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Gelber Turmalin, Tsilaisit und Manganturmalin



Turmalin – Ein Mineral, das seinem Namen gerecht wird. Als die ersten Turmaline Anfang des 18. Jahrhunderts aus Ceylon, heute Sri Lanka, ihren Weg nach Europa fanden, sorgten zwei Eigenschaften für Überraschungen. Turmalin lässt sich elektrostatisch aufladen und ist deshalb in der Lage, Staub und Asche anzuziehen. Die Schmuckbranche eroberte Turmalin aber wegen der Farbpalette. Nur wenige Mineralien bieten eine so große Vielfalt an Farben wie Turmalin – daher auch der aus dem Singhalesischen stammende Namen farbenfroher Stein.



Der Edelstein Turmalin

Der Name Turmalin steht tatsächlich für kein einzelnes, bestimmtes Mineral, sondern wird als eine Gruppe von Mineralien definiert, deren Gemeinsamkeit die chemische Zusammensetzung ist. Abweichungen gibt es lediglich, was die farbgebenden Elemente betrifft, die bei jeder Turmalinvarietät verschieden sind und auch in unterschiedlichen Konzentrationen vorhanden sind.

Auf dem Schmuckmarkt findet man die einzelnen Turmalinvarietäten weniger unter der mineralogischen Bezeichnung; vielmehr werden die verschiedenen Mineralien mit der Farbe im Name versehen – auch um für Nichtkenner zu verdeutlichen, dass es sich um einen Turmalin handelt.

Das Repertoire ist aber noch viel größer. Es gibt keine Farbe, die es nicht gibt: weiß, gelb, braun schwarz, rot, pink, grün und blau. Feine Nuancierungen, die in eine andere Farbe übergehen, erweitern das Farbreichtum von Turmalin ins Unermessliche.
Allerdings sind unter allen Turmalinfarben einige wesentlich seltener als andere und werden deshalb als besonders wertvoll eingestuft, wie im Fall von gelbem Turmalin.


Gelber Turmalin

Die Farbe gelb kommt bei zwei Turmalin-Varietäten vor: Dravit und Elbait, wobei die Elbait-Varietät Tsilaisit wiederum als Inbegriff eines gelben Turmalins gilt.

Der Name Tsilaisit wurde im Jahr 1938 von Wilhelm Kunitz (1900 bis 1959) geprägt, der das Mineral nach dem Ort benannte, wo die ersten gelben Turmaline zutage gefördert wurden: in Tsilaizina bei Betafo auf Madagaskar.

Das Gelb von Turmalin ist sehr abwechslungsreich: von gelbbraun über Gelb mit einem Hauch von Grün bis zu einem orange-stichigen Gelb, oder wie Heinrich Martin Koester (1734 bis 1802) schreibt: „ lichtgelber (Turmalin), dieser ist am undurchsichtigsten, und pflegt etwas ins grünliche zu spielen“. Der Mineraloge Carl Hartmann (1796 bis 1863) 1841 ergänzend dazu: „honiggelb bis gelblichbraun“, genau wie sein Kollege Johann Blum (1802 bis 1883) meint: „gelblichgrün“. Ein reines Sonnengelb ist sehr selten. Ebenso kann das Gelb so hell sein, dass der Stein fast farblos wirkt.

Dadurch dass gelber Turmalin vergleichsweise unbekannt ist, liegt die Verwechslung mit anderen gelben Mineralien wie etwa gelbem Saphir/Fancy Saphir, gelben Diamanten/Fancy Diamanten, Heliodor/Beryll, gelber Tansanit, Citrin/Quarz oder Bernstein nahe. Insbesondere die als honiggelber Turmalin titulierten Exemplare erwecken große Ähnlichkeit mit dem Goldton von Bernsteinen.

Die Ursache der gelben Farbe ist auf Mangan zurückzuführen sowie auf Spuren von Titan – daher auch das Synonym Manganturmalin, wobei der Mangangehalt von gelbem Turmalin abhängig vom Fundort zwischen sechs und neun Prozent variiert.


Echter versus behandelter gelber Turmalin

Da sich die natürlichen Vorkommen von gelbem Turmalin auf einige wenige Fundorte konzentrieren, die Nachfrage nach dem gelben Edelstein hoch ist – nicht zuletzt, weil die Farbe Gelb in der Farbenpsychologie mit den Attributen Macht, Toleranz, Weisheit und Geduld assoziiert wird, werden auf dem Edelsteinmarkt auch farbbehandelte gelbe Turmaline angeboten.

Dass die Farbe von Mineralien im Nachhinein verändert wird, ist kein Novum. Oftmals entspricht die natürliche Farbe bzw. der Farbton nicht den Vorstellungen der Käufer, weil zu hell oder zu dunkel, oder die Farbe erscheint aufgrund einer ungleichmäßigen Farbverteilung unharmonisch. Verschiedene Verfahren ermöglichen es, dass sich der Stein nach einer Behandlung wie aus dem Lehrbuch präsentiert.

Bei Turmalin wird das sogenannte Brennen praktiziert. In einem Spezialofen werden die Rohsteine auf eine Temperatur von 500 bis 550 °C unter Sauerstoffzufuhr erhitzt, teilweise auch 700 °C. Der gesamte Vorgang dauert zwei Stunden bis fünf Tage. Im Vergleich zu anderen Mineralien wird Turmalin relativ geringen Temperaturen ausgesetzt, um zu vermeiden, dass das Mineral infolge der Hitze zerspringt.

Das Geheimnis hinter dem Brennen ist von chemischer Natur: das farbgebende Element von gelbem Turmalin ist Mangan. Durch das Brennen unter oxidierenden Bedingungen wird dieses auf eine andere Ladungszahl gebracht. Aus dreiwertigem Mangan wird zweiwertiges Mangan und der Stein gelb.

Allerdings sind nicht alle Turmalin dafür geeignet, in die begehrte gelbe Farbe umgefärbt zu werden. Lediglich Mn3+haltiger Turmalin kann verwendet werden; anderenfalls entsteht eine andere Farbe.
Deshalb werden vorrangig gelbbraune oder braungelbe Turmaline gebrannt.


Die Geschichte der gelben Turmaline

Während Turmalin in schwarz, braun, blau und grün oder zweifarbige Kristalle schon lange bekannt sind, wurden die ersten gelben Turmaline in den späten 1970er Jahren entdeckt. Nach und nach wurden weitere Vorkommen in Lundazi/Sambia, in den Merelani Hills/Tansania und in Malawi aufgespürt, insbesondere gelber Turmalin aus Malawi gilt als besonders schön – nicht nur wegen der hohen Reinheit, sondern auch, weil die Farbe dem Optimum eines gelben Turmalins entspricht, Kanariengelb bzw. Kanarien-Turmalin: ein kräftiges Gelb, das dezent ins Grüne spielt.

Solche Steine werden zu hohen Preisen gehandelt, weil die Farbe derart perfekt ist, dass keinerlei Schönheitsbehandlungen vorgenommen werden müssen und naturbelassene, hochqualitative Steine im Wert immer höher eingestuft werden als behandelte Steine. So beträgt der Preis für einen augenreinen, sonnen- bis zitronengelben Turmalin etwa 1000 Euro pro Karat. Gelber Turmalin mit einer Vielzahl von Einschlüssen, die deutlich zu sehen sind und den Stein trüb erscheinen lassen, werden für ca. zehn Euro pro Karat gehandelt.

Dass gelber Turmalin unter allen Turmalinen eine Rarität ist, wird mit den Voraussetzungen begründet, die zur Entstehung von gelbem Turmalin notwendig sind. Gelber Turmalin ist ein Mineral magmatischen Ursprungs und kristallisiert aus borhaltigen Restschmelzen als eines der letzten Mineralien aus. Aus der Stammschmelzen gingen vorab bereits andere Mineralien, und auch andere Turmaline hervor, wie bspw. Eisenreicher Schörl, sodass die Restschmelze eisenarm bzw. eisenlos ist, aber noch alle erforderlichen chemischen „Bausteine“ für gelben Turmalin enthält.


Der Schliff von gelbem Turmalin

Den Schliff eines Edelsteins bestimmt der Stein per se. Die Aufgabe von Edelsteinschleifern und Edelsteinschleiferinnen besteht darin, die Farbe und Reinheit eines Steins bei geringstmöglichem Materialverlust herauszuarbeiten.

Gelber Turmalin ist in dieser Hinsicht eine Herausforderung. Die Großteil aller Kristalle ist von sehr geringer Größe bzw. Gewicht. 95 Prozent aller gelben Turmaline wiegen weniger als ein Karat (1 Karat = 0,2 Gramm).

Gelbe Turmaline, deren Reinheit infolge von Einschlüssen wie durch Gase, Flüssigkeiten, Fremdmineralien oder mikroskopisch kleine Kanäle beeinträchtigt ist, werden zu Cabochons geschliffen. Der Cabochonschliff zeichnet sich durch eine gewölbte Oberfläche bei glatter Unterseite aus, ist aber in der Grundform verschieden, z.B. oval, rund, tropfenförmig, quadratisch oder herzförmig.

Augen- oder lupenreiner gelber Turmalin ist für Facettenschliffe prädestiniert. Durch die zahlreichen Facetten wird die Farbe aus unterschiedlichen Perspektiven „beleuchtet“ und die Reinheit hervorgehoben, sodass man gelben Turmalin in Schmuck eingefasst sowohl im Rundschliff, Tropfenschliff oder Marquiseschliff/Navette findet wie auch in Form des Trillant- oder Smaragdschliffs.


Auch interessant:


Quellen:
⇒ Koester, H. M. G. (1779): Deutsche Encyclopaedie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften von einer Gesellschaft Gelehrten. Band 2
⇒ Blum, J. R. (1833): Gelber Turmalin. IN: Lehrbuch der Oryktognosie
⇒ Hartmann, C. (1841): Gelber Turmalin. IN: Die Wunder der Erdrinde. Gemeinfaßliche Darstellung der Geologie und Mineralogie
⇒ Kunitz, W. (1929): Die Mischungsreihen in der Turmalingruppe und die genetischen Beziehungen zwischen Turmalinen und Glimmern. IN: Chemie der Erde. Band 4, 1930
Laurs, B. M., Simmons, W. B., Rossman, G. R., Fritz, E. A., Koivula, J. I., Anckar, B. und Falster, A. U. (2007): Yellow Mn-rich Tourmaline from the Canary Mining Area, Zambia. IN: Gem & Gemology. Winter 2007
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
⇒ Schumann, W. (1992): Edelsteine und Schmucksteine: alle Edel- und Schmucksteine der Welt; 1500 Einzelstücke. BLV Bestimmungsbuch, BLV Verlagsgesellschaft mbH München
⇒ Schumann, W. (1991): Mineralien Gesteine – Merkmale, Vorkommen und Verwendung. BLV Naturführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH München
www.mindat.org - Tsilaisite

Letzte Aktualisierung: 20. Oktober 2023



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