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Eduard Josef Gübelin: Der Experte für Edelsteine



Dass Edelsteine nicht nur schön und teuer sind, sondern dahinter eine Wissenschaft steht, ist unter anderem das Werk von Eduard Josef Gübelin. Als Mineraloge und Gemmologe trug er im Laufe seines Lebens eine beachtliche Sammlung aller weltbekannten Edelsteine zusammen; noch größer ist allerdings sein Wissensschatz und die Ergebnisse seiner Forschung. Fälschungen und Imitationen von echten Edelsteinen aufzudecken war ebenso Gübelins Anliegen wie auch die Bestimmung von Einschlüssen als einzigartiger, regionaler Fingerabdruck von Edelsteinen genau wie Entwicklung modernster Technologien zur Analyse und Untersuchung von Mineralien.



Das Leben Gübelins

Eduard Josef Gübelin wurde am 16. März 1913 in Luzern/Schweiz geboren.
Das Interesse für Edelsteine wurde Gübelin förmlich mit in die Wiege gelegt, Sein Großvater, Eduard Gübelin-Breit, war Inhaber eines Uhrengeschäfts, das nach dem Ende des 1. Weltkriegs unter der Federführung von Gübelins Vater, Eduard Moritz Gübelin-Schriber, betrieben wurde. Parallel zum Verkauf und der Reparatur von Uhren wurde im Jahr 1923 der Handel und die Anfertigung von Schmuck im Geschäft integriert.

Das Geschäft mit Uhren und Schmuck florierte, sodass 1924 eine Dependance in New York eröffnet werden konnte. Aber auch national expandierte das Familienunternehmen. 1931 folgte die Eröffnung einer Filiale in St. Moritz, gefolgt von Zürich 1932 und Genf 1944.

Nach dem Tod des Vaters ging die Geschäftsleitung an Gübelin und seinen Bruder über, dessen Metier die Uhrmacherkunst war. Zeitgleich das Segment der Kreation von individuellem Schmuck in der Luxusklasse ausgebaut, die Werkstatt erweitert, und das seit 1923 bestehende private gemmologische Labor in ein firmeneigenes Labor umgewandelt. Aufgrund der innovativen und modernsten Technologien machte sich das Unternehmen Gübelin schnell einen Ruf als Experte, der Edelsteine objektiv bewertet, sodass nicht nur Juweliere auf die Expertise von Gübelin vertrauten, sondern sich auch Museen, Versicherungen (Stichwort: Edelsteine als Wertanlage) sowie Auktionshäuser auf Gübelin vertrauten. Ein Ruf, der bis heute erhalten geblieben ist und nun in den Händen des Gübelin Gem Lab liegt.

Insofern lag es nahe, dass Eduard Gübelin mit in den Betrieb einstieg. Um die Hintergründe von Edelsteinen bzw. Mineralien umfassend zu verstehen, nahm Gübelin das Studium der Mineralogie auf, dessen Wissen er um ein Auslandssemester im Jahr 1936/37 am Institut für Edelsteine in Wien in der Fachrichtung Gemmologie ergänzte und auch New York kurzzeitig zum Studienort machte. Sein Studium beendete Gübelin mit der Abschlussarbeit zum Thema „Die Minerale im Dolomit von Campo Lungo (Tessin)“.

Am 15. März 2025 verstarb Gübelin in Luzern; sein Erbe für die Gemmologie bleibt für immer bestehen.


Gübelins Bedeutung für die Mineralogie und Gemmologie

Der Blick in den Kristall als Zeugnis der Echtheit

Gübelin gewann im Laufe seines Lebens zahlreiche bahnbrechende Erkenntnisse, die von immensem Wert für die Mineralogie waren und sind. Nicht umsonst trägt Gübelin den Titel „Pionier der Edelsteinforschung“. Als Vorreiter machte sich Gübelin international einen Namen mit der Erforschung des Innenlebens von Mineralien und der Enttarnung von synthetischen Edelsteinen.

Er identifizierte die Einschlüsse von Mineralien en detail, sodass er anhand der Inklusionen in den Kristallen – Gase Flüssigkeiten oder Fremdmineralien – Aufschluss darüber geben konnte, ob der Stein natürlichen Ursprungs oder eine Synthese aus Menschenhand ist und zwecks Korrektur oder Optimierung der Farbe und Reinheit behandelt wurde. Obendrein fand Gübelin heraus, dass die Einschlüsse in Mineralien vielerorts variieren, d.h., die Einschlüsse bestimmter Mineralien sind für ein definiertes Vorkommen auf der Welt typisch und quasi die DNA eines Minerals, anhand derer und auch aufgrund der Farbe Gübelin auf die Herkunft schließen konnte.

Ein wesentlicher Stützpfeiler bei seiner Arbeit war die Mikrofotographie, mit der auch noch so kleine Einschlüsse aufgedeckt wurden, aber auch faszinierende Aufnahmen entstanden, wie zum Beispiel die Einschlüsse von Insekten, Blüten und Samen in Bernsteinen, die er in seinem Aufsatz „The Tears of Heliades“ präsentierte.

Insofern ist es auch Gübelin zu verdanken, dass nicht nur lupenreine Steine als das Nonplusultra betrachtet wurden, sondern auch Steine mit Einschlüssen als wertvoll angesehen wurden, da die Einschlüsse für die Echtheit stehen.

So schrieb Gübelin bspw. 1941 in „Characteristics of Ceylon Rubies“, dass das Rot der Ceylon-Rubine im Vergleich zum Rubin aus Burma heller ist, beinahe schon als pinker Saphir durchgeht und begründet die einmalige Farbe mit der Anordnung der in den Kristallen enthaltenen Nadeln des Minerals Rutil.

Auch Smaragde unterschiedlicher Herkunft nahm Gübelin unter die Lupe bzw. das Mikroskop - „Differentation between Russian and Colombian Emerald“. Er stellte fest, dass Smaragd aus dem Ural/Russland samtig-grün („velvety green“) ist, während Kolumbianischer Smaragd einen Stich ins Gelbe aufweist und deutliche moosartige, dendritsche Einschlüsse, die sog. Jardins, enthält.

In Hinblick auf den royalblauen Saphir aus Andranondambo wies Gübelin Calcit, Fluor-Apatit, Fluor-Phlogopit, Baddeleyit-Zirconolith, Titanit, Skapolith, Thorianit, Spinell und Anorthit als Inklusion nach.

Im kristallklaren Peridot aus Pakistan fand Gübelin Einschlüsse von Vonsenit-Ludwigit, die für die schöne goldgrüne Farbe des Kaschmir-Peridot verantwortlich sind. Und für Poudretteit aus Mogok konnte er Einschlüsse von Flüssigkeiten und Gasen sowie Heilungsrisse als markantes Merkmal ausmachen.


Echter versus unechter Edelstein. Naturbelassener versus verschönerter Edelstein

Die Aufdeckung unechter Edelsteine und die Aufklärung über die verschiedenen Synthesen und Imitationen wie Zirkonia, Djevalith oder im Hydrothermalverfahren gezüchtete Steine, war ein weiterer Schwerpunkt von Gübelin.
Edelsteinsynthesen wurden mit den Jahren immer besser und für Laien nur schwer zu entlarven. In „The Synthetic Emerald“, im Konkreten bezieht sich Gübelin auf den Igmerald aus Bitterfeld“, hebt er die sehr natürlich wirkende Farbe des künstlichen Smaragd hervor; nicht zuletzt würde die Synthese auch aufgrund der eingearbeiteten Einschlüsse sehr authentisch wirken.
Auch legte Gübelin diverse Methoden der Schönheitsbehandlung von Edelsteinen offen, wie z.B. in seinen Ausführungen über „Black treated opal“, d.h. Schwarze Opale, die mit einer schwarz eingefärbten Flüssigkeit zur Steigerung des Kontrasts der Opal-Matrix und der Opaleszenz behandelt wurden.


Gübelin auf mineralogischen Reisen

Neben der Arbeit im Labor fokussierte Gübelin seine Tätigkeit ebenso auf die praktische Arbeit im Gelände. Auf seinen Reisen rund um den Globus besuchte er die bedeutendsten Edelsteinvorkommen, Minen und Umschlagplätze für Edelsteine, knüpfte persönliche Kontakte und schilderte in seinen Reiseberichten kulturelle Begegnungen.

Tabelle 1: Gübelin unterwegs – Auswahl der Beschreibung bestimmter Edelsteinvorkommen
JahrTitel
1956 The Emerald from Habachtal
1958 Das neue Smaragdvorkommen in Rhodesien
1961 Ceylon, Märcheninsel der Edelsteine
1965 Studienreise der Schweizerischen Gemmologischen Gesellschaft zu den bedeutendsten Edelstein-Lagerstätten Afrikas
1966 A visit to the ancient turquoise mines of Iran
1974 The emerald deposit at Lake Manyara, Tanzania
1977 Im Tal der Rubine
1985 Opale aus Mexiko
1994 Myanmar and its gems
1996 New inclusions in Pakistani peridot
1996 Sapphires from Andranondambo (Madagascar)
2003 Poudretteite: A rare gem species from the Mogok Valley


Während seiner Expeditionen machte Gübelin einige Neuentdeckungen, darunter u.a.

Tabelle 2: Neu entdeckte Mineralien und Mineralvorkommen beschrieben von Gübelin
JahrTitel
1963 Spektrolith—ein neuer Schmuckstein
1964 Maw-sit-sit, a new decorative gemstone from Burma
1964 Ekanit—ein neuer metamikter Edelstein aus Ceylon
1976 Skorodit—ein neuer Edelstein aus Tsumeb, Südwest-Afrika
1978 Sapphire-blue euclase, a new collectors’ gem
1980 Ammolith, ein neuer fossiler Schmuckstein
1981 Taprobanite—a new mineral of the taaffeite-group



Die Mineraliensammlung von Eduard Gübelin

Im Zuge seiner Exkursionen trug Gübelin eine beachtliche Sammlung vieler Edelsteine zusammen.
Die Referenzsammlung Gübelin umfasst etwa 25.000 Mineralien, die einen Vergleich der Steine untereinander in Hinblick auf die Farbe, Herkunft und lokalspezifische Eigenheiten ermöglichen. Die Sammlung gilt als die umfassendste Kollektion überhaupt und ist und ist von unschätzbarem Wert, da auch Exponate aus Minen vertreten sind, in denen längst das letzte Licht ausgegangen ist, die besonders selten sind oder deren Quellen versieht sind.

Eine zweite große Sammlung von Gübelin wurde in der Zeit von 1950 bis 2009 angelegt und zählt 2.800 geschliffene Steine, die seit 2005 unter der Obhut des Gemological Institute of America (GIA) stehen.

Die Dr. Edward J. Gübelin Gem Collection ist in sechs Suiten eingeteilt:

  1. Beryll
  2. Korund
  3. Granat
  4. Spinell
  5. Turmalin
  6. uncommon Gemstones

in allen erdenklichen Farben und Nuancen, den unterschiedlichsten Schliffen und diverser Herkunft.
Mehr Informationen dazu und viele Fotos: www.gia.edu - GIA Gübelin Gem Project

Die Korund-Suite umfasst Saphir und Rubin sowie Fancy Saphire in gelb, orange, pink, violett und grün.
In der Beryll-Gruppe werden Smaragd und Aquamarin, aber auch Morganit, Heliodor, Goshenit und Roter Beryll vorgestellt.
Die Granat-Abteilung nach Gübelin präsentiert die Varietäten Almandin, Andradit, Demantoid, Hessonit, Grossular, Pyrop, Rhodolith und Tsavorit.
Die Spinell-Sammlung beweist, dass das Mineral nicht nur eine Farbe hat, sondern die Farbrange von rot über pink und lila bis blau reicht.
Nicht minder farbenfroh ist die Turmalin-Suite mit Dravit, Achroit, Rubellit, Elbait, Indigolith und Verdelith.
Den umfangreichsten Part stellt die Sammlung der ungewöhnlichen Edelsteine – uncommon gemstones – dar. Bekannte Edelsteine gesellen sich zu Steinen, die oftmals nur Kennern und Experten ein Begriff sind. Darunter u.a. Amblygonit, Amethyst, Aktinolith, Andalusit, Anatas, Anglesit, Apatit, Apophyllit, Benitoit, Beryllonit, Brasilianit, Burbankit, Curpit, Calcit, Coelestin, Cerussit , Citrin, Chrysokoll, Cordierit, Datholith, Diamant, Dioptas, Dolomit, Epidot, Euklas, Albit, Danburit, Olivin mit Forsterit und Peridot, Natrolith, Kornerupin, Saphir, Taaffeit, Zoisit, Labradorit, Mondstein, Oligoklas, Fluorit, Haüyn, Grandidierit, Phenakit, Pollucit, Prehnit, Diopsid, Bronzit, Kyanit, Jeremjevit, Musgravit, Petalit, Titanit, Topas, Sapphirin, Skorodit, Skapolith, Smithsonit, Kunzit und andere Spodumen, Sodalith und Tansanit.

All sein Wissen über die Herkunft der Edelsteine bündelte Gübelin 1988 in der „Weltkarte der Edelsteinvorkommen“, in der mehr als 750 wirtschaftlich relevante Minen samt Auflistung der Edelsteine abgebildet sind.


Immer auf dem neuesten Stand

Aber auch schon in jungen Jahren galt Gübelin als ein renommierter Mineraloge. 1940 erschien seine erste Publikation im Magazin Gems & Gemology, das vom Gemological Institute of America (GIA) auch heute noch veröffentlicht wird.
1942 gründete Gübelin das Pendant zur GIA in der Schweiz: die Schweizer Gemmologische Gesellschaft, in der er auch als Dozent aktiv tätig war. Ferner engagierte sich Gübelin in der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft – sowohl als Forscher als auch Verleger.
Gübelins Fokus lag damals bereits auf der Identifikation von Edelsteinsynthesen und -imitationen. Da die seinerzeit zur Verfügung stehenden technischen Instrumente seinen Zwecken nicht gerecht wurden, wurde Gübelin zum Erfinder, der neue Geräte ausklügelte und bereits etablierte Instrumente optimiere und modernisierte, wie bspw. Das Koloriskop, Gemmoskop, Tischspektroskop, Immersionsmikroskop. Fluorskop, Magnoskop oder Polariskop.


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Quellen:

Letzte Aktualisierung: 22. Februar 2024