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Steinerne Zeugen - Steinerne Renne von Wernigerode



An den Hängen des Brockens (1142 m ü. NN) im Harz/Deutschland fließt die Holtemme in einem aus mächtigen Granitblöcken bestehendem Flussbett – die Steinerne Renne.



Die Steinerne Renne

Die zum Naturdenkmal ernannte Steinerne Renne von Wernigerode in Sachsen-Anhalt ist eine wasserführende Rinne, die das Flusswasser der Holtemme talwärts befördert.
Wenige Meter hinter Wernigerode entspringt die Quelle der Holtemme im Ostharz und mündet nach einer Länge von 47 km schließlich in die Bode.
Das besondere der Steinernen Renne ist das Flussbett – große Gesteinsblöcke aus wollsackartig verwittertem Granit leiten das Wasser von der Quelle hinfort.

Ebenso vielgestaltig wie die Granitblöcke sind, ist auch der Flusslauf – beginnend beim Wasserfall am Gasthaus Steinerne Renne über kleine Mäander und Stillwasserbereiche. Der Wasserfall am Gasthaus ist mit 520 m Höhe zugleich der höchste Punkt der Steinernen Renne, während der gleichnamige Bahnhof Steinerne Renne mit 310 m über 200 m niedriger gelegen ist.

Der heute noch in Betrieb befindliche Bahnhof Steinerne Renne ist Haltestelle der Harzquerbahn. Auf der 60,5 km langen Strecken verbindet die Harzquerbahn ausgehend von Nordhausen in Thüringen Wernigerode im Harz miteinander. Der Haltepunkt Steinerne Renne ist an Streckenkilometer 54,6 erreicht. Die Weiterführung der Harzquerbahn erfolgt durch die Brockenbahn. Jährlich werden Tausende von Touristen mit der Schmalspurbahn von Wernigerode über Schierke zum Brocken befördert.

Ursprünglich war der Bahnhof Steinerne Renne als Güterbahnhof errichtet wurden. 1899 wurde nahe Wernigerode die „Aktiengesellschaft Schotter- und Granitwerke Steinerne Renne“ ins Leben gerufen. In den bis zur Schließung 1935 betriebsamen Steinbrüchen wurde Granit abgebaut, der als Naturstein vielfältigen Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung stand.

Wegen dem landschaftsprägenden Charakter wurde die Steinerne Renne 2006 auf der Landesgartenschau in Wernigerode in Miniatur nachgebildet.

Entstehung der Steineren Renne

Die Steinerne Renne ist ein Beispiel für das Zusammenwirken von Umwelt und Gesteinen. Unter atmosphärischem Einfluss werden Gesteine im Laufe der Zeit zerkleinert bzw. aufgelöst (Verwitterung).
Eine spezielle Form der Verwitterung ist die sogenannte Wollsackverwitterung (Sphäroidalverwitterung), die insbesondere bei grobkristallinen Gesteinen wie dem bspw. dem Granit des Brockens auftritt.

Der Brocken ist die höchste, natürliche Erhebung im Harz.
Das Gebirge entstand wie viele andere Gebirge in Mitteleuropa auch im Zuge der Variskischen Gebirgsbildung (vor 416 bis 251 Mio. Jahren). Bedingt durch tektonische Vorgänge, die zur Kollision der damaligen Urkontinente führte, wurden Landmassen gegeneinander aufgeschoben. Erste Gebirge entstanden.
Zum Ende der Variskischen Orogenese kam es im Oberkarbon/Perm (vor ca. 300 Mio. Jahren) zum Aufstieg flüssiger Gesteinsmassen Richtung Erdoberfläche. Das Austreten der Magmen wurde durch aufliegende Gesteine verhindert, weshalb die Schmelzen innerhalb von Jahrtausenden untertage auskristallisierten. Ergebnis der Kristallisation waren, der basischen Zusammensetzung wegen, Gesteine wie Diorit und Gabbro. Währenddessen kamen die Kräfte der Erosion zur Wirkung, das Variskische Gebirge wurde abgetragen.
Zum Zeitpunkt der Trias (251 bis 199 Mio. Jahren) war vom einstigen Gebirgszug nicht viel außer Sedimenten übrig, die sich nun auf dem Grund des weite Teile Europas überflutenden Zechsteinmeeres befanden. In der anschließenden Jura- und Kreidezeit (199 bis 145,5 Mio. Jahren) folgten weitere Hebungen, die alsbald wieder der Abtragung unterlagen.
Im Tertiär (65 bis 2,6 Mio. Jahren) schließlich erfolgte die eigentliche Hebung vom Harz in Form einer Scholle. Als eigenständiger, von der Umgebung getrennter Teil der Erdkruste wurde die Harzscholle während der Hebung gekippt. Die Schieflage ist heute noch erkennbar anhand der Streichrichtung des Mittelgebirges. Zum Erliegen kamen die tektonischen Vorgänge im Harz im Pleistozän (2,6 Mio. bis 10000 Jahre), als die letzte Aufwärtsbewegung der Scholle registriert wurde.

Begleitet wurden die zahlreichen Hebungen vom Aufstieg flüssiger Gesteinsschmelzen. Waren es anfangs noch basische, kieselsäurearme Schmelzen, aus denen sich Gabbros und Diorite bildeten, drangen später zudem kieselsäurereiche, saure Schmelzen auf. Aus den genannten Schmelzen saurer Zusammensetzung bildete sich letztlich der Brockengranit. Teilweise wurden während des Magmenaufstiegs die bereits vorhandenen Gesteine infolge der Magmenhitze aufgeschmolzen und chemisch umgewandelt, ehe diese sich zu Graniten verfestigten. Zeitgleich mit der Hebung der Harzscholle wurde der Granitpluton des Brockens vor etwa 70 bis 65 Millionen Jahren (Obere Kreide) aus dem Erdinneren herausgehoben.

Ab diesem Zeitpunkt war der Brocken der Verwitterung ausgesetzt. Physikalische, chemische und biologische Vorgänge bewirken langsam, aber stetig die Zerkleinerung von Gebirgen und Gesteinen. Der Startschuss für die eigenwillige Form der Wollsackverwitterung wurde während der Bildung des Brockens gegeben.
Das aufbauende Gestein vom Brocken ist der bereits erwähnte Granit. Das unterhalb der Erdoberfläche gebildete magmatische Gestein ist aus mehreren Mineralen zusammengesetzt – Feldspat, Quarz und Glimmer, diese drei vergess´ ich nimmer. Bedingt durch die Tatsache, dass die aufbauenden Minerale verschiedene Schmelzpunkte aufweisen, kristallisieren diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus. Damit einhergehend kommt es in großen Granitkomplexen zu Spannungen im Gestein, die sich in Form von Spalten und Klüften Ausdruck verschaffen. Daraus ergeben sich wie für Granit typisch rechtwinklig zueinanderstehende Quader. Die Grenzflächen der Granitklüftung wiederum bieten der Verwitterung optimale Angriffsflächen.

Zu den Anfangszeiten der Wollsackverwitterung der Steinernen Renne existierte auf dem Gebiet des heutigen Deutschland ein feuchtwarmes Klima. Die Bedingungen waren wie geschaffen für die chemische Verwitterung. In Spalten eindringende Lösungen befreiteten nach und nach Minerale aus dem Gesteinsverbund und prägten im Ergebnis das kantengerundete Bild der Wollsackverwitterung – die Klüfte erweiterten sich. Ausdruck dieser Verwitterung sind dann ähnlich aufeinandergestapelten Kissen oder Wollsäcken gerundete Gesteinsbrocken. Als Beispiel sei der Ottofels in Wernigerode genannt.
Bei der Steinernen Renne schritt die Verwitterung während der letzten Eiszeit weiter fort. In den Klüften kamen die Kräfte der physikalischen Verwitterung, genauer Frostverwitterung, zum Tragen. Einzelne Gesteinspakete lösten sich aus dem Gesteinsverbund und wurden mit dem Eis weiter transportiert und schließlich als Blockmeer in Form der Steinernen Renne abgelagert.


Siehe auch:
Höhlen in Deutschland - Die Marienglashöhle Friedrichroda
In, auf und aus Gestein gebaut - Das Bernsteinzimmer
Steinerne Zeugen - Manpupuner


Quellen:
- www.steinerne-renne.de

Letzte Aktualisierung: 4. April 2018




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