegenden Teil aus Kreide, während Gips, Kalk, ´fette Erde`, Thon, Metalloxide und Öl in geringeren Mengen verwendet wurde.
Die pulverisierte und abschließend mit Öl vermischte Masse wurde dann auf Papier aufgetragen und drei bis vier Monate luftgetrocknet.
Neben dem Vorteil der Wasserfestigkeit versprach Senefelders Steinpapier auch die längere Haltbarkeit des Materials gegenüber gewöhnlichem Papier.

Ähnlich sahen die nachfolgenden Experimente verschiedener Erfinder zur Herstellung von Steinpapier aus, weshalb Senefelder mindestens dreizehn weitere Steinpapier-Rezepte in Umlauf brachte, einzig zum "Zweck, die, welche das Verfahren nach der in dem Patent enthaltenen Beschreibung nachahmen wollten, irre zu leiten" (Engelmann, 1840).

Der Durchbruch, der mit dem vollständigem Verzicht von Holz einherging, erfolgte Ende der 1990er Jahre. Das Unternehmen Lung Meng Technology Co.** mit Sitz in Taiwan entwickelte Papier, nur aus Kalkstein und Harz bestehend.


Ein Papier aus Stein

Der Hauptbestandteil von Steinpapier ist Kalkstein: der Anteil des hellen, weichen Gesteins am Steinpapier beträgt 80 Prozent.

Zur Herstellung von Steinpapier werden die „Abfälle“ aus Kalksteinbrüchen verwendet, zu Gesteinsmehl pulverisiert, anschließend mit Hilfe von Polyethylen-Harz miteinander verbunden und zu Papier aufbereitet.


verschiedene Grammaturen von Steinpapier
Bild 1: Steinpapier mit verschiedenen Grammaturen/**


Dass für das Papier aus Stein Kalkstein und nicht Basalt, Granit, Schiefer oder andere Gesteine verwendet werden, liegt in den Eigenschaften von Kalkstein begründet. Das Sedimentgestein ist von heller, papierähnlicher Farbe, ist zudem feinkörnig und muss nicht mit viel Aufwand zu feinem Pulver gemahlen werden und nicht zuletzt ist die weltweite Verfügbarkeit aufgrund der vorkommenden Häufigkeit groß.

Auch wenn ein Gestein für die Fertigung von Steinpapier genutzt wird, ist Steinpapier keinesfalls starr. Es ist genauso „beweglich“ wie gewöhnliches Papier und kann verschiedene Grammaturen bzw. Dichten/Stärken aufweisen.

Ein Unterschied zum normalen Papier besteht in der Oberflächenbeschaffenheit von Steinpapier. Es fühlt sich beim Darüberstreichen samtig, gleichzeitig aber auch leicht kalkig an.

Farblich besteht kein Unterschied. Steinpapier ist ebenso weiß und rein wie Papier aus dem Alltag, das es allerorten zu kaufen gibt. Steinpapier zu kaufen gestaltet sich etwas schwieriger; neben Online-Händlern gibt es das Papier auch im Künstlerbedarf.


Schreiben auf Stein

Seit einigen Jahren hält Steinpapier immer mehr Einzug in den Alltag und ersetzt Holzpapier.

Der Grund: Steinpapier wartet mit vielen Eigenschaften auf, mit denen Standardpapier nicht mithalten kann:

Vor allem papierhaltige Materialien, die der Witterung ausgesetzt sind wie Poster und Plakate oder häufig in den Händen gehalten werden, bspw. Landkarten, Notizbücher von Geologen für die Arbeit im Gelände, Flyer, Taschen, Papiertüten, Verpackungsmaterial und Speisekarten, werden zunehmend gegen Steinpapier als umweltbewußte Alternative zu Holzpapier ausgetauscht, da Steinpapier im Wasser nicht aufquillt oder zerreißt und die Drucke nicht verschwimmen bzw. verwaschen.

Auch im Künstlerbereich hat sich Steinpapier als attraktiver Zeichenuntergrund etabliert. Soft- und Ölpastelle können auf Steinpapier ebenso angefertigt werden wie Zeichnungen mit Kreide und Tusche, aber auch Schreibstifte aus dem Alltag wie Kugelschreiber, Fineliner und Bleistifte haften sicher und langanhaltend auf Steinpapier. Lediglich beim Bedrucken von Steinpapier sind dem Material Grenzen gesetzt. Während Tintenstrahldrucker für Steinpapier geeignet sind, wird von der Verwendung von Laserdruckern abgeraten, da es bei Temperaturen ab 65 °C (Temperaturen, die im Zuge des Laserdruckens einhergehen) zu Verformungen des Steinpapiers kommen kann.

Zudem weist Steinpapier diversen Herstellern zufolge eine positivere Ökobilanz gegenüber Papier aus Holz auf. Wird bei der Herstellung von Steinpapier nicht nur auf Holz verzichtet (Zum Vergleich: bei einer Tonne Steinpapier kann auf die Rodung von 20 Bäumen verzichtet werden), so kommen bei der Produktion weder Wasser noch bleichende Substanzen oder Säuren zum Einsatz. Aus diesen Gründen wird Steinpapier als umweltfreundliche und zukunftsträchtige Alternative zu konventionellem Papier betrachtet.


Steinpapier im Praxistest

Verglichen mit normalem Papier lässt sich Steinpapier tatsächlich sehr schwer zerreißen. Mit der Schere hingegen ist Steinpapier einfach zu zerschneiden, wobei die Klingen der Schere geschmeidiger durch das Steinpapier gleiten.

Der Schreibtest mit verschiedenen Schreimaterialien (Bleistift, Kugelschreiber, Filzstift, Fineliner und Pastellstift) verlief ebenfalls positiv; die Minen der unterschiedlichen Schreibstifte wurden beim Schreiben weder gestoppt noch erfolgte ein unüblicher Abrieb beim Bleistift und Paststellstift.


Steinpapier lässt sich leicht beschreiben
Bild 2: Schreibproben auf Steinpapier - von oben nach unten: Bleistift, Kugelschreiber, Filzstift, Fineliner, Pastellstift

Auch bei der Wasserbeständigkeit kann man sich auf das Versprechen des Herstellers verlassen. Das beschriftete Steinpapier wurde unter fließendes Wasser gehalten: die Schrift verwischte nicht oder lief an den Rändern aus, das Papier wellte nicht oder löste sich auf wie bei üblichem Papier bekannt. Zum Erstaunen ist außerdem, dass das Wasser im Test über die Steinpapieroberfläche abperlte wie bei laminiertem Papier. Zudem blieb die nicht benässte Papierunterseite trocken. D.h. Steinpapier ist tatsächlich geeignet, als wasserfeste Alternative zu gewöhnlichen Papiertüten verarbeitet zu werden.



nasses Steinpapier

Bild 3: Schreibproben nach dem Benässen

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Quellen:
⇒ Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt: (1819): Nachricht über Aloys Senefelder´s Lithographisches Institut in Paris.
⇒ Senefelder, A. (1831): Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey
⇒ Engelmann, G. (1840): Künstliche Steine. Senefelders Steinpapier. IN: Das Gesammtgebiet der Lithographie, oder: Theoretische und praktische Anleitung zur Ausübung der Lithographie nach ihrem ganzen Umfange, durch Darlegung und Veranschaulichung der ersten Elemente bis zur Angabe des Verfahrens bei Herstellung des Höchsten und Vollendetsten, was diese Kunst bis jetzt liefert
⇒ Nagler, G. K. (1846): Senefelder, A.. IN: Neues allgemeines Künstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter, etc
www.rockpaper.de - Umweltbilanz und Informationen zu Steinpapier
www.stone-paper.com.au - Verbrauchsbilanz Steinpapier

Letzte Aktualisierung: 22. März 2024




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