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Autor: (steine-und-minerale.de) | Letzte Aktualisierung: 08.04.2024


Vivianit

Vivianit - Eigenschaften, Entstehung und Verwendung

englisch: vivianite | französisch: vivianite


Eisenblau, Blaueisenerz und Vivanit

Bevor Vivanit unter dem heutigen Namen Einzug in die Mineralogiebücher hielt, wurde das Mineral unter dem Eintrag Blaueisenerz oder Blaueisenerde aufgelistet.
Einer der ersten, der sich mit dem Mineral auseinander setzte, war der Arzt Gottlob Carl Springsfeld (1714 bis 1772), der im Jahr 1751 von der "Terra quodam caerulea" - Von der blauen Erde - aus "Eccardsbergam"/Eckhardsberga berichtete. Er beschrieb ein Mineral, das anfangs von weißer Farbe war, dann aber blau wurde.

1817 erhielt das Mineral von dem Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749 bis 1817) den Namen Vivianit - wobei er John Henry Vivian (1785 bis 1855) zum Namenspate kürte, dem Werner das Untersuchungsmaterial zu verdanken hatte, welches Vivian wiederum aus St. Agnes in Cornwall/England hatte.


Eigenschaften von Vivianit

Vivianit ist ein Mineral der Klasse der Phosphate, Arsenate und Vanadate, bestehend aus Fe3(PO4) · 8H2O.

Die Farbe von Vivianit ist verschieden. Während frischer Vivianit farblos ist, oxidiert das Mineral schnell an der Luft und verfärbt sich hell- bis mittelblau, grünblau bis schwarzblau bzw. "indigoblau und schwarzblau" (Bersch, 1878), kann aber auch grün sein.
Bersch begründet die Änderung der Farbe von weiß zu blau mit der Oxidation des farbgebenden "phosphorsauren Eisenoxyduls" in "phosphorsaures Eisenoxyd".
Die Strichfarbe des eisenhaltigen Phosphatminerals ist weiß mit einem Stich ins Bläuliche, der mit der Zeit infolge der Oxidation genau wie die Kristalle "an der Luft dunkler werdend" ist (Bauer, 1886).

Vivianit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem. Die Kristalle sind prismatisch, tafelig oder langsäulig angeordnet zu strahligen Aggregaten in Form von Kugeln oder Rosetten sowie "nadel- und haarförmigen Gebilden" (Leonhard, 1860). Die Aggregate können aber auch massig oder erdig sein, daher auch die alternative Bezeichnung Blaueisenerde – zusätzlich verweisend auf Farbe und Zusammensetzung des Minerals.

Vivianit ist von durchsichtiger bis durchscheinender Transparenz bei glas- bis perlmuttartigem Glanz. Der Bruch von Vivianit ist uneben, die Spaltbarkeit ist sehr vollkommen.

Mit einer Mohshärte von 1,5 bis 2 auf der 10-stufigen Skala der Härte von Mineralien nach dem Mineralogen Friedrich Mohs (1773 bis 1839) zählt Vivianit zu den weichen Mineralen, die Dichte beträgt 2,67 bis 2,69 g/cm³.


Entstehung und Verbreitung von Vivianit

Vivianit ist ein Sekundärmineral, das infolge der Oxidation mangan- und eisenhaltiger Erze mit phosphatreichen Lösungen gebildet wird.
Mitunter entsteht Vivianit auch im Boden, in Tonen und Torfen sowie in Fossilien, insbesondere in prähistorischen Knochen und Zähnen wurde Vivianit entdeckt. Leonhard schrieb 1860 unter anderem von vivianithaltigen "fossilen Muscheln und Knochen", "Hörner eines irischen Elenn"/(Hirsch), "fossile Pferdezähne in Nassau" sowie von einem "menschlichen Skelett" aus einer Galmeigrube bei Scharlei in Oberschlesien, das von einem verunglückten Bergmann stammte, wobei "deren Phosphorsäure-Gehalt das Material lieferte", das zur Entstehung von Vivianit notwendig ist. Mehr dazu: Odontolith - Knochentürkis.

Die Vorkommen von Vivianit sind mit weiteren Mineralen wie Strunzit, Pyrit, Pyrrhotin und Ludlamit vergesellschaftet.

Nennenswerte Funde von Vivianit wurden bislang in Skandinavien; Schottland; England; Frankreich, in den Niederlanden; Belgien; Oberlausitz, Ehrenfriedersdorf, Oberpfälzer Wald, Sauerland, Eifel, Wetterau und bei Stuttgart/Deutschland; Inntal, Spittal, Eisenerz, Moschkogel und in den Koralpen/Österreich; Portugal; Italien; Tschechien; Slowakei; Rumänien; Ukraine; Russland; Japan; Australien; Neuseeland; Argentinien; Bolivien; Peru; Brasilien; Kanada und in den USA - hier auch als Mullicinit nach dem Fundort Mullica-Hill in New Jersey - bestätigt.


Bedeutung und Verwendung von Vivianit

Vivianit wurde in der Vergangenheit als blaues Pigment in der Malerei unter den Begriff Eisenblau verwendet, aber im 19. Jahrhundert durch synthetische Pigmente abgelöst, "welche an Schönheit der Farbe den Vivianit bedeutend übertreffen und zu billigen Preisen darzustellen sind" (Bersch, 1878).

Auch in der Medizin spielte Vivianit lange Zeit eine Rolle. Ärzte verschrieben Vivianit unter der Bezeichnung "Ferrum phosphoricum oxydatum" innerlich "gegen Harnruhr" und "französische Aerzte (haben) äusserlich gegen Krebsgeschwüre und ihre Schmerzen als Palliativ wirksam empfunden" (Weisenberg, 1853).
Aber auch bei der Obduktion von Leber, Lunge und Teilen des Darms sowie Eiterwunden wurde Vivianit gefunden. Vor allem "bei alten Eiterwunden im Eiter, welches die blaue Farbe des Waschwassers von Verbandsbinden und Charpie (Wundverband)" in der damals praktizierten Therapie von Krebs wurden vivianithaltige Ablagerungen bestimmt (Werner, 1863). Werner begründet die Entstehung von Vivianit im menschlichen Körper 1863 folgendermaßen: "im lebenden Organismus bei Eiterungen sich Vivianit bildet und auch in den Eiter übergeht, sei es durch den Fäulungs-Akt des Eiters selbst, sei es durch Hinzufügen von Säuren" im Experiment.

Heute ist Vivianit für Mineraliensammlungen von Interesse, wird aber teilweise auch als Heilstein verkauft, ohne dass die Heilwirkung von Vivianit in wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt werden konnte.


Nachweis von Vivianit

Der Pleochroismus von Vivianit erscheint in tief- bis mittelblauen bis grüngelben Farbtönen.


Auch interessant:



Quellen:
⇒ Springsfeld, G. K. (1751): De Terra quadam caerulea. IN: Acta physico-medica Academiae caesareae leopoldino-carolinae naturae curiosorum exhibentia ephemerides sive oservationes historias et experimenta a celeberrimis Germaniae et exterarum regionum viris habita et communicata (veröffentlicht: 1754)
⇒ Werner, A. G. (1817): Vivianite. IN: Abraham Gottlob Werner's letztes Mineral-System
⇒ Weisenberg, A. (1853): Ferrrum phosphoricum oxydatum. IN: Vollständiges Handwoerterbuch der gesammten Arzneimittel von des ältesten bis auf die neueste Zeit
⇒ Leonhard, G. (1860): Vivianit. IN: Grundzüge der Mineralogie
⇒ Werner, T. (1863): Vivianit. IN: Zeitschrift des Allgemeinen Oesterreichischen Apotheker-Vereines
⇒ Bersch, J. (1878): Das Eisenblau oder der Vivianit. IN: Die Fabrikation der Erdfarben
⇒ Bauer, M. (1886): Vivianit. IN: Lehrbuch der Mineralogie
⇒ Pellant, C. (1994): Steine und Minerale. Ravensburger Naturführer. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach
⇒ Korbel, P.; Novak, M. und W. Horwath (2002): Mineralien Enzyklopädie, Dörfler Verlag
⇒ Medenbach, O.; Sussieck-Fornefeld, C.; Steinbach, G. (1996): Steinbachs Naturführer Mineralien. 223 Artbeschreibungen, 362 Farbfotos, 250 Zeichnungen und 30 Seiten Bestimmungstabellen. Mosaik Verlag München
www.mindat.org - vivianite

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