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Marquiseschliff – Navette



Edelsteine werden nicht nur in den verschiedensten Farben angeboten; auch die Auswahl der Schliffe ist vielfältig und vielgesichtig. Der Schliff mit dem vermutlich romantischstem Entstehungshintergrund ist der Marquiseschliff.



Marquiseschliff – Die Merkmale

Der Marquiseschliff ist ein Vertreter der Fancy Cuts. In der Gemmologie (Lehre der Bearbeitung und Verwendung von Schmuck- und Edelsteinen) hat sich die Bezeichnung Fancy Cut insbesondere im Zusammenhang mit Diamanten für Steine herauskristallisiert, die nicht im klassischen, runden Brillantschliff gehalten sind.

Andere Fancy Cuts sind bspw. Asscher-Schliff, Smaragdschliff, Baguetteschliff, Herzschliff, Brioletteschliff, Tropfenschliff oder Kissenschliff (Cushion Cut).

Ein anderer Name für den Marquiseschliff ist Navette bzw. Navetteschliff, der einen Hinweis auf die Form des Schliffs vermittelt. Navette wird aus dem Französischem mit kleines Boot übersetzt. Marquise hingegen ist ein in Frankreich gängiger Adelstitel für Markgrafen – eine Anspielung auf den historischen Hintergrund des Schliffs.

In der Aufsicht gleicht der Marquiseschliff einem langgezogenem Oval mit spitz zulaufenden Enden – genau wie der Korpus eines Boots. In der seitlichen Betrachtung erinnert der Navetteschliff an einen in die Breite gezogenen Brillanten, was nicht zuletzt damit begründet wird, dass der Marquiseschliff eine Weiterentwicklung des Brillantschliffs ist und einige Merkmale dessen aufgreift, wie die große zentrale Tafelfacette im Oberteil, die Rundiste (die gürtelartig angelegten Facetten, die obere Krone vom unteren Pavillon trennt) sowie die Kalette. Die Kalette wie wird als die abschließende Facette an unterste Stelle des Steins definiert, die das eintreffende Licht reflektiert und den Stein von Innen heraus zum Strahlen bringt.

Der Marquiseschliff zählt insgesamt 58 Facetten, wovon 33 Facetten auf die Krone und 25 auf den unteren Teil entfallen.
Da die spitz zulaufenden Enden des Marquiseschliffs vergleichsweise filigran und fragil sind, hat es sich etabliert, sogenannte French Tips einzuarbeiten. Die Bearbeitung bzw. Gestaltung der Facetten wird minimal modifiziert, um dem Stein mehr Stabilität zu verleihen und um zu verhindern, dass die Kanten abbrechen. Anstatt der abschließenden Bezel-Facette, die einem Trapez gleicht, und den angrenzenden dreieckigen Facetten, wird ein Facetten-Konstrukt geschaffen, das einem achtstrahligen Stern ähnelt.

Abweichungen gibt zudem im Verhältnis Länge zu Breite. Als Optimum gilt ein Verhältnis von 1,85 bis 2,00. Steine mit einem Verhältnis kleiner als 1,85 wirken schnell eiförmig und zu oval, während der Marquiseschliff mit einem Länge-zu-Breite-Verhältnis von mehr als 2,15 zu lang wirkt.


Edelsteine im Marquiseschliff

Für den Navetteschliff sind im Speziellen Mineralien mit durchsichtiger Transparenz prädestiniert, deren Reinheit und Farbe unterstrichen werden soll, sodass sowohl weiße bzw. farblose wie auch farbige Edelsteine im Marquiseschliff gehalten werden.

Bei weißen Diamanten wird allerdings dazu geraten, nur reinweiße Steine zu verwenden, deren Farbqualität den Standards D bis H entspricht, d.h., die vom reinstem Weiß sind.
Diamanten in den Nuancen I bis Z wirken durch den mehr oder weniger intensiv ausgeprägtem Stich ins Gelbliche vor allem an den äußeren Enden schnell angegilbt.

Weiterhin werden in Hinblick auf die Reinheit Empfehlungen ausgesprochen. Die groß gearbeiteten Facetten der Tafel sind der präsenteste Teil des Schliffs und offenbaren leicht augenscheinliche Einschlüsse von anderen Mineralien, Gasen oder Flüssigkeiten. Inklusionen in den Randbereichen fallen infolge der Vielzahl kleinerer Facetten weniger auf.

Das Besondere am Marquiseschliff ist nicht nur die Wirkung der Proportionen in Schmuck, sondern auch das Größe-zu-Gewicht-Verhältnis. Der Fokus des Marquiseschliffs liegt auf der Länge, weniger der Höhe. Dadurch erweckt der Schliff den Eindruck eines hochkarätigen Steins, was im Vergleich mit gleichgewichtigen Steinen anderer Schliffe auffällt.

Dank der länglichen Form lassen Ringe mit Steinen im Marquiseschliff die Finger zudem länger und schlanker wirken, sofern der Stein hochkant eingefasst wurde. Designs, die auf eine horizontale Einfassung setzen, lenken die Aufmerksamkeit auf den Stein.

Tabelle 1: Größenvergleich verschiedener Diamantschliffe
Schliff (mm)/Gewicht (Karat) 0,25 0,5 0,75 1 2 3 4 5
Brillantschliff 4,1 5,1 5,8 6,3 8,1 9,3 10,2 11
Ovalschliff 5x3 6x4 7,5x5 8,5x5 10,5x7 11,5x7,5 13x5 14,9,5
Marquise-Schliff 6,5x3 8,5x3 9,5x4,5 10,5x5 13x6,5 14x7 16x8 17x8,5
Tropfenschliff 5,5x3,5 7x4,5 8x5 8,5x5 10,5x7 12,5x8 13,5x9 15x10
Princess-Schliff 3,5 4,4 5 5,5 7 8 9 9,5
Smaragd-Schliff 4,5x3 5,5x4 6x4,5 6,5x5 8,5x6 9,5x7 10,5x7,5 11,5x8,5
Asscher-Schliff 3,7 4,4 5 5,5 7 8,1 9 9,6
Das Verhältnis Größe zu Karat von geschliffenen Steinen

Auch wenn der Navetteschliff ursprünglich für Diamanten kreiert wurde, findet der Schliff auch bei anderen Edelsteinen Anwendung, bspw. Alexandrit, Amethyst, Apatit, Aquamarin, Blautopas, Citrin, Goshenit, Granat, Iolith, Padparadscha-Saphir, Peridot, Pink Saphir, Rauchquarz, Rhodolith, Rubin, Saphir, Sphen, Tansanit, Topas, Tsavorit, Turmalin, Weißtopas und Zirkon.

Darüber hinaus wird die Form auf Steine im Cabochonschliff adaptiert. Cabochons zeichnen sich in der Regel durch eine ebene Unterseite sowie eine gewölbte Oberseite aus. Auf Facetten wird verzichtet, die Grundform ist vorwiegend oval. Navetteförmig gearbeitete Cabochons werden besonders bei undurchsichtigen Steinen angewendet, deren Farbe und eventuelle charakteristische Eigenheiten wie Muster im Vordergrund stehen, z.B. Bernstein, Chalcedon, Jade, Labradorit, Lapislazuli, Mondstein, Onyx, Opal oder Rosenquarz.


Die Geschichte des Marquiseschliffs

Der Marquiseschliff ist eine Pariser Erfindung. 1745 gab der König von Frankreich, Louis XV (1710 bis 1774) bei seinem Hofjuwelier einen Schliff in Auftrag, dessen Gestalt ihn an die Lippen seiner Mätresse Madame de Pompadour (1721 bis 1764, alternativ Marquise de Pompadour) erinnert. Heraus kam ein mandelförmiger Diamant mit spiegelgleicher Mittellinie.

Eine etwas weniger romantische Erklärung sieht den Marquiseschliff als Erfindung eigens für die französischen Marquises, die mit Schmuck bzw., Steinen im Marquiseschliff ihren gesellschaftlichen Stand öffentlich präsentieren konnten. Wie auch immer – der Navetteschliff erfreut sich seit Jahrhunderten großer Beliebtheit und wird nicht nur von Adligen getragen.


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Quellen:
https://4cs.gia.edu - How to Choose a Marquise Diamond
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (2017): Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München

Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024




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