Logo steine-und-minerale.de

Die Schneekopfkugeln vom Thüringer Wald



Mit Kristallen gefüllte Gesteinskugeln aus Porphyr aus dem Thüringer Wald.



Definition und Mineralien der Schneekopfkugeln

Namenspate der Thüringer Schneekopfkugeln ist der gleichnamige Schneekopf - der mit 978 m über NN zweithöchste Berg des Thüringer Waldes.


Schneekopfkugel (Fundort: Finsterbergen)

Die ältesten schrifltichen Beschreibungen von Schneekopfkugeln sind mehr als 200 Jahre alt. So erwähnt der Mineraloge Johann Matthäus Anschütz (1745 bis 1802) den Begriff Schneekopfkugel bereits im Jahr 1798.

1838 setzte sich der Mineraloge Otto Ludwig Krug von Nidda (1810 bis 1885) in seiner Abhandlung "Geognostische Bemerkungen über den Thüringer Wald und besonders über die Grafschaft Henneberg" im Abschnitt "Der rothe Porphyr" mit den Porphyrkugeln auseinander.

Krug von Nidda folgend werden als Schneekopfkugeln die "runden kugelförmigen Concretionen, welche häufig in den Porphyren des Thüringer Waldes vorkommen", insbesondere in der Umgebung des Schneekopfes, definiert. Der Geograph Fritz Regel (1853 bis 1915) ergänzt, dass die Porphyrkugeln mitunter auch als "Bundschildskopfkugeln" bezeichnet werden - angelehnt an den nahe zum Schneekopf gelegenen Berg Bundschildskopf.

Auch wenn die Gestalt idealtypisch rund ist, können die Gesteinsknollen auch traubig, beulen- oder eiförmig sein.

Die Größe bzw. der Durchmesser der Schneekopfkugeln ist sehr verschieden; angefangen von kleinen, etwa wachteleiergroßen Exemplaren bis hin zu Schneekopfkugeln im Dezimeterbereich; Krug von Nidda schreibt von der "Grösse eines Hirsekorns bis zu der einer Faust". Johann Ludwig Jordan (1773 bis 1848) erwähnt Kugeln "von der Größe eines Menschenkopfes".

Äußerlich sind Schneekopfkugeln vergleichsweise unscheinbar. Das Gestein, das die Kristalle im Inneren ummantelt, heißt Rhyolith (teilweise auch als Quarzporphyr bezeichnet). Charakteristisch für Rhyolith ist die hellgraue bis braune oder leicht rot-violette Farbe - bedingt durch Eisenoxid (Krug von Nidda) - des Gesteins, das von Einsprenglingen anderer Minerale – z.B. Biotit, Hornblende, Apatit oder Magnetit – durchsetzt ist. In der Geologie ist dabei die Rede von einem porphyrischem Gefüge oder Porphyr: in einer einheitlicher, korngrößengleichen Gesteinsmatrix sind größere, deutlich erkennbare Kristalle von anderen Mineralen vorhanden. Rhyolith kann man von anderen Gesteinen recht einfach unterscheiden, da das magmatische Gestein eine gewisse Ähnlichkeit mit der Optik von Beton aufweist.

Wesentlich begehrter ist der Inhalt jener Gesteinsknollen: Quarze wie Bergkristall und Amethyst sowie Achat, aber auch Hämatit, Fluorit, Baryt und Jaspis füllen die einstigen Gesteinshohlräume gänzlich oder zum Teil aus.

Etwas poetischer fällt die Beschreibung der Drusen in historischen Mineralogiebüchern aus.
Krug von Nidda: während die "Wände aus concentrischen Schaalen von Quarz und Carneol bestehen", schließen sich dem "schöne Amethyst- und Quarzkrystalle, die zuweilen mit rothem Eisenrahm überzogen sind".


Bild 2: geschlossene und geöffnete Schneekopfkugel

Entstehung der Schneekopfkugeln

Die Entstehung der Schneekopfkugeln des Thüringer Waldes ist auf zahlreiche Ausbrüche des einstigen Vulkanismuses in der Region zurückzuführen. Vor etwa 250 Millionen Jahren zutage tretende saure, kieselsäurearme Lava bildete aufgrund des hohen Gasgehaltes zahlreiche mit Gas und gesättigten Lösungen gefüllte Blasen in der Lava. Die flüssige Gesteinsschmelze rund um die Blasen erhärtete innerhalb von Jahrmillionen zu einem festen Gestein, Rhyolith, während die in den Hohlräumen befindlichen oder einsickernde Lösungen, als die Gesteinsmasse noch durchlässig war, im Inneren der Druse nach und nach auskristallisierten.

Vorkommen der Schneekopfkugeln

Die Möglichkeiten, Schneekopfkugeln zu finden, beschränken sich nicht nur auf den Schneekopf zwischen Oberhof und Gehlberg. Auch wenige Kilometer nördlich vom Schneekopf bei Finsterbergen, Tambach-Dietharz und Friedrichroda gibt es Fundstellen; u.a. am Seebachfelsen, Gottlob, Nesselhof oder beim Spießberghaus.

Allerdings darf bei der Suche nach Schneekopfkugeln nicht nach Belieben in der Erde gegraben werden, da dem sowohl naturschutz- wie auch eigentumsrechtliche Gründe gegenüberstehen. Vorab sollte sich daher über die Bedingungen zur Suche informiert werden bzw. entsprechende Genehmigungen eingeholt werden.



Auch interessant:
Der Granatglimmerschiefer vom Ötztal
Bitterfelder Bernstein
Schlottwitzer Achat



Quellen:
⇒ Anschütz, J. M. (1798): Zusätze zu dem Anhange vom Schneekopf. IN: Berichtigungen und Zusätze zu der Schrift über die Gebirgs- und Steinarten der chursächsischen Hennebergs, nebst einem neuen nach Wernerischem Systeme geordneten Verzeichnisse der Mineralien dieses Landes
⇒ Jordan, J. L. (1803): Mineralogische berg- und hüttenmännische Reisebemerkungen vorzüglich in Hessen, Thüringen, am Rheine und im Seyn- Altenkirchner Gebiethe
⇒ Krug von Nidda, O. L. (1838): Geognostische Bemerkungen über den Thüringer Wald und besonders über die Grafschaft Henneberg. IN: Archiv für Bergbau und Hüttenwesen
⇒ Leonhard, G. (1851): Die Quarz-führenden Porphyre nach ihrem Wesen, ihrer Verbreitung, ihrem Verhalten zu abnormen und normalen Gesteinen, so wie zu Ergängen
⇒ Hoffmann, F. (1855): Wissenschaftliche Wanderung durch den Thüringer Wald. IN: Zeitschrift für Pharmacie
⇒ Zirkel, F. (1866): Kugelporphyr. IN: Lehrbuch der Petrographie
⇒ Trinius, A: (1886): Thüringer Wanderbuch
⇒ Regel, F. (1896): Die Gewinnung von Steinen und Erden. IN: Thüringen: T. Kulturgeographie. 1. Die Bodenbenukung. 2. Die Förderung der nutzbaren Mineralien und Gesteine. 3. Gewerbe und Industrie. 4. Handel und Verkehr. 5. Bevölkerungsverteilung und Siedelungsverhältnisse. 6. Geistige Kultur und staatliche Einrichtungen
⇒ Müller, H. H. (1988): Reisehandbuch Thüringer Wald und Randgebiete: Arnstadt, Gotha, Eisenach, Bad Salzungen, Meiningen, Hildburghausen, Eisfeld, Sonnberg, Saalfeld, Rudolstadt. VEB Tourist Verlag, Berlin/Leipzig
⇒ Wagenbreth, O. und W. Steiner (2001): Geologische Streifzüge. Landschaft und Erdgeschichte zwischen Kap Arkona und Fichtelberg. Spektrum Akademischer Verlag
⇒ Okrusch, M. und S. Matthes (2009): Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. Springer Verlag Berlin Heidelberg
⇒ Maresch, W., Medenbach, O.; Trochim, H.-D. (1987): Die farbigen Naturführer Gesteine. Mosaik Verlag GmbH München
⇒ Murawski, H. (1992): Geologisches Wörterbuch. Ferdinand Enke Verlag Stuttgar
⇒ Bauer, J.; Tvrz, F. (1993): Der Kosmos-Mineralienführer. Mineralien Gesteine Edelsteine. Ein Bestimmungsbuch mit 576 Farbfotos. Gondrom Verlag GmbH Bindlach



Letzte Aktualisierung: 16. Februar 2024




Unsere Empfehlung

Edel- und Schmucksteine von W. Schumann

Buch Edelsteine und Schmucksteine

Mehr Details


angeboten bei Amazon

Mineralien Quiz

Kennen Sie sich aus in Mineralogie und Geologie? Dann testen Sie Ihr Wissen in unserem Mineralien-Quiz!

Zum Quiz

Mineralien-Steckbriefe