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Rubine aus Grönland



Thailand, Sri Lanka, Myanmar, Pakistan, Afghanistan, Kenia und Mosambik sind Länder, die für reichhaltige Rubinvorkommen bekannt sind. Weniger bekannt als Fundort für Rubine ist Grönland.



Doch seit nunmehr 20 Jahren haben sich Rubine als wichtiges Exportgut in Grönland etabliert. Lange Zeit stand die Gewinnung von Öl und Seltenen Erden im Fokus, doch mit dem roten Edelstein macht Grönland anderen rubinproduzierenden Ländern Konkurrenz.

Die Geschichte der Rubine von Grönland

Eine der ältesten Beschreibungen der Rubine von Grönland stammt aus der Feder des deutschen Polarforschers und Mineralogen Carl Ludwig Giesecke (1761 bis 1833), der im Zuge seiner „Mineralogischen Reise in Grönland“ dokumentierte.

Bis die Rubinvorkommen im arktischen Norden Europas für die Wissenschaft interessant wurden, sollten noch einige Jahrzehnte vergehen. 1966 wurden dank der geologischen Erkundung von Martin Ghisler (Mineraloge aus der Schweiz) in Aappilattoq im Süden Grönlands weitere vielversprechende Rubin-Lagerstätten entdeckt, woraufhin der bislang namenlose Fundort im Tasiussarssuaq-Fjord auf Ruby Island – Rubininsel – getauft wurde.

Wirtschaftlich attraktiv wurde Grönland bzw. die Region um Aappilattoq allerdings erst im Jahr 2004, als ein kanadisches Bergbauunternehmen die Gegend abermals genauer unter die Lupe nahm und neben Rubin auch abbauwürdige Ressourcen von Chromit und Platin ausfindig machen konnte.

Während der Erkundung der grönländischen Rubinpotentiale entlang der Süd-Südwestküste wurde nicht nur technisch-methodisch gearbeitet. Auch mündliche Überlieferungen und wertvolle Hinweise aus der grönländischen Bevölkerung flossen in die Einschätzung mit ein.

Die Hauptabbaugebiete der Grönlandrubine befinden sich im Bereich von Fiskenaesset, einer Siedlung im Südwesten von Grönland, etwa 160 km entfernt von der Hauptstadt Nuuk. Seit den ersten Bergbautätigkeiten im Jahr 2004 stieg die Zahl der Rubinminen von anfangs sechs zwischenzeitlich auf 29 an; einige wurden wegen erschöpfter Ressourcen bereits wieder geschlossen.

Mit der Entdeckung der Grönlandrubine wurde ein neuer Wirtschaftszweig in Grönland erschlossen.
In den Rubinminen arbeiten hauptsächlich Grönländerinnen und Grönländer. Vertriest nannte 2019 eine Zahl von 40 Personen, wobei der Anteil von Frauen den der Männer übersteigt.

Dass Rubin auf Grönland – ungeachtet des Zeitpunkts der Erstentdeckung – lange keine Rolle spielte, ist vor allem auf die naturgegebenen Standortbedingungen zurückzuführen. Das Land im Norden Europas ist vielerorts nur via Helikopter oder per Boot zu erreichen, was die Erschließung möglicher Rubin-Vorkommen erschwert(e). Aktuell spielt der Klimawandel in die Karten. Lagen die Rubine einst unter mächtigen Eis- und Schneemassen verborgen, sorgt die mit der Erwärmung des Klimas einhergehehende Schnee- und Gletscherschmelze dafür, dass bislang schwer passierbares Gelände und die grönländischen Rubinstandorte leichter erreicht werden können. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die Menge der verfügbaren Rubine in Grönland noch weitere zehn Jahre lang abgebaut werden kann.

Rubine sind nicht die einzigen Mineralien, die am bedeutendsten Rubin-Standort Grönlands auftreten. Die Vorkommen des roten Edelsteins werden zusammen mit den Mineralien Sapphirin, Kornerupin, Calcit, Diopsid, Cordierit, Epidot, Goethit, Graphit, Kyanit, Magnetit, Muskovit, Olivin, Quarz, Rutil, Zirkon, Spinell, Phlogogpit, und Pyrit gefunden.


Nachhaltiger Rubin aus Grönland

Die Betreibenden der grönländischen Rubinminen haben sich Nachhaltigkeit als Prämisse auf die Fahne geschrieben.

Um die Eingriff in die Natur durch den Rubinbergbau wettzumachen, haben sich die Minenbetreibenden dazu verpflichtet, unter nachhaltigen Gesichtspunkten zu agieren. Belange, die sowohl die Natur wie auch den Abbau per se und die soziale Werte fließen in die Arbeit vor Ort mit ein.

So werden nach der Stillegung der einzelnen Minen diese wieder zurückgebaut und renaturiert, Standards der Menschen- und Arbeitsrechte beachtet und der Bergbau so naturverträglich wie möglich gestaltet. Jeder Arbeitsschrit ist gemäß dem cradle-to-gate-Prinzip nachvollziehbar.
Auch dann, wenn die Steine später nach Thailand oder Indien gelangen, um dort geschliffen zu werden.


Entstehung der Grönlandrubine

Die Entstehung der Grönlandrubine ist das Ergebnis der Konktaktmetamorphose vor Äonen von Jahren. Altersdatierungen haben ergeben, dass die Gesteine von Aappilattoq ein Alter von 3 Millarden Jahren aufweisen und mehrere Zyklen der Gesteinsmetamorphose erfahren haben.
Aus dem Erdinneren aufsteigende, mineralstoffreiche Lösungen und die Hitze der Magma veränderten den Chemismus bestehender Mineralien und führten zur Bildung „neuer“ Mineralien, darunter auch Rubine.


Die Merkmale von Grönlandrubinen

Entstehungsbedingt unterliegt die Qualität der grönländischen Rubine hohen Schwankungen. Viele Rubine weisen Bruchstellen auf, sind zersplittert und rissig sowie von geringer Größe. So beträgt die Länge der Grönlandrubine im Schnitt etwa 6,3 mm, wobei die Kristalle tafelförmig, als typische Tönnchen oder wie Kieselsteine gerundet vorliegen.
Auch die künftig zutage geförderten Rubine werden von ähnlichem Karatgewicht sein, da die Druckentlastung durch die Gletscherschmelze den ohnehin spröden Charakter der roten Edelsteine nicht dienlich ist und so das Zerbbrechen in kleine Fragmente fördert.

Weshalb Rubine in Grönland dennoch abgebaut werden, ist der Farbe der roten Korund-Varietät zu verdanken: Rubine im idealtypischen Taubenblutrot (sog. Pigeon´s Blood Ruby) zählen genau wie reinroter, pinkroter, grau- oder violettstichiger Rubin zum Potpourri der Rubine von Grönland. Nebennotiz: Chrom und Eisen wurden ursächlich als Grund für die Entstehung der Farbe analysiert.

Abstriche hingegen gibt es hinsichtlich der Reinheit. Nur wenige Steine sind lupenrein. Mal mehr, mal weniger mit dem bloßen Auge erkennbare Einschlüsse von Böhmit, Catapelit, Feldspat, Margarit, Chlorit, Cordierit, Korund, Dolomit, Muskovit, Paragasit, Pyroxen, Sapphirin und Sillimanit beeinträchtigen die Reinheit der Rubine.

Entsprechend der Qualität der Farbe (gleichmäßige Farbverteilung/zonare Farbverteilung, Intensität der Farbe), Reinheit und Rissen/Sprüngen der Kristalle werden die grönländischen Rubine in drei Qualitätsstufen eingeteilt. Fünf Prozent der Steine sind von ausgezeichneter Edelsteinqualität, 20 % der Rubine kommen dem nahe, enthalten geringfügige Einschlüsse und sind sind weniger farbintensiv wie Rubine in Edelsteinqualität. Der überwiegende Teil der Rubine aus Grönland ist von sogenanntem „commercial grade“: die Farbe der Steine ist blass oder ungleichmäßig bzw. fleckig, die Einschlüsse sind mit bloßem Auge sichtbar, genau wie die deutlich zutage tretenden Risse in den Kristallen.


Nachträgliche Aufwertung von Grönlandrubin

Damit die Rubine dennoch auf dem Edelsteinmarkt verkauft werden können, werden Rubin von geringerer Qualität einer Farb- und Reinheitskorrektur unterzogen. Die Methoden sind vielgesichtig und reichen vom einfachen Brennen bis hin zum Auffüllen mit Bleiglas und Beschichten/Ummanteln.

Das Brennen von Schmuck- und Edelsteinen wird seit vielen Jahren praktiziert. Die Steine werden vorsichtig erhitzt, sodass das farbgebende Chrom respektive Eisen auf ein höheres Oxidationslevel gebracht wird, was sich in der Intensivierung und Optimierung der Farbe äußert. Im Fall von Rubin beträgt die Brenntemperatur 1.500 bis 1.800 °C. Parallel zur Verbesserung der Farbe werden mineralische Einschlüsse infolge der Hitze aufgelöst. Allerdings sprechen nicht alle Fremdmineralien im Rubin darauf an und zeigen sich unter dem Mikroskop als kleiner weißer Schneeball. Trotzdem wird der Rubin im Gesamten klarer und reiner, da die Brenntemperatur nahe dem Schmelzpunkt von Rubinen liegt und kleinere Hohlräume im Edelstein leicht auf- und zusammengeschmolzen werden.
Diese Technik ist in der Edelsteinbranche gang und gebe und wird beim Kauf im Echtheitszertifiktat beispielsweise in Form eines Hinweises wie gebrannter Rubin, erhitzter Rubin oder veredelter Rubin angegeben.

Häufig wird das Brennen zusammen mit einem Flussmittel vorgenommen, das sich nach Abschluß des Brennens wie ein Mantel um den Kristall legt und diesen zusätzlich stabilisiert.


Der Preis von Grönlandrubin

Aus dem Zusammenspiel von Farbe, Reinheit, Schliff und Gewicht resultierend gibt es erhebliche Preisdifferenzen. Jeder Stein wird einzeln betrachtet und bewertet.

Besonders reine Grönlandrubine sind um ein Vielfaches teurer als Steine mit zahlreichen, deutlich sichtbaren Einschlüssen. Der Wert von aufwendigen, facettenreich geschliffenen Grönlandrubinen ist höher als der von Grönlandrubinen mit minimalistischem Cabochonschliff. Genau wie der Preis von Grönlandrubinen in der Farbgebung Taubenblutrot höher angesiedelt ist als der eines hellroten Pendants.

Dementsprechend hoch ist die Preisrange, beginnend mit etwa 300 Euro pro Karat für blassen Grönlandrubin mit vielen Einschlüssen bis hin zu 3.500 je Karat für hochqualitative Rubine.


Kitaa Ruby – Der größte Grönlandrubin

2005 wurde in Fiskenaesset ein Rubin 440 Karat schwerer Rubin entdeckt. Der rote Edelstein wurde zehn Monate lang bearbeitet und geschliffen, sodass der Kitaa-Ruby heute ein Gewicht von 302 Karat (1 Karat = 0,2 g) auf die Waage bringt.

Der Kitaa-Ruby wurde nicht zu einem klassisch zu einem facettierten Edelstein verarbeitet, sondern stellt ein Bild der grönländischen Sagenwelt dar. Zu sehen ist ein Frauenkopf, dessen Haaren den Wellen des Meeres gleichen, in denen Meerestiere schwimmen.
Der Wert des Rubin wird mit 450.000 US-Dollar angegeben.


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Quellen:


Letzte Aktualisierung: 4. April 2024



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