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Steinerne Zeugen - Wissower Klinken



Einst Touristenmagnet der Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), seit dem Winter 2005 für immer im Meerwasser der Ostsee verschwunden – die Wissower Klinken.



Die Wissower Klinken

Die weißgrauen Ruinen der Wissower Klinken sind bzw. waren Teil der Kreideküste auf Rügen/Deutschland. Im Norden der größten Insel Deutschlands im Nationalpark Jasmund nahe Saßnitz-Stubbenkammer und dem Königsstuhl (118 m ü. NN) gelegen, stehen die Wissower Klinken bereits seit 1929 unter Naturschutz.


Bild 1: Kreidefelsen von Rügen (Quelle: TiberiusK / pixelio.de)

Seit dem Auftauchen der Kreidefelsen aus dem Meer wurden immer wieder Abbrüche an den Kreidefelsen der Wissower Klinken registriert.
Ein wesentlicher Teil der Erosion der Kreidefelsen ist mit der Brandung der Ostsee erklären ist. Durch die Kraft der Wellen, die windgetrieben gegen das Gestein aus Kreide treffen, wird nach und nach Material der Kreidefelsen abrasiert. Aus diesem Grund ist es seit 1906 verboten, größere Gesteinsbrocken vor der Küste zu entfernen. Die riesigen Findlinge, Zeugen der letzten Eiszeit, bremsen die Wucht der Wellen bzw. leiteten die Strömung um.
Als Naturstein waren die Findlinge der Ostsee beliebt, um Molen oder anderweitige Inselverfestigungen aus Stein zu errichten.

Der erste große Abbruch wird im Jahr 1953 notiert – 100.000 m3 Kreidefelsen stürzten in die Ostsee hinab. In den folgenden Jahren kam es abermals zu mehreren Tausend Kubikmeter Materialverlust sowohl an den Wissower Klinken als auch an anderen Teilen der Kreideküste von Rügen.
Bereits in der Vergangenheit offenbarten Untersuchungen am Felsen regelmäßig Risse in den Wissower Klinken, die auf einen besonders großvolumigen Abbruch verwiesen. Der aufsehenerregendste Abbruch der jüngsten Vergangenheit wurde in der Nacht vom 23. zum 24. Februar 2005 geschrieben. In der Winternacht brachen 50.000 m3 Material einschließlich der beiden steil aufgerichteten Klinken unwiederbringlich ab und versanken in den Tiefen der Ostsee. Dennoch beruhigte sich die Situation an den Wissower Klinken nicht. 2006, 2007 und 2008 kam es wiederholt zu kleineren und größeren Abbrüchen, erkennbar an den strahlend weißen, frischen Bruchstellen der Kreidefelsen.

Entstehung der Wissower Klinken

Ähnlich wie auch die Insel Rügen selbst, sind die Wissower Klinken aus Kreide aufgebaut, die zudem von Knollen aus Feuerstein, Versteinerungen bzw. Fossilien wie Seeigeln, Donnerkeilen, Muscheln und Schwämmen durchsetzt sind.

Die Kreide von Rügen ist ein Relikt weiter Überflutungen Europas während der Kreidezeit und den im damaligen Meer lebenden Organismen und Algen.
In der Zeit vor 145,5 Mio. bis 65,5 Mio. Jahren war der Meeresspiegel um einige Meter höher als heute. Die Pole waren eisfrei und im warmen Meerwasser lebte eine Vielfalt von Tieren und Organismen. Einhergehend mit gewaltigen vulkanischen Aktivitäten auf der Erde verendeten bereits in der Hochzeit der Kreide zahlreiche Lebewesen. Zusätzlich löste ein auf die Erde auftreffender Meteorit ein weltweites Massensterben aus, das nahezu alle Pflanzen und Lebewesen verenden ließ. Mit dem Einschlag des extraterrestrischen Materials auf der Halbinsel Yukatan in Mexiko sanken die verendeten Meeresbewohner auf den Grund des Ozeans. Die Grundlage für die Entstehung der Kreide war geschafften.
Schalen, Gehäuse, Knochengerüste oder sonstige Absonderungen aus Calciumcarbonat von Algen, Muscheln, Brachiopoden oder Ammoniten lieferten die Bausteine der Kreide. Unter der Auflast nachfolgender, aufliegender Sedimente verfestigten sich diese Bestandteile zu feinkörniger Kreide, lagen in den folgenden Jahrmillionen aber weiterhin unter Wasser. Mit der beginnenden Vereisung der Polkappen vor 30 Mio. Jahren und globalen Eiszeit vor 2,6 Mio. Jahren sank der Meeresspiegel um etwa 120 m - Meerwasser wurde in Form von Gletschern gebunden, die Kreidefelsen gelangten an die Oberfläche (eustatische Hebung). Von nun an waren die Kreidefelsen der Überprägung und Abtragung ausgesetzt. Über die Kreidefelsen ziehende Gletscher schmirgelten durch im und an der Unterseite des Gletschers mitgeführtes Gesteinsmaterial die Felsen ab. Zeitgleich lagerte sich das Abtragungsmaterial auf der Oberfläche der Kreidefelsen ab.

Bedingt durch den Charakter von Kreide – porös, feinkörnig und weich – wurden der Verwitterung optimale Angriffsflächen geboten.
Die Gesteinszerkleinerung von Kreide erfolgt vorzugsweise durch die Frostsprengung (physikalische Verwitterung) in den Wintermonaten. Gefriert in die Gesteinshohlräume eindringendes Wasser, ist dieser Vorgang verbunden mit einer Volumenzunahme um 9 %. Wachsende Eiskristalle benötigen Platz und weiten nach und nach Poren in der Kreide zu Spalten aus. Wird die Wirkung der Frostsprengung in wiederkehrenden Zyklen verstärkt, brechen bei verlorenem Zusammenhalt im Kreidefelsen Teile ab.
Auf diese Weise entstanden zunächst auch die spitzen, klingenartigen Wissower Klinken und schließlich brachen selbige auch so von den Felsen ab.


Siehe auch:
- Feuersteinlinie
- Alltägliches - Steine und Minerale im Alltag von Menschen
- In, auf und aus Gestein gebaut - Das Bernsteinzimmer


Quellen:
- www.nationalpark-jasmund.de
-
Bilder der Wissower Klinken vor dem Abbruch auf www.sassnitz-ruegen.de

Letzte Aktualisierung: 4. April 2018



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