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Veganes Elfenbein - Steinnuss als Ersatz



Vegan ist in. Der Verzicht auf tierische Rohstoffe bezieht sich nicht nur auf Lebensmittel, auch tierische Wolle wird ersetzt gegen pflanzliche Alternativen und auch in der Schmuckbranche ist der Veganismus angekommen, wie man am Beispiel von veganem Elfenbein sieht.



Elfenbein

Der Begriff Elfenbein umfasst nicht nur die Stoßzähne von Elefanten. Auch die Stoß- und Eckzähne vom Mammut, Pottwal, Narwal, Flusspferd sowie Walross werden als Elfenbein definiert.

Was eine begehrte Jagdtrophäe war und leider auch heute noch ein Statussymbol ist, ist nicht unumstritten. Die Schlagwörter, die im Zusammenhang mit Elfenbein fallen, sind kritikgeladen: Schmuggel, Artensterben und Wilderei sind nur einige.

Dabei ist pflanzliches Elfenbein in der westlichen Welt seit mehr als 150 Jahren bekannt und keine Entdeckung aktueller Tage. Der Rohstoff hinter dem nicht-tierischen Elfenbein: Steinnusssamen, alternativ auch Taguanuss.


Elfenbeinersatz Steinnuss

Das vegane Pendant zum Elfenbein sind die Samen der Steinnusspalme bzw. Elfenbeinpalme (Phytelephas). Die ursprünglich im nördlichen Südamerika heimische Palme wird mittlerweile auch in Zentralafrika kultiviert und dient vorrangig zur Gewinnung von Öl oder als Basis zum Brauen von Bier.

Das Besondere an der Palme sind die Samen, die bis zu 15 cm groß werden und den Vergleich mit echtem Elfenbein nicht zu scheuen brauchen.
Auf den ersten Blick sind die Samen unscheinbar: eine dunkelbraune Hülle verdeckt den kostbaren Inhalt. Frische Steinnüsse sind zunächst von weißer Farbe, durch Sonneneinstrahlung und Alterung/Lagerung verwandelt sich die Farbe in elfenbeinfarben, beige bis hellbraun, sodass die Unterscheidung zwischen echtem Elfenbein und Steinnuss schwer fällt. Parallel gewinnt die Nuss an Härte und wird wortwörtlich hart wie Stein.

Auch in puncto Härte kommt die Härte der Steinnuss Elfenbein nahe, denn die Struktur ähnelt laut Schultz (1844) der von Knochen. Selbiger beschreibt Steinnüsse im Konkreten als das „verholzte Zellgewebe des Eiweißkörpers“ der Elfenbeinpalme.

Im Zuge von Recherchen werden in der historischen Literatur vor allem zwei Verwendungszwecke von Steinnüssen aufgezählt: Zahnersatz und Dekoration bzw. „zu kleineren Drechslerarbeiten“ (Schultz, 1844), insofern sich genauso bearbeiten, schnitzen oder gravieren lässt wie Elfenbein.

Schultz begründet die Eignung von Steinnüsse als dritte Zähne in seinen Ausführungen „Ueber die Zusammensetzung der Steinnüsse und deren Benutzung zur Anfertigung künstlicher Zähne“ vor allem mit der Farbbeständigkeit, Langlebigkeit und dem Geruch. Er führt zwar auf, dass Porzellan auch schon 1843 als Material für Zahnersatz verwendet wurde, was allerdings wenig beliebt war. Der Großteil der künstlichen Zähne bestand damals aus den Knochen verschiedener Tiere. Bemängelt wurde an den knöchernen Zähnen, dass sich die Farbe der Zähne mit der Zeit unschön veränderte und von den Zähne infolge verschiedener Lebensmittel ein unangenehmer Geruch ausging.

Reissmann (1884) führt in seinem „Nachweis der Steinnussfälschung im Knochenmehl“ die Steinnuss als Zuschlagstoff in der Knopfproduktion als Argument folgendes auf: die Steinnuss ist „weißer als Knochen, alabasterartig durchscheinend und von mehr langfaserigem Bruch, während Knochensplitter meist muscheligen Bruch zeigen“.

Das „vegetabilische Elfenbein“ wurde laut Wittstein (1847) aber auch für Manschettenknöpfe, Schmuck und Buchdeckel, Gürtelschnallen, Schachfiguren und Würfel verwendet.

Kurzum: die Argumente von Steinnüssen überwiegen gegenüber echtem Elfenbein. Die Produktion bzw. der Abbau von Steinnüssen ist nicht nur kostengünstiger, sondern auch nachhaltiger. Von einer Elfenbeinpalme können binnen eines Jahres so viel veganes Elfenbein geerntet werden wie ein Elefant mit 60 Jahren Lebenserwartung.


Auch interessant:


Quellen:
Ueber die Steinnuss oder das vegetabilische Elfenbein. IN: Allgemeine pharmaceutische Zeitschrift Band 1 (1843)
⇒ Schultz, C. H. (1844): Ueber die Zusammensetzung der Steinnüsse und deren Benutzung zur Anfertigung künstlicher Zähne. IN: Beiträge zur physiologischen und pathologischen Chemie und Mikroskopie in ihrer Anwendung auf die praktische Medizin
⇒ Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten (1844): Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten. Band 17
⇒ Wittstein, G. C. (1847): Vollständiges etymologisch-chemisches Handwörterbuch mit Berücksichtigung der Geschichte und Literatur der Chemie ; zugleich als synoptische Encyclopädie der gesammten Chemie. M - Z
⇒ Reissmann, A. (1884): Nachweis der Steinnussfälschung im Knochenmehl. IN: Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland, Band 25
⇒ Moeller, J. (1886): Steinnüsse und Dattelkerne. IN: Mikroskopie der Nahrungs- und Genussmittel aus dem Pflanzenreiche


Letzte Aktualisierung: 27. Dezember 2023



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