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Die Edelsteine von der Iserwiese



Wenn Böhmen für ein Mineral bekannt ist, dann ist es Granat. Dass in der Region aber auch andere Edelsteine gefunden werden, zeigt ein Blick in die Geschichte von Jizerka; im Besonderen die Fundstelle auf der Großen Iserwiese. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein machte sich die Große Iserwiese einen Namen für Funde von Rubinen, Saphiren, Smaragden und weiteren Mineralien.



Die Große Iserwiese

Die Große Iserwiese ist eine moorige Wiese, die sich inmitten eines vier langen Tales der Iser unweit des Dörfchens Jizerka – in alten Büchern: Wilhelmshöhe – befindet; ca. 140 km Luftlinie nordöstlich von Prag, der Hauptstadt der Tschechischen Republik entfernt an der Grenze zu Polen gelegen.


Die Anfänge der Edelsteinsuche auf der Großen Iserwiese

Die Geschichte der Edelsteine der Iserwiese beginnt im mittleren 16. Jahrhundert. Eigens auf die Suche nach kostbaren Edelsteinen spezialisierte Sucher, die Welschen - „berufsmäßige Gold- und Edelsteinsucher aus Venedig“ (Blumerich, 1912) – genau wie „arme, evangelische Bergleute“ konzentrierten ihre Suche auf die Iserwiese an einer Fundstelle, die Blumerich als das „Knie“ bezeichnete: eine abgeknickte Stelle im Flusslauf der namensgebenden Iser am Buchberg. Auf die ersten erfolgreichen Funde folgte die Gründung einer Siedlung vor Ort.

Tatsächlich war die Ausbeute interessant und vielversprechend, denn neben Rubin und Saphir, beide Vertreter der Korundgruppe, wurden auch Iserin/Ilmenit, Smaragd/Beryll, Zirkon, Titanit, Diopsid, Epidot, Gold, Hämatit, Almandin und Pyrop sowie Hessonit/Granat, Muskovit/Glimmer, Feldspat, Spinell, Pyrit, Chalcedon und Bergkristall genau wie Rauchquarz/Quarz auf der Iserwiese gefunden.

Eine der ältesten Beschreibungen der Mineralvorkommen der Iserwiese stammt aus der Feder von Caspar Schwenckfeld (1563 bis 1609). 1609 schreibt der Theologe und Gelehrte über den Schierle „Lapilli nigri splendi, schwarze glenzernde Steinlin“; gemeint war das Mineral, das später den Namen Iserin erhielt. In einer früheren Aufzeichnung aus dem Jahr führte Schwenckfeld aber auch schon „Rubini, Granati, Hyacinthi, Turcosii, Sapphyri“ - Rubin, Granat, Hyazinth, Türkis, Saphir – auf.

In den folgenden Jahren setzten sich weitere Mineralogen und Gelehrte mit der Iserwiese auseinander. So stellte Johannes Praetorius (1630 bis 1680) 1668 fest, „die Iser ist sehr reich an vielen Jaspis-Steinen“; zählt außerdem zusätzlich noch „Achates, Aethites, Ametistus, Carbunculus, Carniolus, Crystallus, Gemma Huja, Hyacinthus, Magnes, Onychites, Rubinus, Sapphyrus, Sardonyx, Topazius, Turchesia“ und Perlen auf.

Viele dieser Namen sind heute nicht mehr geläufig. Achates und Ametistus sind Achat und Amethyst. Aethites entspricht Hämatit. Carbunculus alias Karfunkelstein ist ein veralteter Sammelbegriff für rote Mineralien, deren Farbe als glühende Kohle erinnert, wie bspw. Granat, Spinell oder Rubin. Carniolus ist Karneol, während mit Crystallus Bergkristall gemeint ist. Gemma huja könnte laut Lessing (1793) Sarder sein. Magnes kommt Magnetit gleich und Onychites wird mit Onyx übersetzt.

Ebenso wurden Diamanten im Repertoire der Iserwiese-Schatzkiste aufgelistet, die sich jedoch als Bergkristall entpuppten; zum Zweck der scheinbaren Wertsteigerung aber auch als Böhmische Diamanten angeboten wurden.

So groß die Freude über die Vielfalt an Mineralien auf der Großen Wiese auch war, in puncto Größe und Qualität konnten die Edelsteine Rubin, Saphir und Smaragd mit denen anderer Vorkommen in Südostasien oder Brasilien und Kolumbien nicht mithalten. Der Naturforscher Franciscus Brückmann (1697 bis 1753) schreibt 1728 über den Saphir der Iserwiese, dass es sich größtenteils um „weisse, durchsichtige, doch etwas blaulichte, ingleichen ganz kleine dunckele und schwarzlichte“ Exemplare handelt, wobei die weißen Saphire heutzutage unter dem Eintrag Leukosaphir in den Mineralogiebüchern zu finden sind.

Ähnliches berichtete Johann Wendt (1777 bis 1845) im Jahr 1840, demzufolge die blauen Edelsteine von geringer Größe sind und „mehr oder minder abgerundeten Krystallen in sechsseitigen Prismen und Bruchstücke von sechsseitigen Pyramiden“ gleichen. Die „meisten sind trübe, von verschiedenen Nuancen der blauen Farbe“. Durchschnittlich bewegte sich die Größe der Saphire im Rahmen von 2 bis 3 mm im Durchmesser, einige Steine erreichten aber auch ein Gewicht von zehn Karat und konnten mit der Schönheit exotischer Saphire mithalten; siehe Blumerich: „schön blaue, durchsichtige sind selten“ - von hell- bis tintenblau, allerdings nicht immer gleichmäßig der Farbverteilung.

Was allerdings für Begeisterung sorgte, waren die Topase „von ausserordentlicher Grösse“ (Volkmar, 1772).

Dennoch war das Geschäft der Edelsteinsuche und Handel mit den Iserwiese-Edelsteinen einträglich. Die Mineralien wurden vor Ort geschliffen, aber auch im naturbelassenen Zustand über die Grenzen des Landes hinaus verkauft (siehe Pörner, 1776) und zu Schmuck verarbeitet.

Der Naturwissenschaftler Josef Blumerich (1865 bis 1945) machte sich seinerzeit auf eigene Faust auf die Suche nach den Mineralien der Iserwiese, um den Status quo festzuhalten und den historisch beschriebenen Mineralbestand auf Richtigkeit zu überprüfen.

Im Zuge der Auswertung seiner Ergebnisse ist er der Meinung, dass es in der Vergangenheit durchaus zu Verwechslungen der Mineralien untereinander gekommen sein kann. Roter Spinell wurde für Rubin gehalten, auch wenn der rote Edelstein auf der Iserwiese durchaus präsent war, wenngleich sehr selten, wie Exponate der „rosaroten“ Iserrubine in verschiedenen Museen bewiesen, die er im Rahmen seiner Recherche nannte.

Vergleichbar selten waren ebenso die Saphir-Vorkommen. Er schätzt anhand seiner Statistik, dass auf 10.000 Iserine ein Saphir kommt. Dass in den zurückliegenden Jahrhunderten von den Iser-Saphiren geschwärmt wurde, kann aber auch damit begründet werden, dass Saphir laut Blumerich durchaus mit blauem Spinell oder Amethyst verwechselt wurde. Ähnliches sind seine Gedanken zum Smaragd der Iserwiese, der leicht mit Chrysolith/Olivin verwechselt werden kann.

Mit den Jahren wurden im Flussbett vermehrt bunte Steinchen gefunden, die sich allerdings als vom Fließwasser abgerundete Glassplitter herausstellten, die mit dem Kühlwasser der nahe gelegenen Glashütten in das Gewässer gelangten.

Heute ist die Suche nach Mineralien auf der Iserwiese verboten, da die Iserwiese unter Naturschutz steht.


Die Herkunft der Iserwiese-Edelsteine

Um die an die Mineralien der Iserwiese zu gelangen, mussten die Edelsteinsucher aktiv werden. Einzelne Steine lagen im Flussbett der Iser, für andere wurde die Grasnarbe des moorigen Territoriums entfernt. Blumerich stellt während seiner detaillierten Untersuchung des Standortes fest, dass die edelsteinführende Schicht eine Mächtigkeit von etwa zwei bis vier Meter besitzt, weshalb er davon ausgeht, dass noch viele Schätze verborgen sind.

Mit der Frage, woher die Mineralien stammen und wie diese auf die Iserwiese gelangt sind, befassten sich Gelehrte bereits im späten 18. Jahrhundert.

Die Gesteine der Umgebung bestehen vorwiegend aus Granit, sog. Iserberggranit (Blumerich), dessen mineralische Zusammensetzung jedoch nicht dem Mineralbestand der Iserwiese entspricht. Auch der Buchberg, eine nahe gelegene Erhöhung aus Basalt, dient nicht der Erklärung des Edelsteinreichtums. Bei der genaueren Betrachtung stellte Blumerich fest, dass der Granit von Aplit, Pegmatit und Minette durchsetzt ist, aus denen infolge der Verwitterung und Abtragung die Mineralien ins Flusswasser der Iser gelangten und im „Knie“ als sogenannte Seifenlagerstätte diluvialen Ursprungs abgelagert wurden.


Iserin – Ilemnit von der Iserwiese

Namenspate des Minerals ist Iserin ist die Iserwiese. Aus Sicht der Mineralogie handelt es sich bei dem Mineral um eine Varietät von Ilmenit, das auf der Iserwiese in Form von abgerundeten Körnern zu finden ist.
Franz Reuss (1781 bis 1830; Mineraloge und Geologe) beschreibt Iserin 1811 als ein Mineral „von einer eisenschwarzen in die pechschwarze übergehenden Farbe“, das nicht selten die Größe einer „Zuckererbse“ erreicht.


Auch interessant:


Quellen:
⇒ Schwenckfeld, C. (1601): Stirpium & fossilium Silesiae catalogus
⇒ Schwenckfeld, C. (1607): Schierle. IN: Hirschbergischen warmen Bades in Schlesien unter dem Riesen-Gebürge gelegen, kurtze und einfältige Beschreibung was dessen Natur, Arth u. Eigenschafft, Krafft und Wirckung sey, wie es recht und nützlich zu gebrauchen
⇒ Praetorius, J. (1668): Dæmonologia Rvbinzalii Silesii, das ist, ein außführlicher Bericht von dem wunderbarlichen, sehr alten, und weit beschrienen Gespenste dem Rübezahl: Welches sich, auff den Gebürgen in Schlesien und Böhmen, den Wandersleuten zu öftern, in possierlicher und mannigfaltiger Gestalt erzeiget
⇒ Brückmann, F. (1724): Epistolae itinerariae
⇒ Pörner, C. F. (1772): Beyträge zur Wassergeschichte von Böhmen
⇒ Volkmar, J. T. (1777): Reisen nach dem Reisengebürge
⇒ Lessing, G. E. (1793): Gotthold Ephraim Lessings sämmtliche Schriften
⇒ Zöllner, J. F. (1793): Briefe über Schlesien, Krakau, Wieliczka, und die Grafschaft Glatz. Auf einer Reise Im Jahr 1791 geschrieben
⇒ Khun, J. R. (1789): Ueber den Iserfluß und dessen natürlichen Merkwürdigkeiten des Steinreichs. IN: Abhandlungen der Königl. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften
⇒ Reuss, F. A. (1811): Die Mineralquellen zu Liebwerda in Böhmen
⇒ Zippe, F. X. (1824): Beiträge zur Kenntniß des böhmischen Mineralreichs. IN: Verhandlungen der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen. Band 2
⇒ Glocker, E. F. (1827): Beyträge zur mineralogischen Kenntniss der Sudetenländer, insbesondere Schlesiens
⇒ Wendt, J. (1840): Die Thermen zu Warmbrunn im Schlesischen Riesengebirge
⇒ Blumerich, J. (1912): Die Minerale der Iserwiese
www.mineralienatlas.de - Iserwiese (Jizerska Louka)

Letzte Aktualisierung: 18. März 2024




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